Urteil des Gerichtes
Entscheidungsvorblatt
Aktenzeichen: LVG 21/05 | Entscheidungsart: Urteil | Entscheidung vom: 13.06.2006 |
Verfahrensart | Kommunalverfassungsbeschwerde | |
entscheidungserhebliche Vorschriften |
GG Art. 28 Abs 2 GG Art. 106 Abs 6 S 6 LSA-Verf Art. 2 Abs 1 LSA-Verf Art. 2 Abs 3 LSA-Verf Art. 7 Abs 1 LSA-Verf Art. 20 Abs. 2 S 1 LSA-Verf Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf Art. 87 Abs 1 LSA-Verf Art. 87 Abs 3 LSA-Verf Art. 88 Abs 1 LSA-Verf Art. 88 Abs 2 LSA-Verf Art. 90 LSA-VerfGG § 2 Nr 8 LSA-VerfGG § 41 LSA-VerfGG § 51 LSA-FAG-99 § 16 LSA-FAG-05 § 3 LSA-FAG-05 § 7 LSA-FAG-05 § 8 LSA-FAG-05 § 12 LSA-FAG-05 § 19a LSA-FAG-05 § 20 LSA-GO § 151a LSA-LKO § 67 LSA-LKO § 73a GewStG § 16 GemFinRefG § 6 LSA-DVO-GemFinRefG |
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Schlagworte | Selbstverwaltung - Finanzhoheit - Finanzausgleichsabgabe - Gemeinde, abundante - Solidarität - Finanzausgleich, interkommunaler - Nivellierung - Rangplatztausch - Mindest-Finanzausstattung - Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeit - Betroffenheit, virtuelle - Betroffenheit, aktuelle - Rechtsschutzbedürfnis - Zumutbarkeit - Unmittelbarkeit - Abgaben-Kumulation - Folgenabschätzung - Mangel, formeller - Finanzkraft - Grund, sachlicher - Ausgleichsstock - Aufgabe, staatliche - Veranstalter - Nutznießer - Systemgerechtigkeit - Hebesatz, fiktiver - Steueroase - Rückwirkungsverbot - Gewerbesteuerumlage - Kreisumlage - Einzelfall - Vorsorge - Gesetzesvorbehalt - Härteregelung - Verrechnung - Auslegung, verfassungskonforme - Unvereinbarkeit - Nichtigkeit - Fristsetzung - Anhörung - Anhörungspflicht, verfassungsrechtliche - Anhörung : Kommunalverband - Verschuldung | |
Stichworte | Urteil | |
Leitsatz | 1. Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 der Landesverfassung schützen in ihrer Ausprä-gung als Finanzhoheit die Gemeinden davor, dass ihnen Finanzmittel genommen werden, die ihnen von Verfassungs wegen zustehen. 2. Ein interkommunaler Finanzausgleich, der durch Art. 88 Abs. 2 Satz 1 der Lan-desverfassung zugelassen ist, darf bei einer Gemeinde, die leistungspflichtig ist, nicht dazu führen, dass sie ihre Mindest-Finanzausstattung verliert oder dass die „abgeschöpfte“ Gemeinde gleiche oder gar weniger Finanzmittel behält als eine durch den Finanzausgleich begünstigte erhält. Wahrt die gesetzliche abstrakte Re-gelung diese verfassungsrechtliche Grenze nicht hinreichend, so muss der Gesetz-geber eine Einzelfallregelung schaffen oder zulassen. 3. § 19a des Finanzausgleichsgesetzes ist mangels einer die Einzelfallrichtigkeit si-chernden Regelung mit dem Recht auf Selbstverwaltung unvereinbar. 4. Das Verfassungsgericht erklärt eine der Verfassung widersprechende Regelung für unvereinbar und nicht für nichtig, wenn der Gesetzgeber verschiedene Mög-lichkeiten hat, einen verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, und wenn die Wirkungen der verfassungswidrigen Regelung auf den Finanzausgleich faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden können. In Sachsen-Anhalt besteht keine gesetzliche Ermächtigung für das Landesverfas-sungsgericht, dem Gesetzgeber zur Herstellung der Verfassungsmäßigkeit eine Frist zu setzen. | |
Fundstellen | noch nicht in LVerfGE | |
Sonstiges | interkommunaler Finanzausgleich | |
Zitiervorschlag |
VerfGSA, Urteil vom
13.06.2006 - LVG 21/05 -, www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de |
Urteil
in dem Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren
LVG 21/05
Tenor:
§ 19a des Finanzausgleichsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2004 (LSA-GVBl., S. 840) - FAG-ÄG - ist mit der verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 der Landesverfassung garantierten finanziellen kommunalen Selbstverwaltung unvereinbar.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Land erstattet der Beschwerdeführerin deren außergerichtliche Kosten.
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(Die grauen Ziffern über den Absätzen sind durchlaufende Absatznummern
[Randnummern].)
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Tatbestand
{RN:1}
1. Die Beschwerdeführerin, eine - am 01.07.2004 aus den früheren Gemeinden Barleben, Ebendorf und Meitzendorf entstandene - kreisangehörige Gemeinde mit 9.118 Einwohnern, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehört, wird zu einer Kreisumlage sowie einer Gewerbesteuerumlage herangezogen. Diese Finanzierungsverpflichtungen beruhen im Einzelnen auf folgenden rechtlichen Grundlagen:
{RN:2}
a) § 67 der Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LSA-LKO - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 598), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2006 (LSA-GVBl., S. 128 [134]):
(1) ...
(2) 1 Der Landkreis kann, soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen Finanzbedarf zu decken, von den kreisangehörigen Gemeinden und gemeindefreien Grundstücken nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Umlage erheben (Kreisumlage). 2 Die Höhe der Kreisumlage ist in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen.
{RN:3}
b) § 16 des Finanzausgleichsgesetzes vom 31.01.1995 (LSA-GVBl., S. 41), i. d. F. d. Bek. v. 01.07.1999 (LSA-GVBl., S. 204), vor der hier streitigen Änderung (vom 21.12.2004 [LSA-GVBl., S. 840]) zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2003 (LSA-GVBl., S. 357) - LSA-FAG 99 -:
(1) 1 Soweit die übrigen Einnahmen den Finanzbedarf eines Landkreises nicht decken, erhebt er eine Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden (Kreisumlage). 2 Die Umlage wird in der Haushaltssatzung in Vomhundertsätzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesätze) bemessen.
(2) 1 Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehörigen Gemeinden nach § 8 Abs. 2 sowie 80 v. H. der an sie geflossenen allgemeinen Zuweisungen im vorvergangenen Haushaltsjahr.
2 Werden die Umlagesätze verschieden festgesetzt, soll der höchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel übersteigen.
{RN:4}
c) § 6 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetzes) - GemFinRefG - i. d. F. d. Bek. v. 04.04.2001 (BGBl I 482), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06.09.2005 (BGBl I 2725):
(1) 1 Die Gemeinden führen ... eine Umlage an das ... Finanzamt ab. 2 ....
(2) 1 Die Umlage wird in der Weise ermittelt, dass das Istaufkommen der Gewerbesteuer im Erhebungsjahr durch den von der Gemeinde für dieses Jahr festgesetzten Hebesatz der Steuer geteilt und mit dem Vervielfältiger nach Absatz 3 multipliziert wird. 2 Das Istaufkommen entspricht den Isteinnahmen nach der Jahresrechnung ...
(3) 1 Der Vervielfältiger ist die Summe eines Bundes- und Landesvervielfältigers für das jeweilige Land. 2 Der Bundesvervielfältiger beträgt im Jahr 2004 20 vom Hundert, im Jahr 2005 19 vom Hundert und ab dem Jahr 2006 16 vom Hundert. 3 Der Landesvervielfältiger für die Länder ... Sachsen-Anhalt ... beträgt im Jahr 2004 26 vom Hundert, im Jahr 2005 25 vom Hundert und ab dem Jahr 2006 22 vom Hundert. 4-6 ....
(4)-(7) ...
(8) Die Landesregierungen können nähere Bestimmungen über die Festsetzung und Abführung der Umlage durch Rechtsverordnung treffen.
{RN:5}
d) § 6 der Verordnung zur Durchführung des Gemeindereformgesetzes i. d. F. d. Bek. v. 19.10.1998 (LSA-GVBl., S. 430) - LSA-DVO-GemFinRefG -, zuletzt geändert durch Verordnung vom 09.10.2003 (LSA-GVBl., S. 262):
(1) 1 Die Gemeinden melden die abzuführende Gewerbesteuerumlage bis zum 10. Januar des auf das Erhebungsjahr folgenden Jahres sowie die nach § 6 Abs. 7 Satz 2 des Gemeindereformgesetzes zu leistenden Abschlagszahlungen und deren Berechnungsgrundlagen bis zum 10. April, 10. Juli und 10. Oktober für das vorhergehende Kalendervierteiljahr dem Statistischen Landesamt. 2 Die Form der Meldungen bestimmt das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen.
(2) Bis zum 15. Dezember leisten die Gemeinden eine Vorauszahlung auf die Schlussabrechnung in Höhe der zum 1. November geleisteten Abschlagszahlung, jedoch nicht mehr als sie nach § 3 Abs. 3 erhalten.
{RN:6}
Die Gemeinden erheben die Gewerbesteuer nach § 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - i. d. F. d. Bek. v. 15.10.2002 (BGBl I 4167), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.12.2004 (BGBl I 1653), als Gemeindesteuer auf der Grundlage eines von der Finanzverwaltung festgesetzten Steuermessbetrags nach Ablauf des Erhebungszeitraums (§ 14 Abs. 1 GewStG) durch einen von der Gemeinde festzulegenden Hebesatz (§ 16 Abs. 1 GewStG), der 200 vom Hundert nicht unterschreiten darf (§ 16 Abs. 4 S. 2 GewStG).
{RN:7}
Die Beschwerdeführerin wird außerdem zu einer Finanzausgleichsumlage auf der Grundlage des § 19a des Finanzausgleichsgesetzes herangezogen. Die Bestimmung wurde durch das Änderungsgesetz vom 21.12.2004 (LSA-GVBl., S. 840) - LSA-FAG-ÄG - mit folgendem Inhalt in das Finanzausgleichsgesetz eingefügt:
§ 19a Finanzausgleichsumlage
(1) 1 Übersteigt die Steuerkraftmesszahl (§ 8) einer kreisangehörigen Gemeinde ihre Bedarfsmesszahl (§ 7) um mehr als 50 v. H., führt sie 30 v. H. des über diesem Grenzwert liegenden Betrages in monatlichen Raten zum letzten Tag des Monats als Finanzausgleichsumlage ab. 2 Die Finanzausgleichsumlage wird dem Ausgleichsstock (§ 12) zugeführt. 3 Jahresbeträge unter 1.000 € sind nicht abzuführen. 4 Davon ausgenommen sind Gemeinden, deren Verschuldung das Eineinhalbfache der durchschnittlichen Verschuldung der Gemeinden der entsprechenden Gemeindegrößenklasse übersteigt.
(2) Die Finanzausgleichsumlage verändert die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kreis- und Verwaltungsgemeinschaftsumlage nicht.
{RN:8}
Das geltende Finanzausgleichsgesetz (i. d. F. d. Neu-Bek. v. 14.10.2005 [LSA-GVBl., S. 646] - LSA-FAG-05 -) enthält außerdem folgende Regelungen:
§ 3 Bereitstellung
(1)-(2) ...
(3) 1 Die Finanzausgleichsmasse für ein Haushaltsjahr wird nach den Ansätzen des von der Landesregierung beschlossenen Haushaltsplanentwurfs vorläufig und nach Ablauf des Haushaltsjahres gemäß der Haushaltsrechnung endgültig festgestellt. 2-3 ... 4 Der Unterschied zwischen der vorläufigen und der endgültigen Finanzausgleichsmasse ist spätestens mit der Finanzausgleichsmasse des zweitfolgenden Jahres zu verrechnen. 5 In den Ausgleich können auch nicht verausgabte Ausgleichsstockmittel einbezogen werden. 6 ...
(4) ...
§ 7 Bedarfsmesszahl
(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich durch Vervielfältigung des Hauptansatzes nach Absatz 2 mit dem Grundbetrag nach Absatz 3.
(2) Der Hauptansatz wird für Gemeinden und Landkreise unterschiedlich definiert:
1. bei den Gemeinden wird als Hauptansatz der Rechenwert bezeichnet, der sich aus der Vervielfältigung der Einwohnerzahl dieser Gemeinde mit dem für sie aus der Anlage zu ermittelnden Vomhundertsatz ergibt;
2. bei den Landkreisen ...
(3) Der Grundbetrag ist ein durch Näherung bestimmter Wert, der auf fünf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt wird, dass die zur Verfügung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch möglich aufgebraucht wird.
§ 8 Steuerkraftmesszahl für Gemeinden
(1) Die Steuerkraftmesszahlen werden berechnet, indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern A und B, der Gewerbesteuer, der Gemeindeanteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs zusammengezählt werden.
(2) Als Steuerkraftzahlen werden angesetzt:
1. bei der Grundsteuer A und B die Ausgangsbeträge vervielfältigt mit 80 v. H. des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze,
2. bei der Gewerbesteuer der Durchschnittsbetrag der Ausgangsbeträge des in Absatz 3 genannten Zeitraums vervielfältigt mit 80 v. H. des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze,
3. bei den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs die Ausgangsbeträge mit 80 v. H.
(3) 1 Die Ausgangsbeträge der Grundsteuer A und B werden durch Teilung des jeweiligen Ist-Aufkommens im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz errechnet. 2 Bei der Gewerbesteuer wird ein Zeitraum von drei Jahren berücksichtigt. 3 Die Ausgangsbeträge werden für jedes Jahr getrennt ermittelt. 4 Dazu wird zunächst das Ist-Aufkommen der Gewerbesteuer durch den im jeweiligen Zeitraum geltenden Hebesatz geteilt. 5 Zur Bildung eines Durchschnittswertes wird aus den Jahreswerten eine Summe gebildet, die dann durch drei geteilt wird. 6 Ausgangsbeträge für die Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs sind das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr.
(4) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl für kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte erfolgt jeweils gesondert.
(5) ...
§ 12 Ausgleichsstock
(1) 1 Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht. 2 Daneben dient er der Vermeidung besonderer Härten bei der Durchführung dieses Gesetzes.
(2) Dem Ausgleichsstock wird die in § 4 Nr. 4 bezeichnete Teilmasse zugewiesen.
(3) 1 Leistungen aus dem Ausgleichsstock können auf Antrag gewährt werden. 2 Antragsberechtigt sind auch rechtlich selbständige kommunale Gemeinschaftseinrichtungen. 3 Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbeträgen dienen, ist dem Antrag ein von der Vertretungskörperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufügen.
(4) Als Notlage gilt insbesondere der Fall, dass die Einnahmemöglichkeiten einer Kommune zur Erfüllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen.
(5) 1 Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht. 2 Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknüpft werden.
§ 20 Einwohner und Gebiet
(1)-(4) ...
(5) Für der Leistungsgewährung zugrunde liegende Angaben sind die letztverfügbaren Daten der amtlichen Statistik zu verwenden, soweit nicht dieses Gesetz abweichende Bestimmungen trifft.
(6) Soweit für den Vollzug dieses Gesetzes Daten benötigt werden, die in der amtlichen Statistik nicht zur Verfügung stehen, können andere von den Landesbehörden erhobene oder überprüfte Daten zugrunde gelegt werden.
{RN:9}
2. Das Statistische Landesamt setzte durch Bescheid vom 29.03.2005 für das Jahr 2005 eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 4.054.623,00 € gegen die Beschwerdeführerin fest und forderte früher gewährte allgemeine Zuweisungen in Höhe von 145.998,00 € zurück.
Über den Widerspruch der Beschwerdeführerin vom 20.04.2005 hiergegen ist noch nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht Magdeburg stellte die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs fest (VG Magdeburg, Beschl. v. 01.09.2005 - 9 B 271/05 MD -); das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt wies die Beschwerde des Landesamts zurück (OVG LSA, Beschl. v. 15.03.2006 - 4 M 307/05 -). Beide Gerichte hielten lediglich (formell) § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht für anwendbar, ohne eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen.
{RN:10}
3. Die „Finanzausgleichsumlage“ des § 19a LSA-FAG-05 geht auf den Regierungsentwurf für das streitige Änderungsgesetz zurück (RegEntw-FAG-ÄG-04: LdTg-Drs. 4/1835 v. 06.10.2004). Zur Begründung war ausgeführt (RegEntw, Begr. zu Art. 1 Nr. 10 [a. a. O., S. 25]), steuerstarke Gemeinden, deren Finanzkraft den Finanzbedarf herausragend übersteige, sollten einen Teil dieses Überschusses aus Gründen interkommunaler Solidarität abführen; den betroffenen Gemeinden verblieben zwischen 70 und 99 % der über der Bedarfsmesszahl liegenden Einkünfte. Dies sei notwendig, um das Eigeninteresse an guten Gewerbesteuereinnahmen nicht zu sehr zu beeinträchtigen.
Zur gleichzeitigen Änderung des § 8 LSA-FAG-05 lässt sich der Regierungsentwurf dahin ein (RegEntw-FAG-ÄG-04, Begr. zu Art. 1 Nr. 3 [S. 21 f]), das Verfahren der Steuerkraftberechnung werde klarer gegliedert und als inhaltliche Änderung werde der Zeitraum der Anrechnung gemeindlicher Steuereinnahmen von einem Jahr auf drei Jahre ausgedehnt, um starke Schwankungen im Gewerbesteueraufkommen in ihren Auswirkungen auf die Finanzausgleichsleistungen zu mildern.
Als Stellungnahme des Städte- und Gemeindebunds Sachsen-Anhalt (SGSA) war im Vorblatt (RegEntw, a. a. O., S. 4) mitgeteilt, der Verband habe eine gewisse Sympathie für die Einführung einer Finanzausgleichsumlage, könne ihr aber wegen sehr unterschiedlicher Interessen der Mitglieder nicht vorbehaltlos zustimmen; die Änderung des § 8 werde begrüßt, allerdings sei zu fordern, auf die Gewerbesteuer netto (Gewerbesteuer abzüglich Gewerbesteuerumlage) abzustellen.
Als Stellungnahme des Landesrechnungshofs war im Vorblatt (RegEntw., a. a. O., S. 8) mitgeteilt, vor Erhebung einer Finanzausgleichsumlage sei die Schuldensituation der ausgleichspflichtigen Gemeinden angemessen zu berücksichtigen; Gewerbesteuereinnahmen sollten bei deutlich über dem Landesdurchschnitt liegenden Schuldenständen vorrangig zum Schuldenabbau verwendet werden.
Die Änderung des § 20 geht gleichfalls auf den Regierungsentwurf zurück (RegEntw zu Art. 1 Nr. 11 lit b, c [a. a. O., S 13]). Nach der Begründung (a. a. O., S. 25 f) soll Absatz 5 nur der Klarstellung dienen und Absatz 6 ausnahmsweise den Rückgriff lediglich auf solche Daten gestatten, die von Landesbehörden erhoben und geprüft seien.
{RN:11}
In der ersten Beratung des Regierungsentwurfs am 15.10.2004 (LdTg-StenBer 4/48, TOP 10) betonte der Minister des Innern (a. a. O., S. 3542 [r. Sp.]), aus Gründen der interkommunalen Solidarität solle ein Ausgleich zwischen steuerstarken und finanzschwachen Gemeinden herbeigeführt werden. Der Abgeordnete Doege [SPD] sah aus der Sicht seiner Fraktion noch „Diskussionsbedarf“, ob die Finanzausgleichsumlage wirklich zukunftsfähig sei (LdTg-StenBer 4/48, a. a. O., S. 3544 [r. Sp.]). Die Abgeordnete Dr. Hüskens [FDP] machte es vom Ergebnis der Ausschussberatungen abhängig, ob mit dem Gesetzentwurf die Neuverteilung gelungen sei, was sich nur mit Kenntnis der tatsächlichen finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen bewerten lasse (LdTg-StenBer 4/48, a. a. O., S. 3547 [r. Sp.]).
{RN:12}
In der Anhörung vom 21.10.2004 zu verschiedenen finanzpolitischen Fragen durch den Ausschuss für Finanzen und den Ausschuss für Inneres (vgl. Niederschrift über die gemeinsame öffentliche Sitzung, auf die sowie auf deren Anlagen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird) äußerte sich der SGSA zur Finanzausgleichsumlage (Niederschrift, S. 10):
Die betroffenen Kommunen seien ungeachtet eines Grundverständnisses nicht begeistert. Es werde befürchtet, dass sich die Abgabe auf die Gemeinden, welche sich in den vergangenen Jahren um eine konsequente Ansiedlung bemüht und dafür erhebliche Eigenmittel eingesetzt hätten, übermäßig belastend auswirken werde; deshalb sei es notwendig, sich die Einzelfälle detailliert anzusehen. Es mache keinen Sinn, bei Gemeinden, die nur wegen ihres niedrigen Hebesatzes hohe Gewerbesteuern erzielten, den Hebesatz hochzurechnen und etwas abzuschöpfen; das habe zur Folge, dass der betreffende Gewerbetreibende nicht nur die Gemeinde, sondern auch das Land verlasse. Außerdem sei bei der Finanzausgleichsumlage nicht berücksichtigt, dass die Gemeinden von ihren Gewerbesteuereinnahmen bereits einen Teil als Gewerbesteuerumlage abzuführen hätten.
Zu § 8 hielt der SGSA an seiner Forderung fest, Basis der Kreisumlage dürfe nur das sein, was die Gemeinden tatsächlich behielten (Niederschrift, a. a. O., S. 17 [Dr. Kregel]).
Dem widersprach der Landkreistag (Niederschrift, a. a. O., S. 16/17 [Herr Theel]) mit der Erwägung, werde die Gewerbesteuerumlage bei der Berechnung der Steuerkraft abgezogen, müsse die Kreisumlage landesweit im Durchschnitt um etwa 2,5 % angehoben werden.
Auf andere als die statistischen Daten zurückzugreifen, hielt der SGSA in seiner schriftlichen Stellungnahme zu § 20 Abs. 6 (vom 21.10.2004, Anlage 1 zur Anhörung, S. 7) für sinnvoll; er bat aber um Konkretisierung, in welchen Fällen diese Vorschrift anwendbar sei.
{RN:13}
In der 68. Sitzung des Ausschusses für Finanzen (TOP 1) vom 25.11.2004 (Niederschrift, S. 5 ff) mahnte die Abgeordnete Fischer [SPD] eine „Überprüfung der Finanzausgleichsumlage“ an, weil die Gemeinde Sössen über die eigene Steuerkraft hinaus belastet werde (a. a. O., S. 5), während der Vertreter des Innenministeriums [Kirchmer] die auf ein Schreiben des Landrats des Landkreises Weißenfels zurückgeführte Darstellung bestritt und meinte, der Gemeinde Sössen verblieben im Zeitraum 2004 bis 2007 Steuereinnahmen in Höhe von etwa 30.000.000 € (a. a. O., S. 7). Der Abgeordnete Gallert [PDS] hielt die Kritik der steuerstarken Gemeinden für nicht nachvollziehbar (a. a. O., S. 7). Der Minister des Innern meinte, bei den Regelungen handele es sich um ein „Gesamtpaket“, das mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden sei und das gefährdet werde, wenn einzelne Punkte zur Disposition gestellt würden (a. a. O., S. 10). Der Ausschuss stimmte schließlich dem unveränderten Art. 1 des Regierungsentwurfs mit Mehrheit zu (a. a. O., S. 11).
{RN:14}
In der 43. Sitzung des Ausschusses für Inneres (TOP 3) vom 06.12.2004 (Niederschrift, S. 15 ff) wurde die Beschlussempfehlung an den Landtag erarbeitet. Der Abgeordnete Rothe [SPD] hielt das Problem der überproportional besteuerten Gemeinden für nicht gelöst (a. a. O., S. 17). Der Abgeordnete Wolpert [FDP] hielt es für eine Frage der Solidarität, dass die Reichen die Armen stützten (a. a. O., S. 17). Der Minister des Innern versicherte, der Fall, dass eine Gemeinde in einem Jahr mehr abführen müsse, als sie einnehme, könne im Rahmen der Haushaltsaufstellung berücksichtigt werden (a. a. O., S. 17). Dem Änderungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU vom 06.12.2004 zu Art. 1 Nr. 10 (Anlage 1 zur Niederschrift), der die Ergänzung des § 19a Abs. 1 um den heutigen Satz 4 für verschuldete Gemeinden vorsah, stimmte der Ausschuss - mit sieben Stimmen bei fünf Enthaltungen ohne Gegenstimmen - zu (Niederschrift, S. 17).
In der veränderten Fassung wurde Art. 1 Nr. 10 des Entwurfs angenommen (LdTg-Drs. 4/1931 vom 08.12.2004 [S. 10]; vgl. auch Niederschrift, S. 18: sieben gegen fünf Stimmen).
{RN:15}
§§ 7 und 8 sowie § 20 des Entwurfs blieben inhaltlich unverändert (LdTg-Drs. 4/1931 vom 08.12.2004 [S. 4-6, 10]).
{RN:16}
Während der Zweiten Beratung des Gesetzes im Landtag (TOP 5 im LdTg-StenBer 4/51 vom 16.12.2004 [S. 3763 ff]) verwies der Minister des Innern auf die Diskussion über die Finanzausgleichsumlage und den Grundsatz der interkommunalen Solidarität sowie darauf, dass die Ansiedlung auf günstigen Rahmenbedingungen beruhe, die ein Verdienst auch der Allgemeinheit seien, sowie auf Fördermittel zurückgingen (a. a. O., S. 3765 [l. Sp.]). Der Innenminister (ebda.) sowie die Abgeordnete Dr. Weiher [PDS] (a. a. O., S. 3765 [r. Sp.]) hoben die Einschränkung bei Verschuldung der Gemeinde hervor. Der Abgeordnete Madl [CDU] hielt das Ausgleichsinstrumentarium für sehr sinnvoll, um Liquiditätsprobleme bei den Kommunen zu vermeiden oder zumindest zu mildern (a. a. O., S. 3768 [l. Sp.]). Der Abgeordnete Wolpert [FDP] rechtfertigte die Finanzausgleichsumlage mit der Erwägung „Reich hilft Arm“ und betonte, dass seine Fraktion wegen der Ausnahmeregelung mit der Abgabe leben könne (a. a. O., S. 3772 [r. Sp.]).
Der Gesetzentwurf wurde mit Mehrheit beschlossen (a. a. O., S. 3773 [l. Sp.]).
{RN:17}
4. Die Beschwerdeführerin hat am 30.12.2005 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt die Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3; 87; 88 der Landesverfassung (LSA-Verf) garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung durch § 19a LSA-FAG-05 sowie die diese Regelung inhaltlich mit bestimmenden §§ 3 Abs. 3 S. 5; 7; 8; 12; 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05; dazu führt sie aus:
{RN:18}
(a) § 19a LSA-FAG-05 verstoße gegen die aus Art. 87; 88 Abs. 1 LSA-Verf herzuleitende Pflicht des Landes, die Kommunen finanziell angemessen auszustatten. Dieser Pflicht könne sich das Land nicht durch Rückgriff auf die Einnahmen „abundanter Gemeinden“ entledigen. Die Angleichung gemeindlicher Finanzkraft werde bereits durch den interkommunalen Finanzausgleich geleistet.
{RN:19}
(b) Handele es sich um eine Landespflicht, dann verstoße die Umlage gegen Art. 106 Abs. 6 S. 6 des Grundgesetzes (GG), weil es sich um keinen zulässigen Umlagezweck handele. Die Einnahmen aus der Umlage verblieben nicht im kommunalen Raum, sondern flössen dem durch das Land verwalteten „Ausgleichsstock“ zu; aus diesem würden sie nicht kraft Gesetzes, sondern nach Ermessen verteilt. Außerdem seien im § 19a LSA-FAG-05 anders als bei § 12 LSA-FAG-05 die kreisfreien Gemeinden nicht einbezogen.
{RN:20}
(c) § 19a LSA-FAG-05 verstoße ferner gegen das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG und nach Art. 2 Abs. 3; 87 LSA-Verf.
Ihr, der Beschwerdeführerin, werde durch die Finanzausgleichsumlage mehr genommen als sie einnehme bzw. auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen ausgebe. Sie könne über ihren Haushalt nicht mehr frei bestimmen. Ab 2006 sei der Haushalt nur noch durch Abschmelzen der Rücklage ausgleichbar.
{RN:21}
(d) Die Regelung sei unverhältnismäßig und verstoße gegen das Willkürverbot.
{RN:22}
Abgestellt werde auf die Bruttoerträge aus der Gewerbesteuer; an diesem Aufkommen seien aber bereits der Bund und das Land durch die Gewerbesteuerumlage beteiligt. Bei der Kreisumlage und bei der Finanzausgleichsumlage würden demnach Einnahmen mit berücksichtigt, welche den Gemeinden gar nicht mehr zur Verfügung ständen. Diese Doppelberücksichtigung sei willkürlich. Über die vereinnahmte Gewerbesteuer könne sie, die Beschwerdeführerin, nur zu einem geringen Anteil frei verfügen; seien es vor Einführung der Finanzausgleichsumlage noch ca. die Hälfte der Einnahmen gewesen, so sei es nunmehr lediglich noch ca. ein Viertel. Das Verlangen, den Hebesatz zu erhöhen, beseitige die Freiheit finanzieller Eigenverantwortung; die Erhöhung werde nicht verhindern, dass ca. 75 % der Einnahmen abgeschöpft würden. Im Ergebnis habe die Gemeinde gar keinen Spielraum mehr, den Hebesatz zu senken, weil sie sonst mit einer völligen Aufzehrung der Steuereinnahmen rechnen müsse; dies sei die Konsequenz des „fiktiven Hebesatzes“.
{RN:23}
Darüber hinaus sei es willkürlich, die Finanzausgleichsumlage auf Gemeinden ab einem bestimmten Verschuldungsgrad entfallen zu lassen. Während der Verschuldungsgrad von den tatsächlichen Verhältnissen ausgehe, orientiere sich die Berechnung der Steuermesszahl an einem fiktiven Hebesatz. Ein sachlicher Grund für diesen Unterschied sei nicht erkennbar.
Aus den gleichen Gründen handele es sich um einen Wertungswiderspruch, weil die Bedarfsmesszahl nicht an den tatsächlichen Verhältnissen orientiert sei.
{RN:24}
Die Auswirkungen der Finanzausgleichsumlage auf ihre, der Beschwerdeführerin, tatsächliche Wirtschafts- und Finanzkraft lasse die Regelung des § 19a LSA-FAG-05 ebenfalls als unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig erscheinen. In diesem Zusammenhang sei § 20 Abs. 5 LSA-FAG-05 wegen seines Zusammenhangs mit den neuen Belastungen durch § 19a LSA-FAG-05 zu berücksichtigen. Es dürfe nicht lediglich das haushaltsrechtliche Defizit maßgeblich sein, sondern sämtliche Belastungen und Verbindlichkeiten einer Gemeinde seien mit zu berücksichtigen. Das gelte besonders für die Belastungen wegen ihrer Mitgliedschaft in dem Zweckverband „Technologie Ostfalen“, die Voraussetzung für die Erwirtschaftung von Gewerbesteuern für dessen Mitglieder sei.
{RN:25}
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde auch deshalb verletzt, weil sie, die Beschwerdeführerin, keine allgemeinen Zuweisungen nach § 5 Abs. 1 LSA-FAG-05 mehr erhalte. Solange die Finanzkraft ausreiche, alle Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises zu erfüllen, bestehe keine Notwendigkeit, sich Leistungen im übertragenen Wirkungskreis honorieren zu lassen. Wenn der Gesetzgeber aber durch eine Finanzausgleichsumlage so in die Finanzkraft eingreife, dass die Aufgaben nur noch mit großen Anstrengungen erfüllt werden könnten, bestehe ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben; das folge aus Art. 87 Abs. 3 S. 1 LSA-Verf.
{RN:26}
(e) § 19a LSA-FAG-05 verstoße schließlich gegen das Rückwirkungsverbot; es handele sich um einen Fall echter Rückwirkung, weil die Regelung in vergangene Tatbestände eingreife, indem sie durch § 8 LSA-FAG-05 auf einen Drei-Jahres-Zeitraum für die Bewertung der Gewerbesteuer abstelle.
{RN:27}
(f) Im Übrigen sei sie, die Beschwerdeführerin, vor der Beschlussfassung der Finanzausgleichsumlage nicht angehört worden, was wegen der weitreichenden finanziellen Auswirkungen erforderlich gewesen sei. Aus Art. 90 LSA-Verf sei abzuleiten, dass ein Anhörungsrecht der Gemeinden bei schwer wiegenden Eingriffen anerkannt werden müsse. Dieses werde durch das gesetzlich festgelegte Anhörungsrecht der kommunalen Spitzenverbände nicht ersetzt.
{RN:28}
Die Beschwerdeführerin beantragt,
festzustellen, dass § 19a des Finanzausgleichsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (LSA-GVBl, S. 840) mit dem in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 der Landesverfassung garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung unvereinbar oder nichtig ist.
{RN:29}
5.1. Der Landtag hat am 16.02.2006 beschlossen, sich nicht zu äußern.
{RN:30}
5.2. Die Landesregierung entgegnet: Eine Verfassungswidrigkeit sei nicht schlüssig dargelegt.
{RN:31}
(a) Die Beschwerdeführerin könne sich nicht auf Art. 106 Abs. 6 S. 6 des GG berufen; diese Norm könne weder unmittelbar vom Landesverfassungsgericht geprüft werden, noch komme eine Vorlage nach Art. 100 GG in Betracht. Außerdem sei die Finanzausgleichsumlage mit der Bundesverfassung vereinbar.
Dass die Mittel des „Ausgleichsstocks“ nur auf Antrag und nach Ermessen verteilt würden, schließe nicht aus, dass sie gerade wieder an die Gemeinden zurückflössen. Dies werde zusätzlich durch Erlasse des Innenministeriums gesichert. Die nicht verausgabten Mittel würden auch nicht Teil der Schlüsselzuweisungen; nur die Landesmittel würden der Finanzausgleichsmasse zugewiesen. § 3 Abs. 3 S. 5 LSA-FAG-05 habe lediglich das Ziel, die Mittel ohne weiteren Verwaltungsaufwand weiterhin einer dem Sinn und Zweck der Erhebung der Finanzausgleichsumlage dienenden Verwendung zuzuführen.
{RN:32}
(b) Das Änderungsgesetz sei nicht mangels einer Anhörung der Beschwerdeführerin formell verfassungswidrig. Dabei könne offen bleiben, ob die Verfassung außerhalb der Gebietsänderungen eine Anhörung verlange; jedenfalls habe der Gesetzgeber Ermessen, wie er die Anhörung gestalte. So sei es als zulässig anerkannt, die Auffassung der Gemeinden unter Einschaltung der Landkreise erforschen zu lassen; das müsse dann erst recht gelten, wenn die kommunalen Spitzenverbände angehört würden.
{RN:33}
(c) Das Recht der Beschwerdeführerin auf kommunale Selbstverwaltung sei nicht verletzt.
Das Land müsse seiner Aufgabe, die Gemeinden finanziell angemessen auszustatten, nicht allein durch Landesmittel nachkommen, sondern dürfe auch für einen Ausgleich unterschiedlicher Einnahmepotenziale unter den Kommunen sorgen. Der Grundsatz der „Mindestausstattung“ gelte zudem nicht absolut, vielmehr dürfe den Kommunen eine Verschuldung zugemutet werden. Das Land habe einen Gestaltungsspielraum. Ob dieser überschritten sei, entscheide sich nicht für jede einzelne Kommune, sondern nach abstrakt-genereller Betrachtung, die auf die Gruppe abstelle, welcher die Gemeinde angehöre.
„Fiktive Hebesätze“ seien jedenfalls dann erlaubt, wenn es dafür einen sachgerechten Grund gebe; die verfassungsgerichtliche Kontrolle sei auf eine „Vertretbarkeitsprüfung“ beschränkt. Die Beschwerdeführerin könne sich nicht darauf berufen, ein Großzahler der Gewerbesteuer werde in ein anderes Bundesland abwandern, wenn der Mindeststeuersatz angehoben würde. Es liege im Wesen des Föderalismus‘, dass es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen gebe, die zu Konkurrenzsituationen führten; es könne nicht das Ziel sein, diese Unterschiede zu eliminieren. Die Ansiedlungsergebnisse seien bei der Beschwerdeführerin nicht nur auf eine gute Gemeindepolitik zurückzuführen, sondern auch auf Standortvorteile. Gerade diese schlössen die Gefahr einer Abwanderung aus.
Die angegriffene Regelung genüge auch im Übrigen verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Die Beschwerdeführerin lege nicht dar, dass ihr die angemessene Finanzausstattung fehle, noch weniger, dass dies bei einer abstrakt-generellen Betrachtung einer Gruppe strukturell der Fall sein könne. Vielmehr verbleibe ihr nach ihrem eigenen Vortrag trotz der angegriffenen Umlage ein Anteil von 25 % der Gewerbesteuereinnahmen von fast 8.000.000,00 €. Im Jahr 2006 werde sich ein Überschuss von fast 730.000,00 € im Verwaltungshaushalt ergeben. Damit könne sie ohne Weiteres freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen.
Die Selbstverwaltungsgarantie verlange nicht, dass die Kommune in der Lage sein müsse, alle von ihr beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen; vielmehr sei sie verpflichtet, ihr Ausgabeverhalten der finanziellen Situation anzupassen. Im Haushalt für 2006 sei eine Reihe von Aufgaben vorgesehen, ohne dass Kredite eingeplant wären. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Lage keinen Anspruch darauf, dass ihre Rücklagen unangetastet blieben. Im Übrigen seien die meisten Maßnahmen erst beschlossen worden, nachdem die Beschwerdeführerin bereits Kenntnis davon gehabt habe, dass sie eine Finanzausgleichsumlage werde leisten müssen.
Die unterschiedliche Berücksichtigung der Abschreibungen bei einer kameralistischen und einer doppischen Haushaltsführung habe auf die Finanzierung von Investitionen keinen Einfluss.
{RN:34}
(d) Die Zuweisung der Finanzausgleichsumlage-Mittel an den „Ausgleichsstock“ sei nicht verfassungswidrig. Dadurch habe der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt vielmehr im Vergleich zu anderen Länderregelungen eine Lösung gefunden, die dem Gedanken der interkommunalen Solidarität in besonderem Maß Rechnung trage; denn die abgeschöpften Mittel kämen auf diesem Weg ausschließlich bedürftigen, also finanzschwachen Gemeinden zugute.
Die Landesverfassung verlange den Ausgleich unterschiedlicher Finanzkraft, ohne den Gesetzgeber dabei auf die herkömmlichen Instrumente zu beschränken.
Die Mittel der Finanzausgleichsumlage würden nur zusätzlich zu den Landesmitteln dazu verwendet, finanzielle Unterschiede bei den Kommunen auszugleichen; dadurch werde keine Landesaufgabe erfüllt, sondern das Land sei nur „Veranstalter“ der Umlage. Dass kein „neuer Topf“ geschaffen, sondern der „Ausgleichsstock“ benutzt werde, sei durch Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gerechtfertigt.
Dass nur kreisangehörige Gemeinden umlagepflichtig, aber auch kreisfreie leistungsberechtigt seien, könne nicht als willkürlich angesehen werden; denn bei lebensnaher Betrachtungsweise könnten die kreisfreien Städte nicht als „abundante“ Gemeinden in Betracht kommen; zudem würden Anträge für Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ mit Rücksicht auf das Finanzvolumen der kreisfreien Städte abgelehnt werden.
{RN:35}
(e) § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 sei nicht wegen der nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 verlangten Berechnungsmethoden verfassungswidrig.
Das gelte auch für den „Drei-Jahres-Zeitraum“ des § 8 Abs. 3 S. 2 LSA-FAG-05. Dabei handele es sich um keinen Fall echter Rückwirkung; allenfalls könne eine unechte Rückwirkung angenommen werden, ohne dass ein schutzwürdiges Vertrauen der Kommunen zu berücksichtigen sei. Im Übrigen wirke sich ein Durchschnittswert gerade zu Gunsten der Kommunen aus, wie insbesondere das Beispiel der Beschwerdeführerin zeige. In atypischen Situationen könne durch die Härteregelung des § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 geholfen werden.
{RN:36}
(f) Die bei erheblicher Verschuldung vorgesehene Ausnahme des § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 führe zu keiner Verfassungswidrigkeit des § 19a LSA-FAG-05. Der Gesetzgeber könne im Rahmen seines politischen Gestaltungsspielraums Einschränkungen zu einer allgemeinen Regelung formulieren, ohne dabei allen Besonderheiten Rechnung tragen zu müssen. Die Regelung sei auch nicht unlogisch oder sachwidrig, sondern ohne Weiteres mit dem Grundsatz interkommunaler Solidarität vereinbar. Die Verschuldung beruhe regelmäßig auf einem „Ursachenbündel“, nicht allein auf dem Verhalten der Gemeinde.
{RN:37}
(g) Die Berechnung sei auch nicht willkürlich oder unverhältnismäßig, weil auf amtliche Statistiken zurückgegriffen werde. § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 verlange, dass die konkrete Verschuldung der Einzelgemeinde in ein Verhältnis zur durchschnittlichen Verschuldung aller Gemeinden einer entsprechenden Größenklasse gesetzt werde; deshalb müssten vergleichbare Daten für alle Gemeinden dieser Größenordnung berücksichtigt werden, was nur gewährleistet sei, wenn sie nach einheitlichen Grundsätzen - wie bei amtlichen Statistiken - erhoben würden.
Wenn eine Gemeinde verlange, darüber hinaus Schulden zu berücksichtigen, verstoße dies zudem gegen die von § 19 Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 vorausgesetzte Schematisierung. Die Beschwerdeführerin versuche hier, ihren vor den Verwaltungsgerichten geführten Rechtsstreit mit dem Statistischen Landesamt vor das Landesverfassungsgericht zu tragen.
{RN:38}
(h) Die Ansicht, § 19a LSA-FAG-05 sei unverhältnismäßig, weil die Zahlung einer Umlage verlangt werde, ohne dass die betroffene Gemeinde allgemeine Zuwendungen erhalte, sei nicht nachvollziehbar.
{RN:39}
(i) Fragen des Konnexitätsprinzips nach Art. 87 Abs. 3 LSA-Verf stellten sich in diesem Verfahren nicht.
{RN:40}
6. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von der Beschwerdeführerin eingereichten Anlagen zur Verfassungsbeschwerde und auf die Niederschriften der befassten Ausschüsse (vom 21.10.2004, 10.11.2004, 25.11.2004, 06.12.2004), die Landtagsdrucksachen 4/1835 und 4/1931 sowie auf die Stenographischen Berichte 4/48 und 4/51 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
{RN:41}
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).
{RN:42}
1. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
{RN:43}
1.1. Das Landesverfassungsgericht ist nach Art 75 Nr. 7 der Landesverfassung - LSA-Verf - vom 23.08.1993 (LSA-GVBl., S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.01.2005 (LSA-GVBl., S. 44), und §§ 2 Nr. 8; 51 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht - LSA-VerfGG - vom 23.08.1993 (LSA-GVBI., S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.03.2004 (LSA-GVBl., S. 234), zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde gegen formelle Gesetze berufen, von denen geltend gemacht wird, sie verstießen gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht (st. Rspr. seit LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 2/93 -, LVerfGE 2, 227 [245]; Urt. v. 22.02.1996 - LVG 2/95 -, LVerfGE 4, 401 [404).
{RN:44}
1.2. Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdebefugt, weil sie durch diese Regelung in ihrem Recht auf Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf in seiner Ausprägung der Finanzhoheit selbst (1.2.2.), gegenwärtig (1.2.3.) und unmittelbar (1.2.4.) betroffen sein kann; dabei kommt als verletztes Verfassungsrecht ausschließlich die durch Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf garantierte (finanzielle) kommunale Selbstverwaltung in Betracht (1.2.1.).
{RN:45}
1.2.1. Eine Verfassungsverletzung kann die Beschwerdeführerin allein (vgl. insoweit Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und § 2 Nr. 8 LSA-VerfGG) aus Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf herleiten; durch Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf ist - ohne dass es bei der Rechtsverletzung des Rückgriffs zusätzlich auf Art. 88 LSA-Verf bedürfte - gerade auch die kommunale Finanzhoheit garantiert (LVerfG LSA, Urt. v. 15.01.2002 - LVG 3, 5/01 -, LVerfGE 13, 343 [353]). Soweit in dieser Entscheidung auch auf Art. 88 LSA-Verf Bezug genommen wurde, war dies nur wegen der Möglichkeiten notwendig, welche das Land zur Erfüllung seiner Leistungspflicht hat (vgl. bereits Leitsatz, a. a. O., S. 343, sodann S. 353).
Wie schon durch den Wortlaut des Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und der §§ 2 Nr. 8; 51 Abs. 1 LSA-VerfGG festgelegt ist, kommt als denkbare Verfassungsverletzung nur Landesrecht in Betracht. Eine Prüfung des Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) ist dem Landesverfassungsgericht verwehrt; sie steht allein dem Bundesverfassungsgericht zu.
Für die Zulässigkeit ist es nicht erforderlich, dass ein Verstoß gegen das Selbstverwaltungsrecht bejaht wird oder auch nur hinreichend wahrscheinlich ist; vielmehr reicht die nicht offensichtlich auszuschließende Möglichkeit der Verfassungsverletzung aus (vgl. hierzu schon: LVerfG LSA, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 3/94 -; Urt. v. 31.05.1994 - LVG 4/94 -, LVerfGE 2, 323 [336]; Urt. v. 29.05.1997 - LVG 1/96 -, LVerfGE 6, 281 [293]; Urt. v. 17.09.1998 - LVG 13/97 -, LVerfGE 9, 361 [365], sowie LVerfG LSA, Urt. v. 27.03.2001 - LVG 1/01 -, LVerfGE 12, 371 [376]; Urt. v. 15.01.2002 - LVG 9, 12, 13/01 -, LVerfGE 13, 364 [376]).
{RN:46}
Die Beschwerdeführerin kann § 19a LSA-FAG-05 nicht unmittelbar an den Bestimmungen des Art. 106 GG messen lassen; denn für eine solche Prüfung ist das Landesverfassungsgericht nicht zuständig. Allerdings garantiert Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf gerade das an Finanzmitteln, was bundesgesetzlich den Kommunen zugestanden ist. So hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Positionen aus Art. 106 GG als Teil der Selbstverwaltungsgarantie behandelt, wenn es lediglich eine über den X. Abschnitt des Grundgesetzes - dort findet sich auch Art. 106 GG - hinausgehende eigenständige Abgabenhoheit aus Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG verneint hat (BVerwG, Urt. v. 25.03.1998 - BVerwG 8 C 11.97 -, BVerwGE 106, 280 [286 f]). Mit dem Selbstverwaltungsrecht abwehren kann die Kommune aber auch eine Umlage i. S. des Art. 106 Abs. 6 S. 6 GG, welche die kommunale Finanzausstattung in Frage stellt (dazu: BVerfG, Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 [386]; BVerwGE 106, 280 [287]) oder zu einer Nivellierung beim Finanzausgleich führt (BVerfG, Urt. v. 27.05.1992 - 2 BvF 1, 2/88, 1/89. 1/90 -, BVerfGE 86, 148 [250], unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 24.06.1986 - 2 BvF 1, 5, 6/83, 1/84, 1, 2/85 -, BVerfGE 72, 330 [418 f]). Die zum Länderfinanzausgleich entwickelten Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts lassen sich auf das Landesverfassungsrecht übertragen, weil Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf eine dem Bundesverfassungsrecht für den Länderfinanzausgleich ähnliche Regelung im Verhältnis des Landes zu den Gemeinden enthält. Auch die Abgrenzung der Bundesverfassung zwischen Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG und Art. 106 Abs. 6 S. 6 GG ist auf das Landesverfassungsrecht übertragbar, weil Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf jedenfalls den Mindeststandard kommunaler Selbstverwaltung garantieren müssen. Mindest-Finanzausstattung und Verbot der Nivellierung sind denn auch im Landesverfassungsrecht als äußerste Grenzen einer Finanzausgleichsumlage anerkannt (so etwa für Niedersachsen: NdsStGH, Urt. v. 16.05.2001 - StGH 6-9/99, 1/00 -, LVerfGE 12, 255 [281]). Unabhängig davon schützt das Selbstverwaltungsrecht die Kommune davor, dass ihr durch die hier angegriffene Umlage zu Unrecht etwas genommen wird, was ihr von Verfassungs wegen an Finanzausstattung zusteht.
{RN:47}
Keine eigenständige Bedeutung als denkbar verletztem Verfassungsrecht kommt dem - außerhalb der Grundrechte (vgl. dort Art. 20 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 2 Abs. 1 LSA-Verf zu entnehmenden - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (st. Rspr. seit LVerfG LSA, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 2/93 -, LVerfGE 2, 227 [259]) zu; er setzt die Möglichkeit einer Beschwer gerade durch ein den Beschwerdeführer unmittelbar schützendes Recht voraus. Ähnliches gilt für den allgemeinen Gleichheitssatz, auf den sich die Beschwerdeführerin nicht als Grundrecht, wohl aber als den in Art. 7 Abs. 1 LSA-Verf zum Ausdruck kommenden generellen Maßstab allen staatlichen Handelns einschließlich der Gesetzgebung berufen kann (LVerfG LSA, Urt. v. 16.11.2004 - LVG 5/04 -, Internet-Abdruck [www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de], RdNrn. 25, 26).
Ebenso sind die Fragen einer Rückwirkung einzuordnen; auch insoweit ist auf das Rechtsstaatsprinzip zurückzugreifen (vgl. dazu, jeweils m. w. Nachw.: LVerfG LSA, Urt. v. 12.12.1997 - LVG 12/97 -, LVerfGE 7, 304 [330]; Urt. v. 07.07.1998 - LVG 17/97 -, LVerfGE 9, 329 [342]; LVerfG LSA, LVerfGE 13, 343 [356]).
Gleiches gilt schließlich für die Frage einer Verletzung des Anhörungsrechts (vgl. insoweit zu Art. 90 LSA-Verf und einer evtl. ergänzenden Anwendbarkeit des Rechtsstaatsprinzips: LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 [250]).
{RN:48}
Dass sich die Beschwerdeführerin auch auf Bestimmungen des Grundgesetzes oder auf landesverfassungsrechtliche Grundsätze stützt, die nicht selbständig Maßstab für eine Prüfung durch das Landesverfassungsgericht sein können, ist allerdings für die Zulässigkeit dieser Verfassungsbeschwerde unbeachtlich; denn sie hat nur einen einzigen Prüfungsgegenstand (§ 19a LSA-FAG-05), der an Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf gemessen werden kann.
Zum Gegenstand ihrer Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05 nicht selbständig zur Prüfung stellen und die übrigen in der Verfassungsbeschwerde benannten Vorschriften nur angreifen will, soweit sie durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 in Bezug genommen werden.
{RN:49}
1.2.2. § 19a LSA-FAG-05 - ein „Landesgesetz“ i. S. des Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und der §§ 2 Nr. 8; 51 Abs. 1 LSA-VerfGG - richtet sich an jede Gemeinde mit der dort beschriebenen erhöhten Steuerkraft. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beschwerdeführerin und der Landesregierung gehört die Beschwerdeführerin zu dieser Gruppe. „Betroffen“ sein kann die Beschwerdeführerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht allein deshalb, weil von ihr als „abundanter Gemeinde“ die neue Finanzausgleichsumlage verlangt wird.
{RN:50}
Dem steht die Regelung des § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 nicht entgegen.
Zwar will sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Vortrag zur Verschuldung dagegen wehren, dass sie eine Finanzausgleichsumlage jetzt und in Zukunft leisten muss; diese Frage ist aber - ohne dass auf den konkreten Vortrag zur etwaigen Höhe der Verschuldung eingegangen werden muss - ohne Bedeutung, weil die Verfassungsbeschwerde wesentlich auch damit begründet wird, dass in naher Zukunft auf Rücklagen zurückgegriffen werden müsse, wenn die streitige Umlage durchgesetzt werde. Der Beschwerdeführerin kann aber nicht zugemutet werden, den Ausgang des Verfahrens der Hauptsache in Bezug auf den angefochtenen Bescheid des Landesamts abzuwarten und dann erst im Fall des Unterliegens den Versuch zu unternehmen, die Grundregelung mit einer Verfassungsbeschwerde anzugreifen. Das Landesverfassungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 23.06.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107 [113]) eine kommunale Verfassungsbeschwerde für zulässig gehalten, wenn der Kommune nicht zuzumuten ist, zunächst ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zu durchlaufen; denn ihr wäre dann mit Rücksicht auf den Zeitablauf versagt, die Verfassungsbeschwerde noch fristgerecht einzureichen (LVerfG LSA, Urt. v. 13.07.1999 - LVG 20/97 -, LVerfGE 10, 440 [448] = LVerfGE 11, 429 [440]).
{RN:51}
1.2.3. Der Eingriff in die kommunale Finanzhoheit ist auch gegenwärtig; denn die Beschwerdeführerin wird bereits zu einer Finanzausgleichsumlage auf der Grundlage des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 herangezogen.
{RN:52}
Die Beschwerdeführerin macht keine erst vage in der Zukunft liegende, sondern eine aktuelle Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts geltend. Die hiergegen vom Land angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 12.02.1986 - 1 BvR 1578/82 -, BVerfGE 72, 1 ff) ist nicht unmittelbar einschlägig, weil sich die dortige (allgemeine) Verfassungsbeschwerde nur mittelbar gegen eine gesetzliche Vorschrift und unmittelbar gegen ein Urteil gerichtet hat. Zwar sollen die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze gerade auch für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze gelten (BVerfGE 72, 1 [5], mit Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 19.12.1951 - 1 BvR 220/51 -, BVerfGE 1, 97 [102 f]; sowie auf BVerfGE 60, 360 [371]: keine „virtuelle“ Betroffenheit ausreichend, sondern „aktuelle“ notwendig, um „Popularklagen“ zu vermeiden); indessen ist bei kommunalen Verfassungsbeschwerden auch in diesem Zusammenhang der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu berücksichtigen (vgl. bereits oben unter Hinweis auf BVerfGE 76, 107 [113]): Ganz abgesehen davon, dass von der Beschwerdeführerin bereits aktuell eine Finanzausgleichsabgabe gefordert wird, könnte sie später, nach Ablauf der Jahresfrist, keine zulässige Verfassungsbeschwerde mehr erheben, weil sie nicht geltend machen dürfte, erst jetzt durch die Regelung betroffen zu werden (LVerfG LSA, Beschl. v. 07.12.1999 - LVG 7/99 -, LVerfGE 10, 471 [476]: Die Jahresfrist des § 48 LSA-VerfGG läuft ab Verkündung der Norm; sie knüpft nicht daran an, wann der Betroffene durch die Normregelung zum ersten Mal belastet wird [unter Hinweis auf: BVerfG, Beschl. v. 06.03.1968 - 1 BvR 975/58 -, BVerfGE 23, 153 <164>, sowie daran anschließend: LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 <443> = LVerfGE 11, 429 <434>]).
{RN:53}
1.2.4. Die denkbare Abgabepflicht besteht ferner kraft Gesetzes unmittelbar.
Unschädlich ist, dass sie durch Verwaltungsakt des Landes (des Statistischen Landesamts) konkretisiert worden ist (1.2.4.1.) oder dass auf ein Haushaltsdefizit oder einen „Rangplatztausch“ auch andere Abgaben „kumulativ“ einwirken können (1.2.4.2.).
{RN:54}
1.2.4.1. Unerheblich ist, dass ein Bescheid über die Umlage ergangen ist und mit Rechtsbehelfen angefochten wird; denn die Leistungspflicht liegt bereits durch die gesetzliche Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 fest. Soweit eine „Konkretisierung“ durch Verwaltungsakt vorgenommen wird, handelt es sich um eine bloße Ausführungsrechnung ohne jeglichen Spielraum für die anwendende Stelle. Entscheidungen auf der Grundlage des § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 sind nur als (zusätzliche) Beschwer anzusehen, soweit sie einen Titel für Vollstreckungsmaßnahmen setzen, während die eigentliche Belastung für die Gemeinde bereits durch das Gesetz selbst eintritt. So hat auch das Bundesverfassungsgericht die Unmittelbarkeit bejaht, obwohl ein Verwaltungsakt erlassen werden kann, wenn sich die Ableitung der eingreifenden Rechtsfolge bereits aus dem Gesetz ergibt, ohne dass es dafür erst noch eines Vollzugsakts bedürfte (BVerfG, Beschl. v. 18.05.1982 - 1 BvR 602/78 -, BVerfGE 60, 360 [371] sowie BVerfGE 76, 107 [113]).
Die Rechtslage bei der Finanzausgleichsumlage ist derjenigen bei Einschränkungen des Wahlrechts vergleichbar, wo nicht erst der die Gesetzeslage vollziehende Bescheid - soweit er die Kandidatur für oder die Teilnahme an eine[r] Wahl versagt - die Belastung darstellt, sondern bereits das die Wahlrechtsposition einschränkende Gesetz selbst (vgl. hierzu: LVerfG LSA, LVerfGE 12, 371 [378], m. w. Nachw.); Gleiches hat das Landesverfassungsgericht bei der Festlegung von Schulzeiten angenommen (LVerfG LSA, LVerfGE 13, 364 [377]).
Das beanstandete Gesetz bestimmt nicht lediglich einen Rahmen für den Eingriff, indem es die Verwaltung zu Maßnahmen bloß ermächtigt, so dass erst die spätere Verwaltungsentscheidung in Rechte des Betroffenen eingreifen kann (LVerfG LSA, Beschl. v. 13.11.2001 - LVG 11/01 -, LVerfGE 12, 394 [396], mit Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 2 BvR 397-399/82 -, BVerfGE 70, 35 [50]; Beschl. v. 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128 [135 f]; vgl. auch LVerfG LSA, Beschl. v. 24.07.2001 - LVG 8/01 -, LVerfGE 12, 387 [390]).
{RN:55}
Dem steht die von der Landesregierung angeführte Rechtsprechung (LVerfG LSA, LVerfGE 11, 429 [440]) nicht entgegen; die zitierte Stelle bestätigt geradezu das hier vertretene Ergebnis: Das Landesverfassungsgericht hat - worauf bereits oben (im Abschn. 1.2.3.) hingewiesen worden ist - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 76, 107 [113]) eine kommunale Verfassungsbeschwerde für zulässig gehalten, auch wenn die angegriffene Norm noch durch Verwaltungsakt konkretisiert wird, weil der Kommune nicht zuzumuten ist, erst das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu durchlaufen, um dann später mit ihrer Verfassungsbeschwerde wegen Fristablaufs abgewiesen zu werden. Der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit spricht eher für als gegen die Zulassung der Verfassungsbeschwerde in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation. Es handelt sich auch nicht um den Sonderfall, dass die Beschwer unmittelbar erst durch eine Verordnung eintreten kann, zu welcher das Gesetz lediglich ermächtigt (LVerfG LSA, LVerfGE 11, 429 [440] = LVerfGE 10, 440 [448]).
{RN:56}
1.2.4.2. Die Unmittelbarkeit des Eingriffs gerade durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 entfällt nicht deshalb - wie die Landesregierung meint -, weil nicht allein durch diese Abgabe, sondern möglicherweise erst durch eine „Kumulation“ von Kreisumlage sowie Gewerbesteuerumlage und schließlich Finanzausgleichsumlage eine Belastung der Beschwerdeführerin eintrete; denn die hier zu beurteilende Verfassungsbeschwerde kann sich nicht gegen die Rechtsgrundlagen für diese weiteren Abgaben wenden, weil die Jahresfrist insoweit abgelaufen ist; ihr Gegenstand ist vielmehr ausschließlich die neu eingeführte Finanzausgleichsabgabe, welche die Beschwerdeführerin aus unterschiedlichen Gründen für nicht verfassungsgemäß hält. Außerdem geht auch der Gesetzgeber selbst davon aus, dass die Bemessungsgrundlagen für die bisherigen Umlagen bei der Berechnung der Finanzausgleichsumlage unverändert erhalten bleiben sollen (§ 19 Abs. 2 LSA-FAG-05).
Aus den gleichen Erwägungen ist es unbeachtlich, ob und in welchem Umfang das Land für diese anderen Umlagen entscheidungsbefugt ist oder ob und in welchem Umfang den entscheidenden Stellen bei Ausführung dieser anderen Rechtsgrundlagen Ermessen zusteht.
Gleichfalls ohne Bedeutung ist, dass die anderen Umlagen, soweit sie auf Landesrecht beruhen, konstitutiv durch Verwaltungsakt gegenüber der umlagepflichtigen Gemeinde festgesetzt werden (vgl. insoweit OVG LSA, Urt. v. 18.03.1998 - A 2 S 96/96 - [Verwaltungsgemeinschaft]; Beschl. v. 23.11.2004 - 2 L 128/02 - [Kreisumlage]).
{RN:57}
1.3. Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der §§ 51 Abs. 2, 48 LSA-VerfGG erhoben worden.
{RN:58}
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
Formelle Mängel haben keinen Einfluss auf das Ergebnis (2.1.); die fehlende „Folgenabschätzung“ führt aber aus materiellen Gründen (2.2.) zur Unvereinbarkeit des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 mit der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf). Die verfassungswidrige Bestimmung ist mit der Landesverfassung lediglich unvereinbar und nicht nichtig (2.3.).
{RN:59}
2.1. Die Beschwerdeführerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine unterbliebene Anhörung (2.1.1.) oder auf Mängel bei der „Folgenabschätzung“ (2.1.2.) berufen.
{RN:60}
2.1.1. Der von der Beschwerdeführerin gerügte Anhörungsmangel liegt nicht vor. Art. 90 LSA-Verf ist - was sie nicht verkennt - als Sonderregelung für Gebietsänderungen nicht unmittelbar einschlägig. Eine Ausdehnung auf jede „schwer wiegende“ Auswirkung eines Gesetzes auf die Kommune verbietet sich; denn Art. 90 LSA-Verf ist nur für Eingriffe gedacht, welche den Status der Kommune betreffen, und trägt insoweit dem Rechtsstaatsgebot Rechnung, weil es nach der geschichtlichen Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung zum „Kernbereich“ rechnet, dass Bestands- und Gebietsänderungen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach vorheriger Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaft vorgenommen werden dürfen (vgl. grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 - 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 50 [50/51]). Dem Zweck einer Anhörung, sich hinreichend zu informieren und die Interessenlagen zu erkunden, genügt der Gesetzgeber auch, wenn er - wie hier - die kommunalen Spitzenverbände beteiligt (vgl. § 151a der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LSA-GO - vom 05.10.1993 [LSA-GVBl., S. 568], zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2006 [LSA-GVBl., S. 128]; vgl. auch § 73a LSA-LKO), welche die Belange der von ihnen vertretenen Mitglieder darlegen. Dabei bleibt ohne Bedeutung, dass nicht alle Gemeinden durch den Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt repräsentiert werden. Selbst wenn gegen dieses (einfach-gesetzliche) Anhörungsrecht verstoßen worden wäre, könnte das die Gültigkeit des gleichwohl erlassenen Gesetzes nicht berühren (Klang/Gundlach, Gemeindeordnung und Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., GO § 151a RdNr. 2 [S. 553]; Becker/Fischer/Pampel/Ulrich, Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 3. Aufl., § 151a Anm. 1).
{RN:61}
2.1.2. Für das Ergebnis dieses Verfahrens kann unentschieden bleiben, ob der Gesetzgeber die Folgen seiner in Aussicht genommenen gesetzlichen Regelung in vollem Umfang abgeschätzt hat; die Materialien lassen allerdings nicht erkennen, dass er der Anregung des Städte- und Gemeindebunds Sachsen-Anhalt nachgegangen ist, die Auswirkungen des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 auf jede der potenziell betroffenen Gemeinden im Weg von Modellrechnungen zu überprüfen. Das ist insbesondere bei der Gemeinde Sössen (vgl. Parallellverfahren LVG 7/05) nicht geschehen, obwohl deren Steuerkraft Gegenstand einer Diskussion während der Ausschussberatungen gewesen war.
Ein darauf gestützter Verfahrensmangel führt nämlich - für sich genommen - nicht zur Verfassungswidrigkeit der beschlossenen gesetzlichen Regelung. Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass formelle Mängel nur dann beachtlich sein können, wenn die Verfassung selbst Verfahrensschritte festlegt (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 [447, 467] = LVerfGE 11, 429 [455, 458]). In den übrigen Fällen kommt es allein darauf an, ob die Regelung inhaltlich mit der Verfassung vereinbar ist.
{RN:62}
2.2. § 19a LSA-FAG-05 ist mit der Garantie kommunaler Selbstverwaltung unvereinbar, weil das Gesetz - ohne dass Teile der Konzeption, einzeln betrachtet, verfassungswidrig wären (2.2.1.) - keine Vorsorge dagegen trifft, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus „abgeschöpft“ wird oder sie in eine Position „nivelliert“ wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden im Ergebnis erheblich schlechter stellt (2.2.2.).
{RN:63}
2.2.1. Die Umlage nach § 19a LSA-FAG-05 nimmt den Gemeinden grundsätzlich nichts, was ihnen als Bestand der finanziellen Selbstverwaltung zusteht (2.2.1.1.). Die durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 angeordnete Berechnung ist nicht - für sich genommen - bereits verfassungswidrig (2.2.1.2.). Gleiches gilt für § 20 LSA-FAG-05 (2.2.1.3.).
{RN:64}
2.2.1.1. Ein verfassungswidriger Eingriff in die kommunale finanzielle Selbstverwaltung liegt nicht schon darin, dass das Land von einer Gruppe „reicher“ Gemeinden überhaupt eine Umlage erhebt und den Ertrag zur Stützung „armer“ Gemeinden verwendet. Ein solcher interkommunaler Finanzausgleich ist vielmehr durch Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf gedeckt. Mit der Umverteilung auf Kosten „reicher“ und zu Gunsten „armer“ Gemeinden nimmt das Land keine primär staatliche Aufgabe wahr; denn es erfüllt gegenüber den Gemeinden mit niedriger Finanzkraft keinen gegen das Land gerichteten Leistungsanspruch aus Landesmitteln nach Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf, sondern verteilt kommunales Finanzaufkommen innerhalb der Kommunen.
{RN:65}
Die Umverteilung kann eine leistungsstarke Gemeinde nicht mit der auf ihr Recht auf Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) gestützten Erwägung abwehren, die Einkünfte aus Gewerbesteuermitteln ständen ihr von Bundesverfassungsrechts wegen (Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG) zu; denn es ist anerkannt, dass eine landesgesetzliche Umlage auch zum Ausgleich der allgemeinen Finanzkraft oder für besondere Aufwendungen erhoben werden darf (BVerfGE 83, 363 [389 f]; BVerwGE 106, 280 [284 f]; ebenso zuvor OVG NW, Urt. v. 18.03.1997 - 15 A 166/94 -, JURIS; bestätigend Pieroth, in; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 106 RdNrn. 17 [S. 1129]; einschränkend Kluth, Umlagen nach Art. 106 Abs. 6 GG als Instrumente zwischengemeindlichen Finanzausgleichs, DÖV 1994, 456 [458, 464]). Mit einer solchen Umlage dürfen gerade auch „allgemeine Finanzausgleichseffekte erzielt“ werden (BVerfGE 86, 363 [393]). Notwendig ist dann allein, dass das Aufkommen aus der Umlage „im kommunalen Raum verbleibt“ (BVerwGE 106, 280 [284]; ebenso zuvor OVG NW, a. a. O., RdNr. 12; vgl. auch BVerfGE 83, 363 [389 f, 391]).
{RN:66}
Den Charakter des bloß interkommunalen Finanzausgleichs (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) verliert die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 nicht schon deshalb, weil sie dem „Ausgleichsstock“ des § 12 LSA-FAG-05 zugeführt wird (§ 19a Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05), aus dem heraus auch die Landesmittel nach den Grundsätzen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf an bedürftige Gemeinden verteilt werden. Es handelt sich insoweit nur um eine verwaltungstechnische Abwicklungsmaßnahme, welche die Zuordnung der Umlagemittel nicht verändert; denn das Aufkommen selbst „verbleibt im kommunalen Raum“. Das Land erfüllt mit diesen Mitteln auch keine ihm nach Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf obliegende finanzielle Leistungspflicht, sondern „sorgt“ (vgl. den Wortlaut des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf) durch den interkommunalen Finanzausgleich (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) zusätzlich für angemessene Finanzmittel bei den Gemeinden. Das Land ist dabei lediglich „Veranstalter“ und nicht „Nutznießer“ der Finanzausgleichsumlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 (zu dieser Terminologie vgl.: BVerfGE 83, 363 [390]; BVerwGE 106, 280 [284]).
{RN:67}
Der mit der Finanzausgleichsumlage verfolgte Zweck (interkommunaler Finanzausgleich) ist als sachlicher Grund anzuerkennen (vgl. zum „bündischen Einstehen“ der Länder für einander: BVerfGE 72, 330 [386 f, 397]).
Die Erhebungsgrenzen des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 - 50 % Überschuss und 30 % Abschöpfung - halten sich innerhalb des dem Landesgesetzgeber gewährten Gestaltungsspielraums (vgl. insoweit BVerfG, Urt. v. 06.11.1984 - 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83 -, BVerfGE 67, 256 [288 f] und BVerfGE 72, 330 [390], jeweils zur bundesstaatlichen Finanzverfassung; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.07.2003 - 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/99, 1/01 -, BVerfGE 108, 186 [233] zur Altenpflegeausbildung).
{RN:68}
Wegen der sich aus anderen Gründen ergebenden Verfassungswidrigkeit der Regelung kann hier unentschieden bleiben, ob § 19a Abs. 1 S. 1, 2 LSA-FAG-05 ein „System“ entnommen werden muss, dass ein interkommunaler Finanzausgleich nur innerhalb kreisangehöriger Gemeinden stattfinden soll. Dann wäre bei Anwendung des § 12 Abs. 1, 3, 4 LSA-FAG-05 („Kommunen“ = alle Gemeinden und zusätzlich die Landkreise [Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf]) nicht gewährleistet, dass die „abgeschöpften“ Mittel auch nur an kreisangehörige Gemeinden zurückfließen. Offen bleiben kann gleichfalls die weitere Frage, ob die Lücke durch eine verfassungskonforme Auslegung geschlossen werden könnte.
Ebenso wenig bedarf einer Klärung, ob sichergestellt sein muss, dass das Aufkommen aus der Finanzausgleichsumlage aus dem „Ausgleichsstock“ vollständig wieder an die Gemeinden zurückfließen muss, ohne dass es Teil der „Finanzausgleichsmasse“ des § 3 LSA-FAG-05 werden kann.
{RN:69}
2.2.1.2. Die Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 begegnet ferner grundsätzlich insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie auf die Berechnungsmethoden für die allgemeinen Zuweisungen (§§ 7, 8 LSA-FAG-05) verweist.
Das gilt sowohl für die Frage der „fiktiven“ Hebesätze (2.2.1.2.1.) als auch für den Drei-Jahres-Zeitraum für die Bewertung der Gewerbesteuereinnahmen (2.2.1.2.2.); für sich genommen nicht verfassungswidrig ist es schließlich, dass die Gewerbesteuerumlage bei den Einnahmen eingerechnet wird (2.2.1.2.3.) oder dass die Finanzausgleichsumlage zusätzlich zu - vor allem - der Kreisumlage erhoben wird (2.2.1.2.4.).
{RN:70}
2.2.1.2.1. Mit dem Selbstverwaltungsrecht (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) lässt sich nicht abwehren, dass die Berechnung nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 nicht die konkret in der betroffenen Gemeinde geltenden, sondern sog. „fiktive“ Hebesätze („gewogener Durchschnitt der Hebesätze“) zu Grunde legt. Das Land darf vielmehr verhindern, dass sich eine Gemeinde durch besonders niedrige Hebesätze selbst „bedürftig macht“, um entweder Leistungen aus Landesmitteln zu erhalten oder einer Umlage zu entgehen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gilt es als legitimes Anliegen, sog. „Steueroasen“ zu verhindern (BVerwGE 106, 280 [288]; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 21.05.1968 - 2 BvL 2/61 -, BVerfGE 23, 353 [371]: besondere Heranziehung „hochabundanter“ Gemeinden zur Kreisumlage). Durch die Garantie kommunaler Selbstverwaltung ist das Recht auf Steuererhebung nicht derart geschützt, dass es dem Land verboten wäre, neben der Ansiedlungspolitik einer Gemeinde eine eigenständige Gewerbe- und Industrieansiedlungspolitik zu betreiben (BVerfGE 23, 353 [371]). Nicht vom Landesverfassungsgericht zu bewerten ist das politische und wirtschaftliche Risiko, ob bestimmte Betriebe, die sich nur um des besonderen Steuervorteils willen angesiedelt haben, durch „fiktive“ Hebesätze und einen dadurch ausgeübten Druck, den Hebesatz in der betroffenen Gemeinde zu erhöhen, veranlasst sein können, nicht nur diese Gemeinde, sondern das Land insgesamt zu verlassen.
{RN:71}
Der Rückgriff auf den „fiktiven“ Hebesatz des § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 lässt die Regelung bei abstrakter Betrachtung nicht deshalb als unverhältnismäßig erscheinen, weil eine Gemeinde, deren Hebesatz unterhalb des „gewogenen Durchschnitts“ liegt, etwa zwangsläufig eine nach § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 erhebliche Verschuldung erreichen müsste, was sie davon befreien würde, die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 zu leisten. Diese Frage ist erkennbar abhängig von dem Grad der Abweichung vom „gewogenen Durchschnitt“ sowie von dem Verhalten der übrigen Gemeinden, deren Hebesätze „gewogen“ werden und den Durchschnitt bilden.
Ebenso wenig eindeutig ist bei abstrakter Betrachtung zu beurteilen, ob ein Unternehmen bei einer Erhöhung des Hebesatzes in der betroffenen Gemeinde tatsächlich abwandert oder ob es neben dem bisherigen Steuervorteil auch andere Standortvorteile nutzt.
{RN:72}
2.2.1.2.2. Der nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 i. V. m. § 8 Abs. 3 S. 2-5 LSA-FAG-05 zu berücksichtigende Drei-Jahres-Zeitraum bei der Berechnung der Gewerbesteuer ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Der durch die Gesetzgebungsmotive belegte sachgerechte Grund für seine Einführung ist die Erwägung, Spitzen in den Ertragslagen einzelner Jahre zu glätten.
{RN:73}
Die Regelung verstößt auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Insbesondere handelt es sich um keinen Fall „echter Rückwirkung“ („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“); denn § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05, der § 8 Abs. 3 S. 2-5 LSA-FAG-05 für seine Berechnung in Bezug nimmt, misst sich selbst keine Geltung für Sachverhalte vor seinem In-Kraft-Treten bei (vgl. zu dieser Voraussetzung: BVerfG, Beschl. v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343 [353]; Beschl. v. 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200 [241 f]). Es liegt aber auch keine „unechte Rückwirkung“ („tatbestandliche Rückanknüpfung“) vor (dazu: BVerfGE 72, 200 [242]); denn es sind keinerlei „Vertrauenstatbestände“ auf Grund einer früheren Regelung ersichtlich, welche hätten bereits „ins Werk gesetzt“ sein können, weil die Finanzausgleichsabgabe erstmals durch § 19a LSA-FAG-05 in das bisherige Finanzausgleichsgesetz eingefügt worden ist. Dafür ist unerheblich, dass der Gesetzgeber für die Berechnung auf Grundsätze Bezug nimmt, die für einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen) gelten und die er dort mit Wirkung für die Zukunft geändert hat.
{RN:74}
2.2.1.2.3. Die Finanzausgleichsumlage ist nicht bereits deshalb verfassungswidrig, weil vor der Berechnung nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 die Beträge nicht abgesetzt werden, welche als Gewerbesteuerumlage gar nicht bei den Gemeinden verbleiben. Da § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 auf die Berechnungsmethoden für die allgemeinen Zuweisungen zurückgreift, erscheint zunächst systemgerecht, auch bei der Umlage keine anderen Grundsätze gelten zu lassen als bei der Zuwendung. Die Landesverfassung verlangt nicht, Einnahmen von vornherein zu vernachlässigen, welche zwar in der Gemeinde anfallen, ihr aber materiell nicht zustehen und lediglich als „Durchlaufposten“ anzusehen sind. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) ist erst verletzt, wenn durch die Anrechnung auch der Gewerbesteuerumlage zwangsläufig die eigene Finanzausstattung der Gemeinden in Frage gestellt würde oder wenn die so errechnete Finanzausgleichsumlage zu einer verbotenen „Nivellierung“ führen müsste (vgl. BVerfGE 83, 363 [386]; BVerwGE 106, 280 [287]; NdsStGH, LVerfGE 12, 255 [281]). Das lässt sich nicht generell, sondern nur im Einzelfall bewerten.
{RN:75}
2.2.1.2.4. Genau so verhält es sich bei der Frage, ob die Kumulation von Umlagen (Kreis- und Finanzausgleichsumlage) etwa zwangsläufig derart in die Finanzwirtschaft der Gemeinden eingreift, dass diese in ihrer eigenen Finanzausstattung über das nach Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1; 88 Abs. 1 LSA-Verf zulässige Maß hinaus beeinträchtigt würden.
§ 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 lässt sich allerdings nicht so verstehen, dass um den Preis der nach festen Regeln zu bestimmenden Finanzausgleichsumlage willen die übrigen - nach Ermessen zu errechnenden - Umlagen notfalls gemindert werden müssten. Gegen eine solche Auslegung spricht schon der Wortlaut des § 19a Abs. 2 LSA-FAG-05, der die Bemessungsgrundlagen für die anderen Umlagen ausdrücklich nicht in Frage stellen will. Ganz abgesehen davon würde in die gleichwertig geschützte Finanzhoheit der Kreise eingegriffen (Art. 87 Abs. 1 LSA-VerfG: „Kommunen“ = auch Landkreise), wenn diese bei der ihnen allein eröffneten Finanzierungsmöglichkeit (vgl. insoweit Art. 88 Abs. 1, 3 LSA-Verf) über eine Umlage deshalb zurücktreten müssten, weil das Land jedenfalls „abundante Gemeinden“ um des innergemeindlichen Finanzausgleichs willen „abschöpfen“ will.
{RN:76}
Bei diesem Hintergrund kann wiederum nur im Einzelfall und nicht schon generell angenommen werden, dass das Hinzutreten auch noch der Finanzausgleichsumlage zu den anderen Umlagen in verfassungsrechtlich erheblicher Weise in die gemeindliche Finanzhoheit eingreift oder zu einer Nivellierung führt.
{RN:77}
2.2.1.3. Verfassungsgemäß ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Regelung des § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05; denn es ist systemgerecht, bei der Berechnung der Umlage nach § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 in gleicher Weise auf allein statistische (§ 20 Abs. 5 LSA-FAG-05) oder gleichwertige (§ 20 Abs. 6 LSA-FAG-05) Unterlagen zurückzugreifen wie bei der unmittelbaren Anwendung der §§ 7, 8 LSA-FAG-05. Dies sichert die Vergleichbarkeit der Daten für die Gemeinden innerhalb einer Gruppe deshalb, weil sie nach den gleichen Grundsätzen erhoben werden, die durch Bundesrecht vorgegeben sind (vgl. §§ 1, 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz) - BStatG - vom 22.01.1987 [BGBl I 462, 565], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.06.2005 [BGBl I 1534, 1535], sowie die näheren Vorschriften im Gesetz über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personalstatistikgesetz) - FPStatG - i. d. F. d. Bek. v. 22.02.2006 [BGBl I 438]).
Bei diesem Ergebnis kann unerörtert bleiben, ob die ausdrücklich nur für die „Leistungsgewährung“ geschaffenen § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05 entsprechend auf die Fälle des § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 angewendet werden sollen.
{RN:78}
2.2.1.4. Ohne Auswirkung ist allerdings die Rüge der Beschwerdeführerin, sie müsse die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 zahlen, ohne allgemeine Zuwendungen nach §§ 5 ff LSA-FAG-05 zu erhalten; denn dies liegt am Berechnungssystem der §§ 7, 8 LSA-FAG-05, das in beiden Fällen auf den Vergleich der Bedarfsmesszahl mit der Steuerkraftmesszahl der Gemeinde abstellt.
{RN:79}
Gleichfalls unerheblich ist die Erwägung, die Beschwerdeführerin müsse nunmehr auf Leistungen nach Art. 87 Abs. 3 LSA-Verf bestehen, nachdem die Finanzausgleichsumlage eingeführt worden sei; denn abgesehen davon, dass die Gegenstände nicht bezeichnet sind, für welche eine Kostenbeteiligung des Landes erwartet wird, kann die Beschwerdeführerin etwaige gesetzliche Regelungen nach Ablauf der Jahresfrist nicht mehr nachträglich angreifen, wenn sie sich jetzt erst durch sie belastet fühlt (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 471 [476]).
{RN:80}
2.2.2. Die gegenwärtig geregelte Finanzausgleichsumlage ist indessen mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) so nicht vereinbar, weil das Finanzausgleichsgesetz keine Vorsorge dagegen trifft, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus „abgeschöpft“ wird oder sie in eine Position „nivelliert“ wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden erheblich schlechter stellt.
Eine konkrete Einzelfälle berücksichtigende Ausnahmeregelung ist erforderlich (2.2.2.1.); sie ist im bisherigen Finanzausgleichsgesetz nicht enthalten (2.2.2.2.) und kann auch nicht im Weg verfassungskonformer Auslegung hineininterpretiert werden (2.2.2.3.).
{RN:81}
2.2.2.1. Mögen auch - wie sich im Abschnitt 2.2.1. gezeigt hat - einzelne Elemente der Berechnungsmethoden generell verfassungsgemäß sein, so ist doch auch angesichts der Modellrechnung der Landesregierung für einen konkreten Zeitraum nicht auszuschließen und von ihr - insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2006 - auch nicht in Abrede gestellt worden, dass die strikte Anwendung der Berechnung im Einzelfall die verfassungsrechtlichen Grenzen bei einer einzelnen Gemeinde in einzelnen Jahren überschreiten kann.
Dies gilt vor allem für den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Mindestausstattung mit Finanzmitteln zur Erfüllung eigener Aufgaben, aber gleichermaßen für die nach den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich behandelte Gefahr der verbotenen Nivellierung; hier wird die Grenze - unabhängig von der Frage ausreichender Finanzausstattung - bereits überschritten, wenn die Finanzkraft der umlagepflichtigen Gemeinden verändert wird. Insoweit ist wegen der Ähnlichkeit der Grundsätze über den Länderfinanzausgleich einerseits (Art. 107 GG) und des interkommunalen Finanzausgleichs andererseits (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 72, 330 [418 f]; 86, 148 [250 f]) im Kern übertragbar. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich - wie die Landesregierung vorträgt - schon durch Veränderungen der äußeren Umstände bei den allgemeinen Zuweisungen der Rangplatz einer Gemeinde innerhalb ihrer Gruppe jährlich ändern kann und geändert hat, sondern allein darauf, ob die Gemeinde bei einer bestimmten Jahresberechnung nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 ihren besseren Rangplatz allein dadurch verliert, dass sie zu Gunsten der übrigen Gemeinden eine Finanzausgleichsumlage in bestimmter Höhe zahlen muss.
{RN:82}
Die Gefahr, dass entweder übermäßig in die kommunale Finanzhoheit eingegriffen wird oder dass eine Nivellierung stattfindet, ist nicht bereits durch die in § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 selbst gesetzten Erhebungsgrenzen offensichtlich ausgeschlossen. Sie entsteht, weil sich bei der Berechnung „fiktive“ Hebesätze und / oder die Anrechnung auch der Gewerbesteuerumlage und / oder die Kumulation von Umlagen im Einzelfall negativ auswirken können.
{RN:83}
Der Auffassung der Landesregierung, hierüber könne jeder „sachlich vertretbare“ Grund hinweghelfen, ist nicht zu folgen. Ganz abgesehen davon, dass sie nur zur Frage der Nivellierung vertreten wird, kann sie auch dort mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VfGH RP, Entschdg. v. 30.01.1998 - VGH N 2/97 -, DÖV 1998, 505 ff) nicht begründet werden; denn die Entscheidung befasst sich allein mit der Frage, ob ein sachlicher Grund es rechtfertigen könnte, „bedürftigen“ Gemeinden Mittel so zuzuweisen, dass Finanzkraftunterschiede nivelliert werden (VfGH RP DÖV 1998, 505 [Leitsatz 2]). Hier geht es aber um die Frage, ob bei einer sog. „abundanten“ Gemeinde Mittel abgeschöpft werden dürfen. Die Landesregierung kann ihre Auffassung auch nicht damit rechtfertigen, dass in anderen Bundesländern gleichfalls „abundante Gemeinden“ abgeschöpft würden und dass dies für Niedersachsen die Billigung des dortigen Staatsgerichtshofs gefunden habe; denn dieser hat die Beteiligung steuerkräftiger Gemeinden nur im Grundsatz gebilligt, aber deutlich darauf hingewiesen, dass die angemessene Finanzausstattung der betroffenen Gemeinde nicht in Frage gestellt werden (Antasten eines „substantiellen Finanzspielraums zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung) und keine Nivellierung stattfinden darf (NdsStGH, LVerfGE 12, 255 [281]).
{RN:84}
Eine Vorsorge gegen die Gefahr der verfassungsrechtlich erheblichen Grenzüberschreitung aus einem der beiden Gründe ist nicht dadurch zu treffen, dass das zuständige Ministerium zusichert, den notwendigen Ausgleich „bei der Haushaltsaufstellung“ vorzunehmen, dass das Land sonst einen verfassungskonformen Ausgleich verspricht oder eine bestimmte Handhabung durch ministerielle Erlasse absichert. Vielmehr ist es gerade wegen der generalisierenden Berechnung erforderlich, dass das Gesetz selbst den denkbaren Ausnahmefall entweder regelt oder wenigstens die Ermächtigung schafft, im Einzelfall der Grenzüberschreitung von der Erhebung der Finanzausgleichsabgabe abzusehen oder sie zu mindern.
{RN:85}
Das Land kann sich nicht mit Erfolg auf die bisherige Rechtsprechung im Land Sachsen-Anhalt berufen.
Soweit das Landesverfassungsgericht den Kommunen im Rahmen der Finanzausstattung nach Leistungsfähigkeit des Landes auch eine Verschuldung zugemutet hat (LVerfGE 11, 429 [455 f]), betraf dies ausschließlich den Umfang der Leistungen des Landes an die Gemeinden aus Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf (vgl. den Zusammenhang mit S. 454 a. a. O.) und rechtfertigt es nicht im Rahmen des Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf, die Gemeinden, bei denen die Finanzausgleichsabgabe abgeschöpft werden soll, „in die Verschuldung zu treiben“.
Ohne Aussagewert ist, ob und in welchem Umfang die Gleichwertigkeit oder Gleichgewichtigkeit von staatlichen und kommunalen Aufgaben anzunehmen ist (Hinweis auf LVerfGE 11, 429 [456]); denn es geht nicht um die Leistungsfähigkeit des Landes im Rahmen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf - nur diese Bestimmung wird in dem Zitat ausdrücklich benannt -, sondern um einen durch Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf zugelassenen interkommunalen Finanzausgleich.
Die Ansicht, der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers könne sich auf abstrakt-generelle Aussagen beschränken, ohne auf die Verhältnisse in einer konkreten Gemeinde abzustellen (LVerfGE 11, 429 [457 f]), schließlich bezog sich wiederum nur auf Fragen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf, hier konkretisiert, inwieweit das Land den Kommunen Sparverhalten zumuten darf, wenn es sich selbst bei seinem eigenen Haushalt daran nicht hält. Daraus ist keinesfalls abzuleiten, dass sich der Landesgesetzgeber generell mit allein abstrakten Regelungen begnügen darf, wenn er Eingriffe in die Finanzhoheit von Kommunen vornimmt, indem er bei diesen vorgeblich „überschüssige“ Finanzmittel abschöpft.
Auch der Rückgriff auf die zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA, Urt. v. 06.05.2003 - 1 L 498/02 -) versagt; denn sowohl aus dem Leitsatz (2) als auch aus dem Begründungstext (Intranet-Ausdruck, S. 4 f) folgt, dass es sich um das Ausmaß einer Privilegierung (hier: Ausnahme von einer strengen Abgabenpflicht) handelte, bei welcher das Gericht hingenommen hat, dass angesichts der vorzunehmenden Auslegung sich auch solche Beitragspflichtigen auf die Privilegierung berufen können, für welche sie nach dem Willen des Gesetzgebers ursprünglich nicht gedacht war. Anwendungsfall ist dort das Ausmaß einer Begünstigung, nicht - wie hier - der Umfang einer Belastung.
{RN:86}
Hingenommen werden kann, dass nicht jeder denkbare Einzelfall ausdrücklich im Gesetz selbst abstrahierend geregelt ist; dann aber muss eine gesetzliche Regelung zur Handhabung von Ausnahmefällen vorhanden sein, um den Verfassungsverstoß zu vermeiden.
{RN:87}
2.2.2.2. Eine solche, die verfassungsrechtliche Grenze berücksichtigende Regelung ist im bisherigen Finanzausgleichsgesetz nicht enthalten. Sie folgt auch nicht aus § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05.
Schon sein Wortlaut zeigt, dass die Bestimmung Härten bei Durchführung des Gesetzes ausgleichen und dabei auf den „Ausgleichsstock“ zurückgreifen will. § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 regelt m. a. W. nur, wann Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ zu erhalten, nicht wann in diesen einzuzahlen ist. Wenn zusätzliche Leistungen gewährt werden sollen, wird verfassungsrechtlich äußerstenfalls der Leistungsanspruch der Gemeinden gegen das Land aus Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf betroffen. Bei § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 handelt es sich aber nicht um die Frage der Leistungsgewährung, sondern darum, ob und in welchem Umfang das Land in eine vorhandene Finanzausstattung eingreifen darf, um interkommunalen Finanzausgleich i. S. des Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf zu veranstalten. Um eine verfassungswidrige Umlage abzuwehren, kann die betroffene Gemeinde schwerlich auf Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ verwiesen werden; denn sie müsste gleichsam vorleisten, um sich anschließend subventionieren zu lassen. Dieses Missverhältnis lässt nicht dadurch lösen, dass Umlage und potenzielle Leistung mit einander verrechnet werden.
{RN:88}
Das folgt vor allem daraus, dass die „Härteregelung“ des § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 auf „den Ausgleichsstock“ und damit auf die übrigen Regelungen des § 12 LSA-FAG-05 verweist, wonach die Leistung im Ermessen der Landesverwaltung steht sowie von Bedingungen oder Auflagen abhängig gemacht werden kann (§ 12 Abs. 5 LSA-FAG-05) und wonach bei Haushaltsfehlbeträgen verlangt werden darf, dass die Gemeinde ein Haushaltskonsolidierungskonzept aufstellt (§ 12 Abs. 3 S. 3 LSA-FAG-05).
{RN:89}
Ganz abgesehen davon wären mit einer „Verrechnung“ von Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ nur die Fälle zu erfassen, in welchen die Umlage die Grenzen der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinde überschreitet, nicht aber auch der weiter zu berücksichtigende Fall der verfassungswidrigen Nivellierung.
{RN:90}
2.2.2.3. Diese Lücke lässt sich nicht im Weg verfassungskonformer Auslegung schließen; denn sie kommt nur in Betracht, wenn eine Gesetzesauslegung nach den üblichen Methoden (Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte) zu widerstreitenden Ergebnissen führt; dann kann nur diejenige Auslegung gelten, welche der Verfassung entspricht, wie das Landesverfassungsgericht in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat (LVerfG LSA, Urt. v. 29.08.2000 - LVG 1/00 -, LVerfGE 11, 462 [475], unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 15.06.1983 - 1 BvR 1012/79 -, BVerfGE 64, 229 [242], m. w. Nachw.; Urt. v. 24.04.1985 - 2 BvF 2-4/83, 2/84 -, BVerfGE 69, 1 [55]).
{RN:91}
An dieser Voraussetzung fehlt es; denn das Landesverfassungsgericht kann § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 nicht über den geregelten „Härtefall“ hinaus - etwa im Weg der Analogie, für die es ohnedies an der notwendigen gesetzgeberischen Lücke fehlen würde - aus eigener Macht eine weiter gehende Bedeutung beimessen. Damit würde es gegen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verstoßen.
{RN:92}
Dieser hat nämlich außer der Variante, die bisherige Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 mit ihrem Rückgriff auf §§ 7, 8 LSA-FAG-05 bestehen zu lassen und lediglich die Grenzüberschreitung zu verhindern, auch andere Möglichkeiten, die Grenzen der finanziellen Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) zu wahren:
Er kann die Bedingung für eine „Abschöpfung“ im § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 so hoch setzen, dass es nach Modellrechnungen niemals zu einem verfassungswidrigen Eingriff in die Kommunalfinanzen oder zu einer verbotenen Nivellierung kommen kann; er kann versuchen, dasselbe Ergebnis dadurch zu erreichen, dass er bei der Berechnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 („gewogener Durchschnitt“) für die Umlage auf die „fiktiven Hebesätze“ verzichtet und / oder bei der Berechnung der Steuerkraftmesszahl nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 für die Umlage nur von den Nettobeträgen (Ausgangsbeträge abzüglich Gewerbesteuerumlage) ausgeht und / oder andere Umlagen anrechnet. Das „Bruttoprinzip“ bei der Grundberechnung nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 beizubehalten und für die Berechnung der Finanzausgleichsumlage gleichwohl das „Nettoprinzip“ einzuführen, dürfte weder systemfremd sein noch sonst dem Gleichheitssatz widersprechen. Auch die vom Landkreistag gegen das „Nettoprinzip“ vorgebrachten Einwände beziehen sich allein auf die Auswirkungen für die Erhebung der Kreisumlage.
{RN:93}
2.3. § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 ist mangels einer gesetzlichen Regelung zur Handhabung von Besonderheiten im Einzelfall mit Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf unvereinbar. Das Landesverfassungsgericht stellt nur die Unvereinbarkeit, nicht die Nichtigkeit der Norm fest. Die Feststellung der Unvereinbarkeit beruht auf § 41 S. 1 LSA-VerfGG (2.3.1.). Für eine Fristsetzung zur Nachbesserung fehlt es an einer rechtlichen Grundlage (2.3.2.).
{RN:94}
2.3.1. § 41 S. 1 LSA-VerfGG, der für die kommunale Verfassungsbeschwerde entsprechend anwendbar ist (§§ 51 Abs. 2; 50 LSA-VerfGG), lässt dem Gericht die Wahl, die verfassungswidrige Norm entweder für nichtig oder für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt eine Unvereinbarkeits- an Stelle einer Nichtigkeitserklärung u. a. dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (BVerfG, Urt. v. 28.04.1999 - 2 BvR 1926/96, 485/97 -, BVerfGE 100, 104 [136]; Beschl. v. 18.01.2000 - 1 BvR 321/96 -, BVerfGE 101, 397 [409]; zuletzt Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, JURIS, RdNrn. 146 ff). Diese Möglichkeit lässt das Landesverfassungsgerichtsgesetz mit seiner Wortwahl auch im Landesrecht zu. Der Landesgesetzgeber kann dem gesetzgeberischen Defizit in diesem Fall auf verschiedene Weise begegnen: Er kann eine entsprechende Ausnahmeregelung in das Gesetz aufnehmen, den Berechnungsmodus verändern oder die Abgabe ganz abschaffen.
Die Unvereinbarkeitsvariante zu wählen, erscheint auch deshalb angemessen, weil die Wirkungen des kommunalen Finanzausgleichs als Bestandteil der gesamten Finanzwirtschaft des Landes und der Kommunen auf Grund einer nachträglichen verfassungsgerichtlichen (Ergebnis-)Kontrolle praktisch nicht rückwirkend beseitigt werden können (ThürVerfGH, Urt. v. 21.06.2005 - VerfGH 28/03 -, JURIS, Abschn. C. III. 2.).
{RN:95}
2.3.2. § 41 LSA-VerfGG gibt dem Landesverfassungsgericht allerdings nur die Rechtsmacht, den Feststellungsausspruch zu wählen; zu einer Fristsetzung gegenüber dem Landesgesetzgeber oder gar zu einer Anordnung, dass bei den Fachgerichten bereits anhängige Verfahren als ausgesetzt gelten (so aber VfGH RP, Urt. v. 25.01.2006 - VGH B 1/05 -), ermächtigen weder das sachsen-anhaltische Landesverfassungsgerichtsgesetz selbst noch die durch es in Bezug genommenen (§ 33 Abs. 2 LSA-VerfGG) Bundesgesetze Verwaltungsgerichtsordnung oder Zivilprozessordnung. Das Landesverfassungsgericht hat deshalb in der Vergangenheit keine Frist verfügt, sondern ist lediglich davon ausgegangen, dass die „Unwirksamkeit“ einer verfassungswidrigen Bestimmung fortwirkt, bis der Landesgesetzgeber selbst von sich aus auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit reagiert hat (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 [441, 456] = 11, 429 [430, 448 f]).
Soweit die Unwirksamkeit in der Praxis des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig auch eine Fristsetzung zur Folge hat (vgl. zuletzt: BVerfG, Beschl. v. 06.12.2005 - 2 BvL 3/03 -, BGBl 2006 I 276, FamRZ 2006, 182 ff), beruht dies nicht zuletzt auf der Ermächtigung des § 35 BVerfGG an das Gericht, selbst für die Vollstreckung des Urteils zu sorgen.
{RN:96}
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 32 LSA-VerfGG.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (Absatz 1).
{RN:97}
Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ist anzuordnen (Absatz 3), weil bei der Kommunal-Verfassungsbeschwerde eine dem § 2 Nr. 7 LSA-VerfGG (vgl. dazu § 32 Abs. 2 LSA-VerfGG) ähnliche Interessenlage besteht und weil es sich um besonders schwierige Rechtsfragen handelt, welche zu beurteilen der kreisangehörigen Gemeinde ohne rechtskundigen Rat nicht zugemutet werden kann.
« zurück§ 19a des Finanzausgleichsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2004 (LSA-GVBl., S. 840) - FAG-ÄG - ist mit der verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 der Landesverfassung garantierten finanziellen kommunalen Selbstverwaltung unvereinbar.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Land erstattet der Beschwerdeführerin deren außergerichtliche Kosten.
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(Die grauen Ziffern über den Absätzen sind durchlaufende Absatznummern
[Randnummern].)
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Tatbestand
{RN:1}
1. Die Beschwerdeführerin, eine - am 01.07.2004 aus den früheren Gemeinden Barleben, Ebendorf und Meitzendorf entstandene - kreisangehörige Gemeinde mit 9.118 Einwohnern, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehört, wird zu einer Kreisumlage sowie einer Gewerbesteuerumlage herangezogen. Diese Finanzierungsverpflichtungen beruhen im Einzelnen auf folgenden rechtlichen Grundlagen:
{RN:2}
a) § 67 der Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LSA-LKO - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 598), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2006 (LSA-GVBl., S. 128 [134]):
(1) ...
(2) 1 Der Landkreis kann, soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen Finanzbedarf zu decken, von den kreisangehörigen Gemeinden und gemeindefreien Grundstücken nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Umlage erheben (Kreisumlage). 2 Die Höhe der Kreisumlage ist in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen.
{RN:3}
b) § 16 des Finanzausgleichsgesetzes vom 31.01.1995 (LSA-GVBl., S. 41), i. d. F. d. Bek. v. 01.07.1999 (LSA-GVBl., S. 204), vor der hier streitigen Änderung (vom 21.12.2004 [LSA-GVBl., S. 840]) zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2003 (LSA-GVBl., S. 357) - LSA-FAG 99 -:
(1) 1 Soweit die übrigen Einnahmen den Finanzbedarf eines Landkreises nicht decken, erhebt er eine Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden (Kreisumlage). 2 Die Umlage wird in der Haushaltssatzung in Vomhundertsätzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesätze) bemessen.
(2) 1 Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehörigen Gemeinden nach § 8 Abs. 2 sowie 80 v. H. der an sie geflossenen allgemeinen Zuweisungen im vorvergangenen Haushaltsjahr.
2 Werden die Umlagesätze verschieden festgesetzt, soll der höchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel übersteigen.
{RN:4}
c) § 6 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetzes) - GemFinRefG - i. d. F. d. Bek. v. 04.04.2001 (BGBl I 482), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06.09.2005 (BGBl I 2725):
(1) 1 Die Gemeinden führen ... eine Umlage an das ... Finanzamt ab. 2 ....
(2) 1 Die Umlage wird in der Weise ermittelt, dass das Istaufkommen der Gewerbesteuer im Erhebungsjahr durch den von der Gemeinde für dieses Jahr festgesetzten Hebesatz der Steuer geteilt und mit dem Vervielfältiger nach Absatz 3 multipliziert wird. 2 Das Istaufkommen entspricht den Isteinnahmen nach der Jahresrechnung ...
(3) 1 Der Vervielfältiger ist die Summe eines Bundes- und Landesvervielfältigers für das jeweilige Land. 2 Der Bundesvervielfältiger beträgt im Jahr 2004 20 vom Hundert, im Jahr 2005 19 vom Hundert und ab dem Jahr 2006 16 vom Hundert. 3 Der Landesvervielfältiger für die Länder ... Sachsen-Anhalt ... beträgt im Jahr 2004 26 vom Hundert, im Jahr 2005 25 vom Hundert und ab dem Jahr 2006 22 vom Hundert. 4-6 ....
(4)-(7) ...
(8) Die Landesregierungen können nähere Bestimmungen über die Festsetzung und Abführung der Umlage durch Rechtsverordnung treffen.
{RN:5}
d) § 6 der Verordnung zur Durchführung des Gemeindereformgesetzes i. d. F. d. Bek. v. 19.10.1998 (LSA-GVBl., S. 430) - LSA-DVO-GemFinRefG -, zuletzt geändert durch Verordnung vom 09.10.2003 (LSA-GVBl., S. 262):
(1) 1 Die Gemeinden melden die abzuführende Gewerbesteuerumlage bis zum 10. Januar des auf das Erhebungsjahr folgenden Jahres sowie die nach § 6 Abs. 7 Satz 2 des Gemeindereformgesetzes zu leistenden Abschlagszahlungen und deren Berechnungsgrundlagen bis zum 10. April, 10. Juli und 10. Oktober für das vorhergehende Kalendervierteiljahr dem Statistischen Landesamt. 2 Die Form der Meldungen bestimmt das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen.
(2) Bis zum 15. Dezember leisten die Gemeinden eine Vorauszahlung auf die Schlussabrechnung in Höhe der zum 1. November geleisteten Abschlagszahlung, jedoch nicht mehr als sie nach § 3 Abs. 3 erhalten.
{RN:6}
Die Gemeinden erheben die Gewerbesteuer nach § 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - i. d. F. d. Bek. v. 15.10.2002 (BGBl I 4167), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.12.2004 (BGBl I 1653), als Gemeindesteuer auf der Grundlage eines von der Finanzverwaltung festgesetzten Steuermessbetrags nach Ablauf des Erhebungszeitraums (§ 14 Abs. 1 GewStG) durch einen von der Gemeinde festzulegenden Hebesatz (§ 16 Abs. 1 GewStG), der 200 vom Hundert nicht unterschreiten darf (§ 16 Abs. 4 S. 2 GewStG).
{RN:7}
Die Beschwerdeführerin wird außerdem zu einer Finanzausgleichsumlage auf der Grundlage des § 19a des Finanzausgleichsgesetzes herangezogen. Die Bestimmung wurde durch das Änderungsgesetz vom 21.12.2004 (LSA-GVBl., S. 840) - LSA-FAG-ÄG - mit folgendem Inhalt in das Finanzausgleichsgesetz eingefügt:
§ 19a Finanzausgleichsumlage
(1) 1 Übersteigt die Steuerkraftmesszahl (§ 8) einer kreisangehörigen Gemeinde ihre Bedarfsmesszahl (§ 7) um mehr als 50 v. H., führt sie 30 v. H. des über diesem Grenzwert liegenden Betrages in monatlichen Raten zum letzten Tag des Monats als Finanzausgleichsumlage ab. 2 Die Finanzausgleichsumlage wird dem Ausgleichsstock (§ 12) zugeführt. 3 Jahresbeträge unter 1.000 € sind nicht abzuführen. 4 Davon ausgenommen sind Gemeinden, deren Verschuldung das Eineinhalbfache der durchschnittlichen Verschuldung der Gemeinden der entsprechenden Gemeindegrößenklasse übersteigt.
(2) Die Finanzausgleichsumlage verändert die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kreis- und Verwaltungsgemeinschaftsumlage nicht.
{RN:8}
Das geltende Finanzausgleichsgesetz (i. d. F. d. Neu-Bek. v. 14.10.2005 [LSA-GVBl., S. 646] - LSA-FAG-05 -) enthält außerdem folgende Regelungen:
§ 3 Bereitstellung
(1)-(2) ...
(3) 1 Die Finanzausgleichsmasse für ein Haushaltsjahr wird nach den Ansätzen des von der Landesregierung beschlossenen Haushaltsplanentwurfs vorläufig und nach Ablauf des Haushaltsjahres gemäß der Haushaltsrechnung endgültig festgestellt. 2-3 ... 4 Der Unterschied zwischen der vorläufigen und der endgültigen Finanzausgleichsmasse ist spätestens mit der Finanzausgleichsmasse des zweitfolgenden Jahres zu verrechnen. 5 In den Ausgleich können auch nicht verausgabte Ausgleichsstockmittel einbezogen werden. 6 ...
(4) ...
§ 7 Bedarfsmesszahl
(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich durch Vervielfältigung des Hauptansatzes nach Absatz 2 mit dem Grundbetrag nach Absatz 3.
(2) Der Hauptansatz wird für Gemeinden und Landkreise unterschiedlich definiert:
1. bei den Gemeinden wird als Hauptansatz der Rechenwert bezeichnet, der sich aus der Vervielfältigung der Einwohnerzahl dieser Gemeinde mit dem für sie aus der Anlage zu ermittelnden Vomhundertsatz ergibt;
2. bei den Landkreisen ...
(3) Der Grundbetrag ist ein durch Näherung bestimmter Wert, der auf fünf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt wird, dass die zur Verfügung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch möglich aufgebraucht wird.
§ 8 Steuerkraftmesszahl für Gemeinden
(1) Die Steuerkraftmesszahlen werden berechnet, indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuern A und B, der Gewerbesteuer, der Gemeindeanteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs zusammengezählt werden.
(2) Als Steuerkraftzahlen werden angesetzt:
1. bei der Grundsteuer A und B die Ausgangsbeträge vervielfältigt mit 80 v. H. des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze,
2. bei der Gewerbesteuer der Durchschnittsbetrag der Ausgangsbeträge des in Absatz 3 genannten Zeitraums vervielfältigt mit 80 v. H. des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze,
3. bei den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs die Ausgangsbeträge mit 80 v. H.
(3) 1 Die Ausgangsbeträge der Grundsteuer A und B werden durch Teilung des jeweiligen Ist-Aufkommens im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz errechnet. 2 Bei der Gewerbesteuer wird ein Zeitraum von drei Jahren berücksichtigt. 3 Die Ausgangsbeträge werden für jedes Jahr getrennt ermittelt. 4 Dazu wird zunächst das Ist-Aufkommen der Gewerbesteuer durch den im jeweiligen Zeitraum geltenden Hebesatz geteilt. 5 Zur Bildung eines Durchschnittswertes wird aus den Jahreswerten eine Summe gebildet, die dann durch drei geteilt wird. 6 Ausgangsbeträge für die Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sowie des Familienleistungsausgleichs sind das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr.
(4) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl für kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte erfolgt jeweils gesondert.
(5) ...
§ 12 Ausgleichsstock
(1) 1 Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht. 2 Daneben dient er der Vermeidung besonderer Härten bei der Durchführung dieses Gesetzes.
(2) Dem Ausgleichsstock wird die in § 4 Nr. 4 bezeichnete Teilmasse zugewiesen.
(3) 1 Leistungen aus dem Ausgleichsstock können auf Antrag gewährt werden. 2 Antragsberechtigt sind auch rechtlich selbständige kommunale Gemeinschaftseinrichtungen. 3 Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbeträgen dienen, ist dem Antrag ein von der Vertretungskörperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufügen.
(4) Als Notlage gilt insbesondere der Fall, dass die Einnahmemöglichkeiten einer Kommune zur Erfüllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen.
(5) 1 Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht. 2 Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknüpft werden.
§ 20 Einwohner und Gebiet
(1)-(4) ...
(5) Für der Leistungsgewährung zugrunde liegende Angaben sind die letztverfügbaren Daten der amtlichen Statistik zu verwenden, soweit nicht dieses Gesetz abweichende Bestimmungen trifft.
(6) Soweit für den Vollzug dieses Gesetzes Daten benötigt werden, die in der amtlichen Statistik nicht zur Verfügung stehen, können andere von den Landesbehörden erhobene oder überprüfte Daten zugrunde gelegt werden.
{RN:9}
2. Das Statistische Landesamt setzte durch Bescheid vom 29.03.2005 für das Jahr 2005 eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 4.054.623,00 € gegen die Beschwerdeführerin fest und forderte früher gewährte allgemeine Zuweisungen in Höhe von 145.998,00 € zurück.
Über den Widerspruch der Beschwerdeführerin vom 20.04.2005 hiergegen ist noch nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht Magdeburg stellte die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs fest (VG Magdeburg, Beschl. v. 01.09.2005 - 9 B 271/05 MD -); das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt wies die Beschwerde des Landesamts zurück (OVG LSA, Beschl. v. 15.03.2006 - 4 M 307/05 -). Beide Gerichte hielten lediglich (formell) § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht für anwendbar, ohne eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen.
{RN:10}
3. Die „Finanzausgleichsumlage“ des § 19a LSA-FAG-05 geht auf den Regierungsentwurf für das streitige Änderungsgesetz zurück (RegEntw-FAG-ÄG-04: LdTg-Drs. 4/1835 v. 06.10.2004). Zur Begründung war ausgeführt (RegEntw, Begr. zu Art. 1 Nr. 10 [a. a. O., S. 25]), steuerstarke Gemeinden, deren Finanzkraft den Finanzbedarf herausragend übersteige, sollten einen Teil dieses Überschusses aus Gründen interkommunaler Solidarität abführen; den betroffenen Gemeinden verblieben zwischen 70 und 99 % der über der Bedarfsmesszahl liegenden Einkünfte. Dies sei notwendig, um das Eigeninteresse an guten Gewerbesteuereinnahmen nicht zu sehr zu beeinträchtigen.
Zur gleichzeitigen Änderung des § 8 LSA-FAG-05 lässt sich der Regierungsentwurf dahin ein (RegEntw-FAG-ÄG-04, Begr. zu Art. 1 Nr. 3 [S. 21 f]), das Verfahren der Steuerkraftberechnung werde klarer gegliedert und als inhaltliche Änderung werde der Zeitraum der Anrechnung gemeindlicher Steuereinnahmen von einem Jahr auf drei Jahre ausgedehnt, um starke Schwankungen im Gewerbesteueraufkommen in ihren Auswirkungen auf die Finanzausgleichsleistungen zu mildern.
Als Stellungnahme des Städte- und Gemeindebunds Sachsen-Anhalt (SGSA) war im Vorblatt (RegEntw, a. a. O., S. 4) mitgeteilt, der Verband habe eine gewisse Sympathie für die Einführung einer Finanzausgleichsumlage, könne ihr aber wegen sehr unterschiedlicher Interessen der Mitglieder nicht vorbehaltlos zustimmen; die Änderung des § 8 werde begrüßt, allerdings sei zu fordern, auf die Gewerbesteuer netto (Gewerbesteuer abzüglich Gewerbesteuerumlage) abzustellen.
Als Stellungnahme des Landesrechnungshofs war im Vorblatt (RegEntw., a. a. O., S. 8) mitgeteilt, vor Erhebung einer Finanzausgleichsumlage sei die Schuldensituation der ausgleichspflichtigen Gemeinden angemessen zu berücksichtigen; Gewerbesteuereinnahmen sollten bei deutlich über dem Landesdurchschnitt liegenden Schuldenständen vorrangig zum Schuldenabbau verwendet werden.
Die Änderung des § 20 geht gleichfalls auf den Regierungsentwurf zurück (RegEntw zu Art. 1 Nr. 11 lit b, c [a. a. O., S 13]). Nach der Begründung (a. a. O., S. 25 f) soll Absatz 5 nur der Klarstellung dienen und Absatz 6 ausnahmsweise den Rückgriff lediglich auf solche Daten gestatten, die von Landesbehörden erhoben und geprüft seien.
{RN:11}
In der ersten Beratung des Regierungsentwurfs am 15.10.2004 (LdTg-StenBer 4/48, TOP 10) betonte der Minister des Innern (a. a. O., S. 3542 [r. Sp.]), aus Gründen der interkommunalen Solidarität solle ein Ausgleich zwischen steuerstarken und finanzschwachen Gemeinden herbeigeführt werden. Der Abgeordnete Doege [SPD] sah aus der Sicht seiner Fraktion noch „Diskussionsbedarf“, ob die Finanzausgleichsumlage wirklich zukunftsfähig sei (LdTg-StenBer 4/48, a. a. O., S. 3544 [r. Sp.]). Die Abgeordnete Dr. Hüskens [FDP] machte es vom Ergebnis der Ausschussberatungen abhängig, ob mit dem Gesetzentwurf die Neuverteilung gelungen sei, was sich nur mit Kenntnis der tatsächlichen finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen bewerten lasse (LdTg-StenBer 4/48, a. a. O., S. 3547 [r. Sp.]).
{RN:12}
In der Anhörung vom 21.10.2004 zu verschiedenen finanzpolitischen Fragen durch den Ausschuss für Finanzen und den Ausschuss für Inneres (vgl. Niederschrift über die gemeinsame öffentliche Sitzung, auf die sowie auf deren Anlagen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird) äußerte sich der SGSA zur Finanzausgleichsumlage (Niederschrift, S. 10):
Die betroffenen Kommunen seien ungeachtet eines Grundverständnisses nicht begeistert. Es werde befürchtet, dass sich die Abgabe auf die Gemeinden, welche sich in den vergangenen Jahren um eine konsequente Ansiedlung bemüht und dafür erhebliche Eigenmittel eingesetzt hätten, übermäßig belastend auswirken werde; deshalb sei es notwendig, sich die Einzelfälle detailliert anzusehen. Es mache keinen Sinn, bei Gemeinden, die nur wegen ihres niedrigen Hebesatzes hohe Gewerbesteuern erzielten, den Hebesatz hochzurechnen und etwas abzuschöpfen; das habe zur Folge, dass der betreffende Gewerbetreibende nicht nur die Gemeinde, sondern auch das Land verlasse. Außerdem sei bei der Finanzausgleichsumlage nicht berücksichtigt, dass die Gemeinden von ihren Gewerbesteuereinnahmen bereits einen Teil als Gewerbesteuerumlage abzuführen hätten.
Zu § 8 hielt der SGSA an seiner Forderung fest, Basis der Kreisumlage dürfe nur das sein, was die Gemeinden tatsächlich behielten (Niederschrift, a. a. O., S. 17 [Dr. Kregel]).
Dem widersprach der Landkreistag (Niederschrift, a. a. O., S. 16/17 [Herr Theel]) mit der Erwägung, werde die Gewerbesteuerumlage bei der Berechnung der Steuerkraft abgezogen, müsse die Kreisumlage landesweit im Durchschnitt um etwa 2,5 % angehoben werden.
Auf andere als die statistischen Daten zurückzugreifen, hielt der SGSA in seiner schriftlichen Stellungnahme zu § 20 Abs. 6 (vom 21.10.2004, Anlage 1 zur Anhörung, S. 7) für sinnvoll; er bat aber um Konkretisierung, in welchen Fällen diese Vorschrift anwendbar sei.
{RN:13}
In der 68. Sitzung des Ausschusses für Finanzen (TOP 1) vom 25.11.2004 (Niederschrift, S. 5 ff) mahnte die Abgeordnete Fischer [SPD] eine „Überprüfung der Finanzausgleichsumlage“ an, weil die Gemeinde Sössen über die eigene Steuerkraft hinaus belastet werde (a. a. O., S. 5), während der Vertreter des Innenministeriums [Kirchmer] die auf ein Schreiben des Landrats des Landkreises Weißenfels zurückgeführte Darstellung bestritt und meinte, der Gemeinde Sössen verblieben im Zeitraum 2004 bis 2007 Steuereinnahmen in Höhe von etwa 30.000.000 € (a. a. O., S. 7). Der Abgeordnete Gallert [PDS] hielt die Kritik der steuerstarken Gemeinden für nicht nachvollziehbar (a. a. O., S. 7). Der Minister des Innern meinte, bei den Regelungen handele es sich um ein „Gesamtpaket“, das mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden sei und das gefährdet werde, wenn einzelne Punkte zur Disposition gestellt würden (a. a. O., S. 10). Der Ausschuss stimmte schließlich dem unveränderten Art. 1 des Regierungsentwurfs mit Mehrheit zu (a. a. O., S. 11).
{RN:14}
In der 43. Sitzung des Ausschusses für Inneres (TOP 3) vom 06.12.2004 (Niederschrift, S. 15 ff) wurde die Beschlussempfehlung an den Landtag erarbeitet. Der Abgeordnete Rothe [SPD] hielt das Problem der überproportional besteuerten Gemeinden für nicht gelöst (a. a. O., S. 17). Der Abgeordnete Wolpert [FDP] hielt es für eine Frage der Solidarität, dass die Reichen die Armen stützten (a. a. O., S. 17). Der Minister des Innern versicherte, der Fall, dass eine Gemeinde in einem Jahr mehr abführen müsse, als sie einnehme, könne im Rahmen der Haushaltsaufstellung berücksichtigt werden (a. a. O., S. 17). Dem Änderungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU vom 06.12.2004 zu Art. 1 Nr. 10 (Anlage 1 zur Niederschrift), der die Ergänzung des § 19a Abs. 1 um den heutigen Satz 4 für verschuldete Gemeinden vorsah, stimmte der Ausschuss - mit sieben Stimmen bei fünf Enthaltungen ohne Gegenstimmen - zu (Niederschrift, S. 17).
In der veränderten Fassung wurde Art. 1 Nr. 10 des Entwurfs angenommen (LdTg-Drs. 4/1931 vom 08.12.2004 [S. 10]; vgl. auch Niederschrift, S. 18: sieben gegen fünf Stimmen).
{RN:15}
§§ 7 und 8 sowie § 20 des Entwurfs blieben inhaltlich unverändert (LdTg-Drs. 4/1931 vom 08.12.2004 [S. 4-6, 10]).
{RN:16}
Während der Zweiten Beratung des Gesetzes im Landtag (TOP 5 im LdTg-StenBer 4/51 vom 16.12.2004 [S. 3763 ff]) verwies der Minister des Innern auf die Diskussion über die Finanzausgleichsumlage und den Grundsatz der interkommunalen Solidarität sowie darauf, dass die Ansiedlung auf günstigen Rahmenbedingungen beruhe, die ein Verdienst auch der Allgemeinheit seien, sowie auf Fördermittel zurückgingen (a. a. O., S. 3765 [l. Sp.]). Der Innenminister (ebda.) sowie die Abgeordnete Dr. Weiher [PDS] (a. a. O., S. 3765 [r. Sp.]) hoben die Einschränkung bei Verschuldung der Gemeinde hervor. Der Abgeordnete Madl [CDU] hielt das Ausgleichsinstrumentarium für sehr sinnvoll, um Liquiditätsprobleme bei den Kommunen zu vermeiden oder zumindest zu mildern (a. a. O., S. 3768 [l. Sp.]). Der Abgeordnete Wolpert [FDP] rechtfertigte die Finanzausgleichsumlage mit der Erwägung „Reich hilft Arm“ und betonte, dass seine Fraktion wegen der Ausnahmeregelung mit der Abgabe leben könne (a. a. O., S. 3772 [r. Sp.]).
Der Gesetzentwurf wurde mit Mehrheit beschlossen (a. a. O., S. 3773 [l. Sp.]).
{RN:17}
4. Die Beschwerdeführerin hat am 30.12.2005 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt die Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3; 87; 88 der Landesverfassung (LSA-Verf) garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung durch § 19a LSA-FAG-05 sowie die diese Regelung inhaltlich mit bestimmenden §§ 3 Abs. 3 S. 5; 7; 8; 12; 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05; dazu führt sie aus:
{RN:18}
(a) § 19a LSA-FAG-05 verstoße gegen die aus Art. 87; 88 Abs. 1 LSA-Verf herzuleitende Pflicht des Landes, die Kommunen finanziell angemessen auszustatten. Dieser Pflicht könne sich das Land nicht durch Rückgriff auf die Einnahmen „abundanter Gemeinden“ entledigen. Die Angleichung gemeindlicher Finanzkraft werde bereits durch den interkommunalen Finanzausgleich geleistet.
{RN:19}
(b) Handele es sich um eine Landespflicht, dann verstoße die Umlage gegen Art. 106 Abs. 6 S. 6 des Grundgesetzes (GG), weil es sich um keinen zulässigen Umlagezweck handele. Die Einnahmen aus der Umlage verblieben nicht im kommunalen Raum, sondern flössen dem durch das Land verwalteten „Ausgleichsstock“ zu; aus diesem würden sie nicht kraft Gesetzes, sondern nach Ermessen verteilt. Außerdem seien im § 19a LSA-FAG-05 anders als bei § 12 LSA-FAG-05 die kreisfreien Gemeinden nicht einbezogen.
{RN:20}
(c) § 19a LSA-FAG-05 verstoße ferner gegen das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG und nach Art. 2 Abs. 3; 87 LSA-Verf.
Ihr, der Beschwerdeführerin, werde durch die Finanzausgleichsumlage mehr genommen als sie einnehme bzw. auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen ausgebe. Sie könne über ihren Haushalt nicht mehr frei bestimmen. Ab 2006 sei der Haushalt nur noch durch Abschmelzen der Rücklage ausgleichbar.
{RN:21}
(d) Die Regelung sei unverhältnismäßig und verstoße gegen das Willkürverbot.
{RN:22}
Abgestellt werde auf die Bruttoerträge aus der Gewerbesteuer; an diesem Aufkommen seien aber bereits der Bund und das Land durch die Gewerbesteuerumlage beteiligt. Bei der Kreisumlage und bei der Finanzausgleichsumlage würden demnach Einnahmen mit berücksichtigt, welche den Gemeinden gar nicht mehr zur Verfügung ständen. Diese Doppelberücksichtigung sei willkürlich. Über die vereinnahmte Gewerbesteuer könne sie, die Beschwerdeführerin, nur zu einem geringen Anteil frei verfügen; seien es vor Einführung der Finanzausgleichsumlage noch ca. die Hälfte der Einnahmen gewesen, so sei es nunmehr lediglich noch ca. ein Viertel. Das Verlangen, den Hebesatz zu erhöhen, beseitige die Freiheit finanzieller Eigenverantwortung; die Erhöhung werde nicht verhindern, dass ca. 75 % der Einnahmen abgeschöpft würden. Im Ergebnis habe die Gemeinde gar keinen Spielraum mehr, den Hebesatz zu senken, weil sie sonst mit einer völligen Aufzehrung der Steuereinnahmen rechnen müsse; dies sei die Konsequenz des „fiktiven Hebesatzes“.
{RN:23}
Darüber hinaus sei es willkürlich, die Finanzausgleichsumlage auf Gemeinden ab einem bestimmten Verschuldungsgrad entfallen zu lassen. Während der Verschuldungsgrad von den tatsächlichen Verhältnissen ausgehe, orientiere sich die Berechnung der Steuermesszahl an einem fiktiven Hebesatz. Ein sachlicher Grund für diesen Unterschied sei nicht erkennbar.
Aus den gleichen Gründen handele es sich um einen Wertungswiderspruch, weil die Bedarfsmesszahl nicht an den tatsächlichen Verhältnissen orientiert sei.
{RN:24}
Die Auswirkungen der Finanzausgleichsumlage auf ihre, der Beschwerdeführerin, tatsächliche Wirtschafts- und Finanzkraft lasse die Regelung des § 19a LSA-FAG-05 ebenfalls als unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig erscheinen. In diesem Zusammenhang sei § 20 Abs. 5 LSA-FAG-05 wegen seines Zusammenhangs mit den neuen Belastungen durch § 19a LSA-FAG-05 zu berücksichtigen. Es dürfe nicht lediglich das haushaltsrechtliche Defizit maßgeblich sein, sondern sämtliche Belastungen und Verbindlichkeiten einer Gemeinde seien mit zu berücksichtigen. Das gelte besonders für die Belastungen wegen ihrer Mitgliedschaft in dem Zweckverband „Technologie Ostfalen“, die Voraussetzung für die Erwirtschaftung von Gewerbesteuern für dessen Mitglieder sei.
{RN:25}
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde auch deshalb verletzt, weil sie, die Beschwerdeführerin, keine allgemeinen Zuweisungen nach § 5 Abs. 1 LSA-FAG-05 mehr erhalte. Solange die Finanzkraft ausreiche, alle Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises zu erfüllen, bestehe keine Notwendigkeit, sich Leistungen im übertragenen Wirkungskreis honorieren zu lassen. Wenn der Gesetzgeber aber durch eine Finanzausgleichsumlage so in die Finanzkraft eingreife, dass die Aufgaben nur noch mit großen Anstrengungen erfüllt werden könnten, bestehe ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben; das folge aus Art. 87 Abs. 3 S. 1 LSA-Verf.
{RN:26}
(e) § 19a LSA-FAG-05 verstoße schließlich gegen das Rückwirkungsverbot; es handele sich um einen Fall echter Rückwirkung, weil die Regelung in vergangene Tatbestände eingreife, indem sie durch § 8 LSA-FAG-05 auf einen Drei-Jahres-Zeitraum für die Bewertung der Gewerbesteuer abstelle.
{RN:27}
(f) Im Übrigen sei sie, die Beschwerdeführerin, vor der Beschlussfassung der Finanzausgleichsumlage nicht angehört worden, was wegen der weitreichenden finanziellen Auswirkungen erforderlich gewesen sei. Aus Art. 90 LSA-Verf sei abzuleiten, dass ein Anhörungsrecht der Gemeinden bei schwer wiegenden Eingriffen anerkannt werden müsse. Dieses werde durch das gesetzlich festgelegte Anhörungsrecht der kommunalen Spitzenverbände nicht ersetzt.
{RN:28}
Die Beschwerdeführerin beantragt,
festzustellen, dass § 19a des Finanzausgleichsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (LSA-GVBl, S. 840) mit dem in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 der Landesverfassung garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung unvereinbar oder nichtig ist.
{RN:29}
5.1. Der Landtag hat am 16.02.2006 beschlossen, sich nicht zu äußern.
{RN:30}
5.2. Die Landesregierung entgegnet: Eine Verfassungswidrigkeit sei nicht schlüssig dargelegt.
{RN:31}
(a) Die Beschwerdeführerin könne sich nicht auf Art. 106 Abs. 6 S. 6 des GG berufen; diese Norm könne weder unmittelbar vom Landesverfassungsgericht geprüft werden, noch komme eine Vorlage nach Art. 100 GG in Betracht. Außerdem sei die Finanzausgleichsumlage mit der Bundesverfassung vereinbar.
Dass die Mittel des „Ausgleichsstocks“ nur auf Antrag und nach Ermessen verteilt würden, schließe nicht aus, dass sie gerade wieder an die Gemeinden zurückflössen. Dies werde zusätzlich durch Erlasse des Innenministeriums gesichert. Die nicht verausgabten Mittel würden auch nicht Teil der Schlüsselzuweisungen; nur die Landesmittel würden der Finanzausgleichsmasse zugewiesen. § 3 Abs. 3 S. 5 LSA-FAG-05 habe lediglich das Ziel, die Mittel ohne weiteren Verwaltungsaufwand weiterhin einer dem Sinn und Zweck der Erhebung der Finanzausgleichsumlage dienenden Verwendung zuzuführen.
{RN:32}
(b) Das Änderungsgesetz sei nicht mangels einer Anhörung der Beschwerdeführerin formell verfassungswidrig. Dabei könne offen bleiben, ob die Verfassung außerhalb der Gebietsänderungen eine Anhörung verlange; jedenfalls habe der Gesetzgeber Ermessen, wie er die Anhörung gestalte. So sei es als zulässig anerkannt, die Auffassung der Gemeinden unter Einschaltung der Landkreise erforschen zu lassen; das müsse dann erst recht gelten, wenn die kommunalen Spitzenverbände angehört würden.
{RN:33}
(c) Das Recht der Beschwerdeführerin auf kommunale Selbstverwaltung sei nicht verletzt.
Das Land müsse seiner Aufgabe, die Gemeinden finanziell angemessen auszustatten, nicht allein durch Landesmittel nachkommen, sondern dürfe auch für einen Ausgleich unterschiedlicher Einnahmepotenziale unter den Kommunen sorgen. Der Grundsatz der „Mindestausstattung“ gelte zudem nicht absolut, vielmehr dürfe den Kommunen eine Verschuldung zugemutet werden. Das Land habe einen Gestaltungsspielraum. Ob dieser überschritten sei, entscheide sich nicht für jede einzelne Kommune, sondern nach abstrakt-genereller Betrachtung, die auf die Gruppe abstelle, welcher die Gemeinde angehöre.
„Fiktive Hebesätze“ seien jedenfalls dann erlaubt, wenn es dafür einen sachgerechten Grund gebe; die verfassungsgerichtliche Kontrolle sei auf eine „Vertretbarkeitsprüfung“ beschränkt. Die Beschwerdeführerin könne sich nicht darauf berufen, ein Großzahler der Gewerbesteuer werde in ein anderes Bundesland abwandern, wenn der Mindeststeuersatz angehoben würde. Es liege im Wesen des Föderalismus‘, dass es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen gebe, die zu Konkurrenzsituationen führten; es könne nicht das Ziel sein, diese Unterschiede zu eliminieren. Die Ansiedlungsergebnisse seien bei der Beschwerdeführerin nicht nur auf eine gute Gemeindepolitik zurückzuführen, sondern auch auf Standortvorteile. Gerade diese schlössen die Gefahr einer Abwanderung aus.
Die angegriffene Regelung genüge auch im Übrigen verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Die Beschwerdeführerin lege nicht dar, dass ihr die angemessene Finanzausstattung fehle, noch weniger, dass dies bei einer abstrakt-generellen Betrachtung einer Gruppe strukturell der Fall sein könne. Vielmehr verbleibe ihr nach ihrem eigenen Vortrag trotz der angegriffenen Umlage ein Anteil von 25 % der Gewerbesteuereinnahmen von fast 8.000.000,00 €. Im Jahr 2006 werde sich ein Überschuss von fast 730.000,00 € im Verwaltungshaushalt ergeben. Damit könne sie ohne Weiteres freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen.
Die Selbstverwaltungsgarantie verlange nicht, dass die Kommune in der Lage sein müsse, alle von ihr beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen; vielmehr sei sie verpflichtet, ihr Ausgabeverhalten der finanziellen Situation anzupassen. Im Haushalt für 2006 sei eine Reihe von Aufgaben vorgesehen, ohne dass Kredite eingeplant wären. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Lage keinen Anspruch darauf, dass ihre Rücklagen unangetastet blieben. Im Übrigen seien die meisten Maßnahmen erst beschlossen worden, nachdem die Beschwerdeführerin bereits Kenntnis davon gehabt habe, dass sie eine Finanzausgleichsumlage werde leisten müssen.
Die unterschiedliche Berücksichtigung der Abschreibungen bei einer kameralistischen und einer doppischen Haushaltsführung habe auf die Finanzierung von Investitionen keinen Einfluss.
{RN:34}
(d) Die Zuweisung der Finanzausgleichsumlage-Mittel an den „Ausgleichsstock“ sei nicht verfassungswidrig. Dadurch habe der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt vielmehr im Vergleich zu anderen Länderregelungen eine Lösung gefunden, die dem Gedanken der interkommunalen Solidarität in besonderem Maß Rechnung trage; denn die abgeschöpften Mittel kämen auf diesem Weg ausschließlich bedürftigen, also finanzschwachen Gemeinden zugute.
Die Landesverfassung verlange den Ausgleich unterschiedlicher Finanzkraft, ohne den Gesetzgeber dabei auf die herkömmlichen Instrumente zu beschränken.
Die Mittel der Finanzausgleichsumlage würden nur zusätzlich zu den Landesmitteln dazu verwendet, finanzielle Unterschiede bei den Kommunen auszugleichen; dadurch werde keine Landesaufgabe erfüllt, sondern das Land sei nur „Veranstalter“ der Umlage. Dass kein „neuer Topf“ geschaffen, sondern der „Ausgleichsstock“ benutzt werde, sei durch Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gerechtfertigt.
Dass nur kreisangehörige Gemeinden umlagepflichtig, aber auch kreisfreie leistungsberechtigt seien, könne nicht als willkürlich angesehen werden; denn bei lebensnaher Betrachtungsweise könnten die kreisfreien Städte nicht als „abundante“ Gemeinden in Betracht kommen; zudem würden Anträge für Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ mit Rücksicht auf das Finanzvolumen der kreisfreien Städte abgelehnt werden.
{RN:35}
(e) § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 sei nicht wegen der nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 verlangten Berechnungsmethoden verfassungswidrig.
Das gelte auch für den „Drei-Jahres-Zeitraum“ des § 8 Abs. 3 S. 2 LSA-FAG-05. Dabei handele es sich um keinen Fall echter Rückwirkung; allenfalls könne eine unechte Rückwirkung angenommen werden, ohne dass ein schutzwürdiges Vertrauen der Kommunen zu berücksichtigen sei. Im Übrigen wirke sich ein Durchschnittswert gerade zu Gunsten der Kommunen aus, wie insbesondere das Beispiel der Beschwerdeführerin zeige. In atypischen Situationen könne durch die Härteregelung des § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 geholfen werden.
{RN:36}
(f) Die bei erheblicher Verschuldung vorgesehene Ausnahme des § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 führe zu keiner Verfassungswidrigkeit des § 19a LSA-FAG-05. Der Gesetzgeber könne im Rahmen seines politischen Gestaltungsspielraums Einschränkungen zu einer allgemeinen Regelung formulieren, ohne dabei allen Besonderheiten Rechnung tragen zu müssen. Die Regelung sei auch nicht unlogisch oder sachwidrig, sondern ohne Weiteres mit dem Grundsatz interkommunaler Solidarität vereinbar. Die Verschuldung beruhe regelmäßig auf einem „Ursachenbündel“, nicht allein auf dem Verhalten der Gemeinde.
{RN:37}
(g) Die Berechnung sei auch nicht willkürlich oder unverhältnismäßig, weil auf amtliche Statistiken zurückgegriffen werde. § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 verlange, dass die konkrete Verschuldung der Einzelgemeinde in ein Verhältnis zur durchschnittlichen Verschuldung aller Gemeinden einer entsprechenden Größenklasse gesetzt werde; deshalb müssten vergleichbare Daten für alle Gemeinden dieser Größenordnung berücksichtigt werden, was nur gewährleistet sei, wenn sie nach einheitlichen Grundsätzen - wie bei amtlichen Statistiken - erhoben würden.
Wenn eine Gemeinde verlange, darüber hinaus Schulden zu berücksichtigen, verstoße dies zudem gegen die von § 19 Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 vorausgesetzte Schematisierung. Die Beschwerdeführerin versuche hier, ihren vor den Verwaltungsgerichten geführten Rechtsstreit mit dem Statistischen Landesamt vor das Landesverfassungsgericht zu tragen.
{RN:38}
(h) Die Ansicht, § 19a LSA-FAG-05 sei unverhältnismäßig, weil die Zahlung einer Umlage verlangt werde, ohne dass die betroffene Gemeinde allgemeine Zuwendungen erhalte, sei nicht nachvollziehbar.
{RN:39}
(i) Fragen des Konnexitätsprinzips nach Art. 87 Abs. 3 LSA-Verf stellten sich in diesem Verfahren nicht.
{RN:40}
6. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von der Beschwerdeführerin eingereichten Anlagen zur Verfassungsbeschwerde und auf die Niederschriften der befassten Ausschüsse (vom 21.10.2004, 10.11.2004, 25.11.2004, 06.12.2004), die Landtagsdrucksachen 4/1835 und 4/1931 sowie auf die Stenographischen Berichte 4/48 und 4/51 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
{RN:41}
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).
{RN:42}
1. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
{RN:43}
1.1. Das Landesverfassungsgericht ist nach Art 75 Nr. 7 der Landesverfassung - LSA-Verf - vom 23.08.1993 (LSA-GVBl., S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.01.2005 (LSA-GVBl., S. 44), und §§ 2 Nr. 8; 51 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht - LSA-VerfGG - vom 23.08.1993 (LSA-GVBI., S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.03.2004 (LSA-GVBl., S. 234), zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde gegen formelle Gesetze berufen, von denen geltend gemacht wird, sie verstießen gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht (st. Rspr. seit LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 2/93 -, LVerfGE 2, 227 [245]; Urt. v. 22.02.1996 - LVG 2/95 -, LVerfGE 4, 401 [404).
{RN:44}
1.2. Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdebefugt, weil sie durch diese Regelung in ihrem Recht auf Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf in seiner Ausprägung der Finanzhoheit selbst (1.2.2.), gegenwärtig (1.2.3.) und unmittelbar (1.2.4.) betroffen sein kann; dabei kommt als verletztes Verfassungsrecht ausschließlich die durch Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf garantierte (finanzielle) kommunale Selbstverwaltung in Betracht (1.2.1.).
{RN:45}
1.2.1. Eine Verfassungsverletzung kann die Beschwerdeführerin allein (vgl. insoweit Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und § 2 Nr. 8 LSA-VerfGG) aus Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf herleiten; durch Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf ist - ohne dass es bei der Rechtsverletzung des Rückgriffs zusätzlich auf Art. 88 LSA-Verf bedürfte - gerade auch die kommunale Finanzhoheit garantiert (LVerfG LSA, Urt. v. 15.01.2002 - LVG 3, 5/01 -, LVerfGE 13, 343 [353]). Soweit in dieser Entscheidung auch auf Art. 88 LSA-Verf Bezug genommen wurde, war dies nur wegen der Möglichkeiten notwendig, welche das Land zur Erfüllung seiner Leistungspflicht hat (vgl. bereits Leitsatz, a. a. O., S. 343, sodann S. 353).
Wie schon durch den Wortlaut des Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und der §§ 2 Nr. 8; 51 Abs. 1 LSA-VerfGG festgelegt ist, kommt als denkbare Verfassungsverletzung nur Landesrecht in Betracht. Eine Prüfung des Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) ist dem Landesverfassungsgericht verwehrt; sie steht allein dem Bundesverfassungsgericht zu.
Für die Zulässigkeit ist es nicht erforderlich, dass ein Verstoß gegen das Selbstverwaltungsrecht bejaht wird oder auch nur hinreichend wahrscheinlich ist; vielmehr reicht die nicht offensichtlich auszuschließende Möglichkeit der Verfassungsverletzung aus (vgl. hierzu schon: LVerfG LSA, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 3/94 -; Urt. v. 31.05.1994 - LVG 4/94 -, LVerfGE 2, 323 [336]; Urt. v. 29.05.1997 - LVG 1/96 -, LVerfGE 6, 281 [293]; Urt. v. 17.09.1998 - LVG 13/97 -, LVerfGE 9, 361 [365], sowie LVerfG LSA, Urt. v. 27.03.2001 - LVG 1/01 -, LVerfGE 12, 371 [376]; Urt. v. 15.01.2002 - LVG 9, 12, 13/01 -, LVerfGE 13, 364 [376]).
{RN:46}
Die Beschwerdeführerin kann § 19a LSA-FAG-05 nicht unmittelbar an den Bestimmungen des Art. 106 GG messen lassen; denn für eine solche Prüfung ist das Landesverfassungsgericht nicht zuständig. Allerdings garantiert Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf gerade das an Finanzmitteln, was bundesgesetzlich den Kommunen zugestanden ist. So hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Positionen aus Art. 106 GG als Teil der Selbstverwaltungsgarantie behandelt, wenn es lediglich eine über den X. Abschnitt des Grundgesetzes - dort findet sich auch Art. 106 GG - hinausgehende eigenständige Abgabenhoheit aus Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG verneint hat (BVerwG, Urt. v. 25.03.1998 - BVerwG 8 C 11.97 -, BVerwGE 106, 280 [286 f]). Mit dem Selbstverwaltungsrecht abwehren kann die Kommune aber auch eine Umlage i. S. des Art. 106 Abs. 6 S. 6 GG, welche die kommunale Finanzausstattung in Frage stellt (dazu: BVerfG, Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 [386]; BVerwGE 106, 280 [287]) oder zu einer Nivellierung beim Finanzausgleich führt (BVerfG, Urt. v. 27.05.1992 - 2 BvF 1, 2/88, 1/89. 1/90 -, BVerfGE 86, 148 [250], unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 24.06.1986 - 2 BvF 1, 5, 6/83, 1/84, 1, 2/85 -, BVerfGE 72, 330 [418 f]). Die zum Länderfinanzausgleich entwickelten Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts lassen sich auf das Landesverfassungsrecht übertragen, weil Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf eine dem Bundesverfassungsrecht für den Länderfinanzausgleich ähnliche Regelung im Verhältnis des Landes zu den Gemeinden enthält. Auch die Abgrenzung der Bundesverfassung zwischen Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG und Art. 106 Abs. 6 S. 6 GG ist auf das Landesverfassungsrecht übertragbar, weil Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf jedenfalls den Mindeststandard kommunaler Selbstverwaltung garantieren müssen. Mindest-Finanzausstattung und Verbot der Nivellierung sind denn auch im Landesverfassungsrecht als äußerste Grenzen einer Finanzausgleichsumlage anerkannt (so etwa für Niedersachsen: NdsStGH, Urt. v. 16.05.2001 - StGH 6-9/99, 1/00 -, LVerfGE 12, 255 [281]). Unabhängig davon schützt das Selbstverwaltungsrecht die Kommune davor, dass ihr durch die hier angegriffene Umlage zu Unrecht etwas genommen wird, was ihr von Verfassungs wegen an Finanzausstattung zusteht.
{RN:47}
Keine eigenständige Bedeutung als denkbar verletztem Verfassungsrecht kommt dem - außerhalb der Grundrechte (vgl. dort Art. 20 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 2 Abs. 1 LSA-Verf zu entnehmenden - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (st. Rspr. seit LVerfG LSA, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 2/93 -, LVerfGE 2, 227 [259]) zu; er setzt die Möglichkeit einer Beschwer gerade durch ein den Beschwerdeführer unmittelbar schützendes Recht voraus. Ähnliches gilt für den allgemeinen Gleichheitssatz, auf den sich die Beschwerdeführerin nicht als Grundrecht, wohl aber als den in Art. 7 Abs. 1 LSA-Verf zum Ausdruck kommenden generellen Maßstab allen staatlichen Handelns einschließlich der Gesetzgebung berufen kann (LVerfG LSA, Urt. v. 16.11.2004 - LVG 5/04 -, Internet-Abdruck [www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de], RdNrn. 25, 26).
Ebenso sind die Fragen einer Rückwirkung einzuordnen; auch insoweit ist auf das Rechtsstaatsprinzip zurückzugreifen (vgl. dazu, jeweils m. w. Nachw.: LVerfG LSA, Urt. v. 12.12.1997 - LVG 12/97 -, LVerfGE 7, 304 [330]; Urt. v. 07.07.1998 - LVG 17/97 -, LVerfGE 9, 329 [342]; LVerfG LSA, LVerfGE 13, 343 [356]).
Gleiches gilt schließlich für die Frage einer Verletzung des Anhörungsrechts (vgl. insoweit zu Art. 90 LSA-Verf und einer evtl. ergänzenden Anwendbarkeit des Rechtsstaatsprinzips: LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 [250]).
{RN:48}
Dass sich die Beschwerdeführerin auch auf Bestimmungen des Grundgesetzes oder auf landesverfassungsrechtliche Grundsätze stützt, die nicht selbständig Maßstab für eine Prüfung durch das Landesverfassungsgericht sein können, ist allerdings für die Zulässigkeit dieser Verfassungsbeschwerde unbeachtlich; denn sie hat nur einen einzigen Prüfungsgegenstand (§ 19a LSA-FAG-05), der an Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf gemessen werden kann.
Zum Gegenstand ihrer Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05 nicht selbständig zur Prüfung stellen und die übrigen in der Verfassungsbeschwerde benannten Vorschriften nur angreifen will, soweit sie durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 in Bezug genommen werden.
{RN:49}
1.2.2. § 19a LSA-FAG-05 - ein „Landesgesetz“ i. S. des Art. 75 Nr. 7 LSA-Verf und der §§ 2 Nr. 8; 51 Abs. 1 LSA-VerfGG - richtet sich an jede Gemeinde mit der dort beschriebenen erhöhten Steuerkraft. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beschwerdeführerin und der Landesregierung gehört die Beschwerdeführerin zu dieser Gruppe. „Betroffen“ sein kann die Beschwerdeführerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht allein deshalb, weil von ihr als „abundanter Gemeinde“ die neue Finanzausgleichsumlage verlangt wird.
{RN:50}
Dem steht die Regelung des § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 nicht entgegen.
Zwar will sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Vortrag zur Verschuldung dagegen wehren, dass sie eine Finanzausgleichsumlage jetzt und in Zukunft leisten muss; diese Frage ist aber - ohne dass auf den konkreten Vortrag zur etwaigen Höhe der Verschuldung eingegangen werden muss - ohne Bedeutung, weil die Verfassungsbeschwerde wesentlich auch damit begründet wird, dass in naher Zukunft auf Rücklagen zurückgegriffen werden müsse, wenn die streitige Umlage durchgesetzt werde. Der Beschwerdeführerin kann aber nicht zugemutet werden, den Ausgang des Verfahrens der Hauptsache in Bezug auf den angefochtenen Bescheid des Landesamts abzuwarten und dann erst im Fall des Unterliegens den Versuch zu unternehmen, die Grundregelung mit einer Verfassungsbeschwerde anzugreifen. Das Landesverfassungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 23.06.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107 [113]) eine kommunale Verfassungsbeschwerde für zulässig gehalten, wenn der Kommune nicht zuzumuten ist, zunächst ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zu durchlaufen; denn ihr wäre dann mit Rücksicht auf den Zeitablauf versagt, die Verfassungsbeschwerde noch fristgerecht einzureichen (LVerfG LSA, Urt. v. 13.07.1999 - LVG 20/97 -, LVerfGE 10, 440 [448] = LVerfGE 11, 429 [440]).
{RN:51}
1.2.3. Der Eingriff in die kommunale Finanzhoheit ist auch gegenwärtig; denn die Beschwerdeführerin wird bereits zu einer Finanzausgleichsumlage auf der Grundlage des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 herangezogen.
{RN:52}
Die Beschwerdeführerin macht keine erst vage in der Zukunft liegende, sondern eine aktuelle Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts geltend. Die hiergegen vom Land angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 12.02.1986 - 1 BvR 1578/82 -, BVerfGE 72, 1 ff) ist nicht unmittelbar einschlägig, weil sich die dortige (allgemeine) Verfassungsbeschwerde nur mittelbar gegen eine gesetzliche Vorschrift und unmittelbar gegen ein Urteil gerichtet hat. Zwar sollen die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze gerade auch für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze gelten (BVerfGE 72, 1 [5], mit Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 19.12.1951 - 1 BvR 220/51 -, BVerfGE 1, 97 [102 f]; sowie auf BVerfGE 60, 360 [371]: keine „virtuelle“ Betroffenheit ausreichend, sondern „aktuelle“ notwendig, um „Popularklagen“ zu vermeiden); indessen ist bei kommunalen Verfassungsbeschwerden auch in diesem Zusammenhang der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu berücksichtigen (vgl. bereits oben unter Hinweis auf BVerfGE 76, 107 [113]): Ganz abgesehen davon, dass von der Beschwerdeführerin bereits aktuell eine Finanzausgleichsabgabe gefordert wird, könnte sie später, nach Ablauf der Jahresfrist, keine zulässige Verfassungsbeschwerde mehr erheben, weil sie nicht geltend machen dürfte, erst jetzt durch die Regelung betroffen zu werden (LVerfG LSA, Beschl. v. 07.12.1999 - LVG 7/99 -, LVerfGE 10, 471 [476]: Die Jahresfrist des § 48 LSA-VerfGG läuft ab Verkündung der Norm; sie knüpft nicht daran an, wann der Betroffene durch die Normregelung zum ersten Mal belastet wird [unter Hinweis auf: BVerfG, Beschl. v. 06.03.1968 - 1 BvR 975/58 -, BVerfGE 23, 153 <164>, sowie daran anschließend: LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 <443> = LVerfGE 11, 429 <434>]).
{RN:53}
1.2.4. Die denkbare Abgabepflicht besteht ferner kraft Gesetzes unmittelbar.
Unschädlich ist, dass sie durch Verwaltungsakt des Landes (des Statistischen Landesamts) konkretisiert worden ist (1.2.4.1.) oder dass auf ein Haushaltsdefizit oder einen „Rangplatztausch“ auch andere Abgaben „kumulativ“ einwirken können (1.2.4.2.).
{RN:54}
1.2.4.1. Unerheblich ist, dass ein Bescheid über die Umlage ergangen ist und mit Rechtsbehelfen angefochten wird; denn die Leistungspflicht liegt bereits durch die gesetzliche Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 fest. Soweit eine „Konkretisierung“ durch Verwaltungsakt vorgenommen wird, handelt es sich um eine bloße Ausführungsrechnung ohne jeglichen Spielraum für die anwendende Stelle. Entscheidungen auf der Grundlage des § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 sind nur als (zusätzliche) Beschwer anzusehen, soweit sie einen Titel für Vollstreckungsmaßnahmen setzen, während die eigentliche Belastung für die Gemeinde bereits durch das Gesetz selbst eintritt. So hat auch das Bundesverfassungsgericht die Unmittelbarkeit bejaht, obwohl ein Verwaltungsakt erlassen werden kann, wenn sich die Ableitung der eingreifenden Rechtsfolge bereits aus dem Gesetz ergibt, ohne dass es dafür erst noch eines Vollzugsakts bedürfte (BVerfG, Beschl. v. 18.05.1982 - 1 BvR 602/78 -, BVerfGE 60, 360 [371] sowie BVerfGE 76, 107 [113]).
Die Rechtslage bei der Finanzausgleichsumlage ist derjenigen bei Einschränkungen des Wahlrechts vergleichbar, wo nicht erst der die Gesetzeslage vollziehende Bescheid - soweit er die Kandidatur für oder die Teilnahme an eine[r] Wahl versagt - die Belastung darstellt, sondern bereits das die Wahlrechtsposition einschränkende Gesetz selbst (vgl. hierzu: LVerfG LSA, LVerfGE 12, 371 [378], m. w. Nachw.); Gleiches hat das Landesverfassungsgericht bei der Festlegung von Schulzeiten angenommen (LVerfG LSA, LVerfGE 13, 364 [377]).
Das beanstandete Gesetz bestimmt nicht lediglich einen Rahmen für den Eingriff, indem es die Verwaltung zu Maßnahmen bloß ermächtigt, so dass erst die spätere Verwaltungsentscheidung in Rechte des Betroffenen eingreifen kann (LVerfG LSA, Beschl. v. 13.11.2001 - LVG 11/01 -, LVerfGE 12, 394 [396], mit Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 2 BvR 397-399/82 -, BVerfGE 70, 35 [50]; Beschl. v. 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128 [135 f]; vgl. auch LVerfG LSA, Beschl. v. 24.07.2001 - LVG 8/01 -, LVerfGE 12, 387 [390]).
{RN:55}
Dem steht die von der Landesregierung angeführte Rechtsprechung (LVerfG LSA, LVerfGE 11, 429 [440]) nicht entgegen; die zitierte Stelle bestätigt geradezu das hier vertretene Ergebnis: Das Landesverfassungsgericht hat - worauf bereits oben (im Abschn. 1.2.3.) hingewiesen worden ist - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 76, 107 [113]) eine kommunale Verfassungsbeschwerde für zulässig gehalten, auch wenn die angegriffene Norm noch durch Verwaltungsakt konkretisiert wird, weil der Kommune nicht zuzumuten ist, erst das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu durchlaufen, um dann später mit ihrer Verfassungsbeschwerde wegen Fristablaufs abgewiesen zu werden. Der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit spricht eher für als gegen die Zulassung der Verfassungsbeschwerde in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation. Es handelt sich auch nicht um den Sonderfall, dass die Beschwer unmittelbar erst durch eine Verordnung eintreten kann, zu welcher das Gesetz lediglich ermächtigt (LVerfG LSA, LVerfGE 11, 429 [440] = LVerfGE 10, 440 [448]).
{RN:56}
1.2.4.2. Die Unmittelbarkeit des Eingriffs gerade durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 entfällt nicht deshalb - wie die Landesregierung meint -, weil nicht allein durch diese Abgabe, sondern möglicherweise erst durch eine „Kumulation“ von Kreisumlage sowie Gewerbesteuerumlage und schließlich Finanzausgleichsumlage eine Belastung der Beschwerdeführerin eintrete; denn die hier zu beurteilende Verfassungsbeschwerde kann sich nicht gegen die Rechtsgrundlagen für diese weiteren Abgaben wenden, weil die Jahresfrist insoweit abgelaufen ist; ihr Gegenstand ist vielmehr ausschließlich die neu eingeführte Finanzausgleichsabgabe, welche die Beschwerdeführerin aus unterschiedlichen Gründen für nicht verfassungsgemäß hält. Außerdem geht auch der Gesetzgeber selbst davon aus, dass die Bemessungsgrundlagen für die bisherigen Umlagen bei der Berechnung der Finanzausgleichsumlage unverändert erhalten bleiben sollen (§ 19 Abs. 2 LSA-FAG-05).
Aus den gleichen Erwägungen ist es unbeachtlich, ob und in welchem Umfang das Land für diese anderen Umlagen entscheidungsbefugt ist oder ob und in welchem Umfang den entscheidenden Stellen bei Ausführung dieser anderen Rechtsgrundlagen Ermessen zusteht.
Gleichfalls ohne Bedeutung ist, dass die anderen Umlagen, soweit sie auf Landesrecht beruhen, konstitutiv durch Verwaltungsakt gegenüber der umlagepflichtigen Gemeinde festgesetzt werden (vgl. insoweit OVG LSA, Urt. v. 18.03.1998 - A 2 S 96/96 - [Verwaltungsgemeinschaft]; Beschl. v. 23.11.2004 - 2 L 128/02 - [Kreisumlage]).
{RN:57}
1.3. Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der §§ 51 Abs. 2, 48 LSA-VerfGG erhoben worden.
{RN:58}
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
Formelle Mängel haben keinen Einfluss auf das Ergebnis (2.1.); die fehlende „Folgenabschätzung“ führt aber aus materiellen Gründen (2.2.) zur Unvereinbarkeit des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 mit der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf). Die verfassungswidrige Bestimmung ist mit der Landesverfassung lediglich unvereinbar und nicht nichtig (2.3.).
{RN:59}
2.1. Die Beschwerdeführerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine unterbliebene Anhörung (2.1.1.) oder auf Mängel bei der „Folgenabschätzung“ (2.1.2.) berufen.
{RN:60}
2.1.1. Der von der Beschwerdeführerin gerügte Anhörungsmangel liegt nicht vor. Art. 90 LSA-Verf ist - was sie nicht verkennt - als Sonderregelung für Gebietsänderungen nicht unmittelbar einschlägig. Eine Ausdehnung auf jede „schwer wiegende“ Auswirkung eines Gesetzes auf die Kommune verbietet sich; denn Art. 90 LSA-Verf ist nur für Eingriffe gedacht, welche den Status der Kommune betreffen, und trägt insoweit dem Rechtsstaatsgebot Rechnung, weil es nach der geschichtlichen Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung zum „Kernbereich“ rechnet, dass Bestands- und Gebietsänderungen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach vorheriger Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaft vorgenommen werden dürfen (vgl. grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 - 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 50 [50/51]). Dem Zweck einer Anhörung, sich hinreichend zu informieren und die Interessenlagen zu erkunden, genügt der Gesetzgeber auch, wenn er - wie hier - die kommunalen Spitzenverbände beteiligt (vgl. § 151a der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LSA-GO - vom 05.10.1993 [LSA-GVBl., S. 568], zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.03.2006 [LSA-GVBl., S. 128]; vgl. auch § 73a LSA-LKO), welche die Belange der von ihnen vertretenen Mitglieder darlegen. Dabei bleibt ohne Bedeutung, dass nicht alle Gemeinden durch den Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt repräsentiert werden. Selbst wenn gegen dieses (einfach-gesetzliche) Anhörungsrecht verstoßen worden wäre, könnte das die Gültigkeit des gleichwohl erlassenen Gesetzes nicht berühren (Klang/Gundlach, Gemeindeordnung und Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., GO § 151a RdNr. 2 [S. 553]; Becker/Fischer/Pampel/Ulrich, Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 3. Aufl., § 151a Anm. 1).
{RN:61}
2.1.2. Für das Ergebnis dieses Verfahrens kann unentschieden bleiben, ob der Gesetzgeber die Folgen seiner in Aussicht genommenen gesetzlichen Regelung in vollem Umfang abgeschätzt hat; die Materialien lassen allerdings nicht erkennen, dass er der Anregung des Städte- und Gemeindebunds Sachsen-Anhalt nachgegangen ist, die Auswirkungen des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 auf jede der potenziell betroffenen Gemeinden im Weg von Modellrechnungen zu überprüfen. Das ist insbesondere bei der Gemeinde Sössen (vgl. Parallellverfahren LVG 7/05) nicht geschehen, obwohl deren Steuerkraft Gegenstand einer Diskussion während der Ausschussberatungen gewesen war.
Ein darauf gestützter Verfahrensmangel führt nämlich - für sich genommen - nicht zur Verfassungswidrigkeit der beschlossenen gesetzlichen Regelung. Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass formelle Mängel nur dann beachtlich sein können, wenn die Verfassung selbst Verfahrensschritte festlegt (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 [447, 467] = LVerfGE 11, 429 [455, 458]). In den übrigen Fällen kommt es allein darauf an, ob die Regelung inhaltlich mit der Verfassung vereinbar ist.
{RN:62}
2.2. § 19a LSA-FAG-05 ist mit der Garantie kommunaler Selbstverwaltung unvereinbar, weil das Gesetz - ohne dass Teile der Konzeption, einzeln betrachtet, verfassungswidrig wären (2.2.1.) - keine Vorsorge dagegen trifft, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus „abgeschöpft“ wird oder sie in eine Position „nivelliert“ wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden im Ergebnis erheblich schlechter stellt (2.2.2.).
{RN:63}
2.2.1. Die Umlage nach § 19a LSA-FAG-05 nimmt den Gemeinden grundsätzlich nichts, was ihnen als Bestand der finanziellen Selbstverwaltung zusteht (2.2.1.1.). Die durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 angeordnete Berechnung ist nicht - für sich genommen - bereits verfassungswidrig (2.2.1.2.). Gleiches gilt für § 20 LSA-FAG-05 (2.2.1.3.).
{RN:64}
2.2.1.1. Ein verfassungswidriger Eingriff in die kommunale finanzielle Selbstverwaltung liegt nicht schon darin, dass das Land von einer Gruppe „reicher“ Gemeinden überhaupt eine Umlage erhebt und den Ertrag zur Stützung „armer“ Gemeinden verwendet. Ein solcher interkommunaler Finanzausgleich ist vielmehr durch Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf gedeckt. Mit der Umverteilung auf Kosten „reicher“ und zu Gunsten „armer“ Gemeinden nimmt das Land keine primär staatliche Aufgabe wahr; denn es erfüllt gegenüber den Gemeinden mit niedriger Finanzkraft keinen gegen das Land gerichteten Leistungsanspruch aus Landesmitteln nach Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf, sondern verteilt kommunales Finanzaufkommen innerhalb der Kommunen.
{RN:65}
Die Umverteilung kann eine leistungsstarke Gemeinde nicht mit der auf ihr Recht auf Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) gestützten Erwägung abwehren, die Einkünfte aus Gewerbesteuermitteln ständen ihr von Bundesverfassungsrechts wegen (Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG) zu; denn es ist anerkannt, dass eine landesgesetzliche Umlage auch zum Ausgleich der allgemeinen Finanzkraft oder für besondere Aufwendungen erhoben werden darf (BVerfGE 83, 363 [389 f]; BVerwGE 106, 280 [284 f]; ebenso zuvor OVG NW, Urt. v. 18.03.1997 - 15 A 166/94 -, JURIS; bestätigend Pieroth, in; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 106 RdNrn. 17 [S. 1129]; einschränkend Kluth, Umlagen nach Art. 106 Abs. 6 GG als Instrumente zwischengemeindlichen Finanzausgleichs, DÖV 1994, 456 [458, 464]). Mit einer solchen Umlage dürfen gerade auch „allgemeine Finanzausgleichseffekte erzielt“ werden (BVerfGE 86, 363 [393]). Notwendig ist dann allein, dass das Aufkommen aus der Umlage „im kommunalen Raum verbleibt“ (BVerwGE 106, 280 [284]; ebenso zuvor OVG NW, a. a. O., RdNr. 12; vgl. auch BVerfGE 83, 363 [389 f, 391]).
{RN:66}
Den Charakter des bloß interkommunalen Finanzausgleichs (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) verliert die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 nicht schon deshalb, weil sie dem „Ausgleichsstock“ des § 12 LSA-FAG-05 zugeführt wird (§ 19a Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05), aus dem heraus auch die Landesmittel nach den Grundsätzen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf an bedürftige Gemeinden verteilt werden. Es handelt sich insoweit nur um eine verwaltungstechnische Abwicklungsmaßnahme, welche die Zuordnung der Umlagemittel nicht verändert; denn das Aufkommen selbst „verbleibt im kommunalen Raum“. Das Land erfüllt mit diesen Mitteln auch keine ihm nach Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf obliegende finanzielle Leistungspflicht, sondern „sorgt“ (vgl. den Wortlaut des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf) durch den interkommunalen Finanzausgleich (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) zusätzlich für angemessene Finanzmittel bei den Gemeinden. Das Land ist dabei lediglich „Veranstalter“ und nicht „Nutznießer“ der Finanzausgleichsumlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 (zu dieser Terminologie vgl.: BVerfGE 83, 363 [390]; BVerwGE 106, 280 [284]).
{RN:67}
Der mit der Finanzausgleichsumlage verfolgte Zweck (interkommunaler Finanzausgleich) ist als sachlicher Grund anzuerkennen (vgl. zum „bündischen Einstehen“ der Länder für einander: BVerfGE 72, 330 [386 f, 397]).
Die Erhebungsgrenzen des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 - 50 % Überschuss und 30 % Abschöpfung - halten sich innerhalb des dem Landesgesetzgeber gewährten Gestaltungsspielraums (vgl. insoweit BVerfG, Urt. v. 06.11.1984 - 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83 -, BVerfGE 67, 256 [288 f] und BVerfGE 72, 330 [390], jeweils zur bundesstaatlichen Finanzverfassung; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.07.2003 - 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/99, 1/01 -, BVerfGE 108, 186 [233] zur Altenpflegeausbildung).
{RN:68}
Wegen der sich aus anderen Gründen ergebenden Verfassungswidrigkeit der Regelung kann hier unentschieden bleiben, ob § 19a Abs. 1 S. 1, 2 LSA-FAG-05 ein „System“ entnommen werden muss, dass ein interkommunaler Finanzausgleich nur innerhalb kreisangehöriger Gemeinden stattfinden soll. Dann wäre bei Anwendung des § 12 Abs. 1, 3, 4 LSA-FAG-05 („Kommunen“ = alle Gemeinden und zusätzlich die Landkreise [Art. 87 Abs. 1 LSA-Verf]) nicht gewährleistet, dass die „abgeschöpften“ Mittel auch nur an kreisangehörige Gemeinden zurückfließen. Offen bleiben kann gleichfalls die weitere Frage, ob die Lücke durch eine verfassungskonforme Auslegung geschlossen werden könnte.
Ebenso wenig bedarf einer Klärung, ob sichergestellt sein muss, dass das Aufkommen aus der Finanzausgleichsumlage aus dem „Ausgleichsstock“ vollständig wieder an die Gemeinden zurückfließen muss, ohne dass es Teil der „Finanzausgleichsmasse“ des § 3 LSA-FAG-05 werden kann.
{RN:69}
2.2.1.2. Die Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 begegnet ferner grundsätzlich insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie auf die Berechnungsmethoden für die allgemeinen Zuweisungen (§§ 7, 8 LSA-FAG-05) verweist.
Das gilt sowohl für die Frage der „fiktiven“ Hebesätze (2.2.1.2.1.) als auch für den Drei-Jahres-Zeitraum für die Bewertung der Gewerbesteuereinnahmen (2.2.1.2.2.); für sich genommen nicht verfassungswidrig ist es schließlich, dass die Gewerbesteuerumlage bei den Einnahmen eingerechnet wird (2.2.1.2.3.) oder dass die Finanzausgleichsumlage zusätzlich zu - vor allem - der Kreisumlage erhoben wird (2.2.1.2.4.).
{RN:70}
2.2.1.2.1. Mit dem Selbstverwaltungsrecht (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) lässt sich nicht abwehren, dass die Berechnung nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 nicht die konkret in der betroffenen Gemeinde geltenden, sondern sog. „fiktive“ Hebesätze („gewogener Durchschnitt der Hebesätze“) zu Grunde legt. Das Land darf vielmehr verhindern, dass sich eine Gemeinde durch besonders niedrige Hebesätze selbst „bedürftig macht“, um entweder Leistungen aus Landesmitteln zu erhalten oder einer Umlage zu entgehen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gilt es als legitimes Anliegen, sog. „Steueroasen“ zu verhindern (BVerwGE 106, 280 [288]; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 21.05.1968 - 2 BvL 2/61 -, BVerfGE 23, 353 [371]: besondere Heranziehung „hochabundanter“ Gemeinden zur Kreisumlage). Durch die Garantie kommunaler Selbstverwaltung ist das Recht auf Steuererhebung nicht derart geschützt, dass es dem Land verboten wäre, neben der Ansiedlungspolitik einer Gemeinde eine eigenständige Gewerbe- und Industrieansiedlungspolitik zu betreiben (BVerfGE 23, 353 [371]). Nicht vom Landesverfassungsgericht zu bewerten ist das politische und wirtschaftliche Risiko, ob bestimmte Betriebe, die sich nur um des besonderen Steuervorteils willen angesiedelt haben, durch „fiktive“ Hebesätze und einen dadurch ausgeübten Druck, den Hebesatz in der betroffenen Gemeinde zu erhöhen, veranlasst sein können, nicht nur diese Gemeinde, sondern das Land insgesamt zu verlassen.
{RN:71}
Der Rückgriff auf den „fiktiven“ Hebesatz des § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 durch § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 lässt die Regelung bei abstrakter Betrachtung nicht deshalb als unverhältnismäßig erscheinen, weil eine Gemeinde, deren Hebesatz unterhalb des „gewogenen Durchschnitts“ liegt, etwa zwangsläufig eine nach § 19a Abs. 1 S. 4 LSA-FAG-05 erhebliche Verschuldung erreichen müsste, was sie davon befreien würde, die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 zu leisten. Diese Frage ist erkennbar abhängig von dem Grad der Abweichung vom „gewogenen Durchschnitt“ sowie von dem Verhalten der übrigen Gemeinden, deren Hebesätze „gewogen“ werden und den Durchschnitt bilden.
Ebenso wenig eindeutig ist bei abstrakter Betrachtung zu beurteilen, ob ein Unternehmen bei einer Erhöhung des Hebesatzes in der betroffenen Gemeinde tatsächlich abwandert oder ob es neben dem bisherigen Steuervorteil auch andere Standortvorteile nutzt.
{RN:72}
2.2.1.2.2. Der nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 i. V. m. § 8 Abs. 3 S. 2-5 LSA-FAG-05 zu berücksichtigende Drei-Jahres-Zeitraum bei der Berechnung der Gewerbesteuer ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Der durch die Gesetzgebungsmotive belegte sachgerechte Grund für seine Einführung ist die Erwägung, Spitzen in den Ertragslagen einzelner Jahre zu glätten.
{RN:73}
Die Regelung verstößt auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Insbesondere handelt es sich um keinen Fall „echter Rückwirkung“ („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“); denn § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05, der § 8 Abs. 3 S. 2-5 LSA-FAG-05 für seine Berechnung in Bezug nimmt, misst sich selbst keine Geltung für Sachverhalte vor seinem In-Kraft-Treten bei (vgl. zu dieser Voraussetzung: BVerfG, Beschl. v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343 [353]; Beschl. v. 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200 [241 f]). Es liegt aber auch keine „unechte Rückwirkung“ („tatbestandliche Rückanknüpfung“) vor (dazu: BVerfGE 72, 200 [242]); denn es sind keinerlei „Vertrauenstatbestände“ auf Grund einer früheren Regelung ersichtlich, welche hätten bereits „ins Werk gesetzt“ sein können, weil die Finanzausgleichsabgabe erstmals durch § 19a LSA-FAG-05 in das bisherige Finanzausgleichsgesetz eingefügt worden ist. Dafür ist unerheblich, dass der Gesetzgeber für die Berechnung auf Grundsätze Bezug nimmt, die für einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen) gelten und die er dort mit Wirkung für die Zukunft geändert hat.
{RN:74}
2.2.1.2.3. Die Finanzausgleichsumlage ist nicht bereits deshalb verfassungswidrig, weil vor der Berechnung nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 die Beträge nicht abgesetzt werden, welche als Gewerbesteuerumlage gar nicht bei den Gemeinden verbleiben. Da § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 auf die Berechnungsmethoden für die allgemeinen Zuweisungen zurückgreift, erscheint zunächst systemgerecht, auch bei der Umlage keine anderen Grundsätze gelten zu lassen als bei der Zuwendung. Die Landesverfassung verlangt nicht, Einnahmen von vornherein zu vernachlässigen, welche zwar in der Gemeinde anfallen, ihr aber materiell nicht zustehen und lediglich als „Durchlaufposten“ anzusehen sind. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) ist erst verletzt, wenn durch die Anrechnung auch der Gewerbesteuerumlage zwangsläufig die eigene Finanzausstattung der Gemeinden in Frage gestellt würde oder wenn die so errechnete Finanzausgleichsumlage zu einer verbotenen „Nivellierung“ führen müsste (vgl. BVerfGE 83, 363 [386]; BVerwGE 106, 280 [287]; NdsStGH, LVerfGE 12, 255 [281]). Das lässt sich nicht generell, sondern nur im Einzelfall bewerten.
{RN:75}
2.2.1.2.4. Genau so verhält es sich bei der Frage, ob die Kumulation von Umlagen (Kreis- und Finanzausgleichsumlage) etwa zwangsläufig derart in die Finanzwirtschaft der Gemeinden eingreift, dass diese in ihrer eigenen Finanzausstattung über das nach Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1; 88 Abs. 1 LSA-Verf zulässige Maß hinaus beeinträchtigt würden.
§ 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 lässt sich allerdings nicht so verstehen, dass um den Preis der nach festen Regeln zu bestimmenden Finanzausgleichsumlage willen die übrigen - nach Ermessen zu errechnenden - Umlagen notfalls gemindert werden müssten. Gegen eine solche Auslegung spricht schon der Wortlaut des § 19a Abs. 2 LSA-FAG-05, der die Bemessungsgrundlagen für die anderen Umlagen ausdrücklich nicht in Frage stellen will. Ganz abgesehen davon würde in die gleichwertig geschützte Finanzhoheit der Kreise eingegriffen (Art. 87 Abs. 1 LSA-VerfG: „Kommunen“ = auch Landkreise), wenn diese bei der ihnen allein eröffneten Finanzierungsmöglichkeit (vgl. insoweit Art. 88 Abs. 1, 3 LSA-Verf) über eine Umlage deshalb zurücktreten müssten, weil das Land jedenfalls „abundante Gemeinden“ um des innergemeindlichen Finanzausgleichs willen „abschöpfen“ will.
{RN:76}
Bei diesem Hintergrund kann wiederum nur im Einzelfall und nicht schon generell angenommen werden, dass das Hinzutreten auch noch der Finanzausgleichsumlage zu den anderen Umlagen in verfassungsrechtlich erheblicher Weise in die gemeindliche Finanzhoheit eingreift oder zu einer Nivellierung führt.
{RN:77}
2.2.1.3. Verfassungsgemäß ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Regelung des § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05; denn es ist systemgerecht, bei der Berechnung der Umlage nach § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 in gleicher Weise auf allein statistische (§ 20 Abs. 5 LSA-FAG-05) oder gleichwertige (§ 20 Abs. 6 LSA-FAG-05) Unterlagen zurückzugreifen wie bei der unmittelbaren Anwendung der §§ 7, 8 LSA-FAG-05. Dies sichert die Vergleichbarkeit der Daten für die Gemeinden innerhalb einer Gruppe deshalb, weil sie nach den gleichen Grundsätzen erhoben werden, die durch Bundesrecht vorgegeben sind (vgl. §§ 1, 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz) - BStatG - vom 22.01.1987 [BGBl I 462, 565], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.06.2005 [BGBl I 1534, 1535], sowie die näheren Vorschriften im Gesetz über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personalstatistikgesetz) - FPStatG - i. d. F. d. Bek. v. 22.02.2006 [BGBl I 438]).
Bei diesem Ergebnis kann unerörtert bleiben, ob die ausdrücklich nur für die „Leistungsgewährung“ geschaffenen § 20 Abs. 5, 6 LSA-FAG-05 entsprechend auf die Fälle des § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 angewendet werden sollen.
{RN:78}
2.2.1.4. Ohne Auswirkung ist allerdings die Rüge der Beschwerdeführerin, sie müsse die Umlage nach § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 zahlen, ohne allgemeine Zuwendungen nach §§ 5 ff LSA-FAG-05 zu erhalten; denn dies liegt am Berechnungssystem der §§ 7, 8 LSA-FAG-05, das in beiden Fällen auf den Vergleich der Bedarfsmesszahl mit der Steuerkraftmesszahl der Gemeinde abstellt.
{RN:79}
Gleichfalls unerheblich ist die Erwägung, die Beschwerdeführerin müsse nunmehr auf Leistungen nach Art. 87 Abs. 3 LSA-Verf bestehen, nachdem die Finanzausgleichsumlage eingeführt worden sei; denn abgesehen davon, dass die Gegenstände nicht bezeichnet sind, für welche eine Kostenbeteiligung des Landes erwartet wird, kann die Beschwerdeführerin etwaige gesetzliche Regelungen nach Ablauf der Jahresfrist nicht mehr nachträglich angreifen, wenn sie sich jetzt erst durch sie belastet fühlt (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 471 [476]).
{RN:80}
2.2.2. Die gegenwärtig geregelte Finanzausgleichsumlage ist indessen mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) so nicht vereinbar, weil das Finanzausgleichsgesetz keine Vorsorge dagegen trifft, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus „abgeschöpft“ wird oder sie in eine Position „nivelliert“ wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden erheblich schlechter stellt.
Eine konkrete Einzelfälle berücksichtigende Ausnahmeregelung ist erforderlich (2.2.2.1.); sie ist im bisherigen Finanzausgleichsgesetz nicht enthalten (2.2.2.2.) und kann auch nicht im Weg verfassungskonformer Auslegung hineininterpretiert werden (2.2.2.3.).
{RN:81}
2.2.2.1. Mögen auch - wie sich im Abschnitt 2.2.1. gezeigt hat - einzelne Elemente der Berechnungsmethoden generell verfassungsgemäß sein, so ist doch auch angesichts der Modellrechnung der Landesregierung für einen konkreten Zeitraum nicht auszuschließen und von ihr - insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2006 - auch nicht in Abrede gestellt worden, dass die strikte Anwendung der Berechnung im Einzelfall die verfassungsrechtlichen Grenzen bei einer einzelnen Gemeinde in einzelnen Jahren überschreiten kann.
Dies gilt vor allem für den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Mindestausstattung mit Finanzmitteln zur Erfüllung eigener Aufgaben, aber gleichermaßen für die nach den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich behandelte Gefahr der verbotenen Nivellierung; hier wird die Grenze - unabhängig von der Frage ausreichender Finanzausstattung - bereits überschritten, wenn die Finanzkraft der umlagepflichtigen Gemeinden verändert wird. Insoweit ist wegen der Ähnlichkeit der Grundsätze über den Länderfinanzausgleich einerseits (Art. 107 GG) und des interkommunalen Finanzausgleichs andererseits (Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf) die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 72, 330 [418 f]; 86, 148 [250 f]) im Kern übertragbar. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich - wie die Landesregierung vorträgt - schon durch Veränderungen der äußeren Umstände bei den allgemeinen Zuweisungen der Rangplatz einer Gemeinde innerhalb ihrer Gruppe jährlich ändern kann und geändert hat, sondern allein darauf, ob die Gemeinde bei einer bestimmten Jahresberechnung nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 ihren besseren Rangplatz allein dadurch verliert, dass sie zu Gunsten der übrigen Gemeinden eine Finanzausgleichsumlage in bestimmter Höhe zahlen muss.
{RN:82}
Die Gefahr, dass entweder übermäßig in die kommunale Finanzhoheit eingegriffen wird oder dass eine Nivellierung stattfindet, ist nicht bereits durch die in § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 selbst gesetzten Erhebungsgrenzen offensichtlich ausgeschlossen. Sie entsteht, weil sich bei der Berechnung „fiktive“ Hebesätze und / oder die Anrechnung auch der Gewerbesteuerumlage und / oder die Kumulation von Umlagen im Einzelfall negativ auswirken können.
{RN:83}
Der Auffassung der Landesregierung, hierüber könne jeder „sachlich vertretbare“ Grund hinweghelfen, ist nicht zu folgen. Ganz abgesehen davon, dass sie nur zur Frage der Nivellierung vertreten wird, kann sie auch dort mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VfGH RP, Entschdg. v. 30.01.1998 - VGH N 2/97 -, DÖV 1998, 505 ff) nicht begründet werden; denn die Entscheidung befasst sich allein mit der Frage, ob ein sachlicher Grund es rechtfertigen könnte, „bedürftigen“ Gemeinden Mittel so zuzuweisen, dass Finanzkraftunterschiede nivelliert werden (VfGH RP DÖV 1998, 505 [Leitsatz 2]). Hier geht es aber um die Frage, ob bei einer sog. „abundanten“ Gemeinde Mittel abgeschöpft werden dürfen. Die Landesregierung kann ihre Auffassung auch nicht damit rechtfertigen, dass in anderen Bundesländern gleichfalls „abundante Gemeinden“ abgeschöpft würden und dass dies für Niedersachsen die Billigung des dortigen Staatsgerichtshofs gefunden habe; denn dieser hat die Beteiligung steuerkräftiger Gemeinden nur im Grundsatz gebilligt, aber deutlich darauf hingewiesen, dass die angemessene Finanzausstattung der betroffenen Gemeinde nicht in Frage gestellt werden (Antasten eines „substantiellen Finanzspielraums zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung) und keine Nivellierung stattfinden darf (NdsStGH, LVerfGE 12, 255 [281]).
{RN:84}
Eine Vorsorge gegen die Gefahr der verfassungsrechtlich erheblichen Grenzüberschreitung aus einem der beiden Gründe ist nicht dadurch zu treffen, dass das zuständige Ministerium zusichert, den notwendigen Ausgleich „bei der Haushaltsaufstellung“ vorzunehmen, dass das Land sonst einen verfassungskonformen Ausgleich verspricht oder eine bestimmte Handhabung durch ministerielle Erlasse absichert. Vielmehr ist es gerade wegen der generalisierenden Berechnung erforderlich, dass das Gesetz selbst den denkbaren Ausnahmefall entweder regelt oder wenigstens die Ermächtigung schafft, im Einzelfall der Grenzüberschreitung von der Erhebung der Finanzausgleichsabgabe abzusehen oder sie zu mindern.
{RN:85}
Das Land kann sich nicht mit Erfolg auf die bisherige Rechtsprechung im Land Sachsen-Anhalt berufen.
Soweit das Landesverfassungsgericht den Kommunen im Rahmen der Finanzausstattung nach Leistungsfähigkeit des Landes auch eine Verschuldung zugemutet hat (LVerfGE 11, 429 [455 f]), betraf dies ausschließlich den Umfang der Leistungen des Landes an die Gemeinden aus Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf (vgl. den Zusammenhang mit S. 454 a. a. O.) und rechtfertigt es nicht im Rahmen des Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf, die Gemeinden, bei denen die Finanzausgleichsabgabe abgeschöpft werden soll, „in die Verschuldung zu treiben“.
Ohne Aussagewert ist, ob und in welchem Umfang die Gleichwertigkeit oder Gleichgewichtigkeit von staatlichen und kommunalen Aufgaben anzunehmen ist (Hinweis auf LVerfGE 11, 429 [456]); denn es geht nicht um die Leistungsfähigkeit des Landes im Rahmen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf - nur diese Bestimmung wird in dem Zitat ausdrücklich benannt -, sondern um einen durch Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf zugelassenen interkommunalen Finanzausgleich.
Die Ansicht, der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers könne sich auf abstrakt-generelle Aussagen beschränken, ohne auf die Verhältnisse in einer konkreten Gemeinde abzustellen (LVerfGE 11, 429 [457 f]), schließlich bezog sich wiederum nur auf Fragen des Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf, hier konkretisiert, inwieweit das Land den Kommunen Sparverhalten zumuten darf, wenn es sich selbst bei seinem eigenen Haushalt daran nicht hält. Daraus ist keinesfalls abzuleiten, dass sich der Landesgesetzgeber generell mit allein abstrakten Regelungen begnügen darf, wenn er Eingriffe in die Finanzhoheit von Kommunen vornimmt, indem er bei diesen vorgeblich „überschüssige“ Finanzmittel abschöpft.
Auch der Rückgriff auf die zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA, Urt. v. 06.05.2003 - 1 L 498/02 -) versagt; denn sowohl aus dem Leitsatz (2) als auch aus dem Begründungstext (Intranet-Ausdruck, S. 4 f) folgt, dass es sich um das Ausmaß einer Privilegierung (hier: Ausnahme von einer strengen Abgabenpflicht) handelte, bei welcher das Gericht hingenommen hat, dass angesichts der vorzunehmenden Auslegung sich auch solche Beitragspflichtigen auf die Privilegierung berufen können, für welche sie nach dem Willen des Gesetzgebers ursprünglich nicht gedacht war. Anwendungsfall ist dort das Ausmaß einer Begünstigung, nicht - wie hier - der Umfang einer Belastung.
{RN:86}
Hingenommen werden kann, dass nicht jeder denkbare Einzelfall ausdrücklich im Gesetz selbst abstrahierend geregelt ist; dann aber muss eine gesetzliche Regelung zur Handhabung von Ausnahmefällen vorhanden sein, um den Verfassungsverstoß zu vermeiden.
{RN:87}
2.2.2.2. Eine solche, die verfassungsrechtliche Grenze berücksichtigende Regelung ist im bisherigen Finanzausgleichsgesetz nicht enthalten. Sie folgt auch nicht aus § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05.
Schon sein Wortlaut zeigt, dass die Bestimmung Härten bei Durchführung des Gesetzes ausgleichen und dabei auf den „Ausgleichsstock“ zurückgreifen will. § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 regelt m. a. W. nur, wann Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ zu erhalten, nicht wann in diesen einzuzahlen ist. Wenn zusätzliche Leistungen gewährt werden sollen, wird verfassungsrechtlich äußerstenfalls der Leistungsanspruch der Gemeinden gegen das Land aus Art. 88 Abs. 1 LSA-Verf betroffen. Bei § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 handelt es sich aber nicht um die Frage der Leistungsgewährung, sondern darum, ob und in welchem Umfang das Land in eine vorhandene Finanzausstattung eingreifen darf, um interkommunalen Finanzausgleich i. S. des Art. 88 Abs. 2 S. 1 LSA-Verf zu veranstalten. Um eine verfassungswidrige Umlage abzuwehren, kann die betroffene Gemeinde schwerlich auf Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ verwiesen werden; denn sie müsste gleichsam vorleisten, um sich anschließend subventionieren zu lassen. Dieses Missverhältnis lässt nicht dadurch lösen, dass Umlage und potenzielle Leistung mit einander verrechnet werden.
{RN:88}
Das folgt vor allem daraus, dass die „Härteregelung“ des § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 auf „den Ausgleichsstock“ und damit auf die übrigen Regelungen des § 12 LSA-FAG-05 verweist, wonach die Leistung im Ermessen der Landesverwaltung steht sowie von Bedingungen oder Auflagen abhängig gemacht werden kann (§ 12 Abs. 5 LSA-FAG-05) und wonach bei Haushaltsfehlbeträgen verlangt werden darf, dass die Gemeinde ein Haushaltskonsolidierungskonzept aufstellt (§ 12 Abs. 3 S. 3 LSA-FAG-05).
{RN:89}
Ganz abgesehen davon wären mit einer „Verrechnung“ von Leistungen aus dem „Ausgleichsstock“ nur die Fälle zu erfassen, in welchen die Umlage die Grenzen der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinde überschreitet, nicht aber auch der weiter zu berücksichtigende Fall der verfassungswidrigen Nivellierung.
{RN:90}
2.2.2.3. Diese Lücke lässt sich nicht im Weg verfassungskonformer Auslegung schließen; denn sie kommt nur in Betracht, wenn eine Gesetzesauslegung nach den üblichen Methoden (Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte) zu widerstreitenden Ergebnissen führt; dann kann nur diejenige Auslegung gelten, welche der Verfassung entspricht, wie das Landesverfassungsgericht in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat (LVerfG LSA, Urt. v. 29.08.2000 - LVG 1/00 -, LVerfGE 11, 462 [475], unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 15.06.1983 - 1 BvR 1012/79 -, BVerfGE 64, 229 [242], m. w. Nachw.; Urt. v. 24.04.1985 - 2 BvF 2-4/83, 2/84 -, BVerfGE 69, 1 [55]).
{RN:91}
An dieser Voraussetzung fehlt es; denn das Landesverfassungsgericht kann § 12 Abs. 1 S. 2 LSA-FAG-05 nicht über den geregelten „Härtefall“ hinaus - etwa im Weg der Analogie, für die es ohnedies an der notwendigen gesetzgeberischen Lücke fehlen würde - aus eigener Macht eine weiter gehende Bedeutung beimessen. Damit würde es gegen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verstoßen.
{RN:92}
Dieser hat nämlich außer der Variante, die bisherige Regelung des § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 mit ihrem Rückgriff auf §§ 7, 8 LSA-FAG-05 bestehen zu lassen und lediglich die Grenzüberschreitung zu verhindern, auch andere Möglichkeiten, die Grenzen der finanziellen Selbstverwaltung (Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf) zu wahren:
Er kann die Bedingung für eine „Abschöpfung“ im § 19a Abs. 1 S. 1 LSA-FAG-05 so hoch setzen, dass es nach Modellrechnungen niemals zu einem verfassungswidrigen Eingriff in die Kommunalfinanzen oder zu einer verbotenen Nivellierung kommen kann; er kann versuchen, dasselbe Ergebnis dadurch zu erreichen, dass er bei der Berechnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 („gewogener Durchschnitt“) für die Umlage auf die „fiktiven Hebesätze“ verzichtet und / oder bei der Berechnung der Steuerkraftmesszahl nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 LSA-FAG-05 für die Umlage nur von den Nettobeträgen (Ausgangsbeträge abzüglich Gewerbesteuerumlage) ausgeht und / oder andere Umlagen anrechnet. Das „Bruttoprinzip“ bei der Grundberechnung nach §§ 7, 8 LSA-FAG-05 beizubehalten und für die Berechnung der Finanzausgleichsumlage gleichwohl das „Nettoprinzip“ einzuführen, dürfte weder systemfremd sein noch sonst dem Gleichheitssatz widersprechen. Auch die vom Landkreistag gegen das „Nettoprinzip“ vorgebrachten Einwände beziehen sich allein auf die Auswirkungen für die Erhebung der Kreisumlage.
{RN:93}
2.3. § 19a Abs. 1 LSA-FAG-05 ist mangels einer gesetzlichen Regelung zur Handhabung von Besonderheiten im Einzelfall mit Art. 2 Abs. 3; 87 Abs. 1 LSA-Verf unvereinbar. Das Landesverfassungsgericht stellt nur die Unvereinbarkeit, nicht die Nichtigkeit der Norm fest. Die Feststellung der Unvereinbarkeit beruht auf § 41 S. 1 LSA-VerfGG (2.3.1.). Für eine Fristsetzung zur Nachbesserung fehlt es an einer rechtlichen Grundlage (2.3.2.).
{RN:94}
2.3.1. § 41 S. 1 LSA-VerfGG, der für die kommunale Verfassungsbeschwerde entsprechend anwendbar ist (§§ 51 Abs. 2; 50 LSA-VerfGG), lässt dem Gericht die Wahl, die verfassungswidrige Norm entweder für nichtig oder für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt eine Unvereinbarkeits- an Stelle einer Nichtigkeitserklärung u. a. dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (BVerfG, Urt. v. 28.04.1999 - 2 BvR 1926/96, 485/97 -, BVerfGE 100, 104 [136]; Beschl. v. 18.01.2000 - 1 BvR 321/96 -, BVerfGE 101, 397 [409]; zuletzt Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, JURIS, RdNrn. 146 ff). Diese Möglichkeit lässt das Landesverfassungsgerichtsgesetz mit seiner Wortwahl auch im Landesrecht zu. Der Landesgesetzgeber kann dem gesetzgeberischen Defizit in diesem Fall auf verschiedene Weise begegnen: Er kann eine entsprechende Ausnahmeregelung in das Gesetz aufnehmen, den Berechnungsmodus verändern oder die Abgabe ganz abschaffen.
Die Unvereinbarkeitsvariante zu wählen, erscheint auch deshalb angemessen, weil die Wirkungen des kommunalen Finanzausgleichs als Bestandteil der gesamten Finanzwirtschaft des Landes und der Kommunen auf Grund einer nachträglichen verfassungsgerichtlichen (Ergebnis-)Kontrolle praktisch nicht rückwirkend beseitigt werden können (ThürVerfGH, Urt. v. 21.06.2005 - VerfGH 28/03 -, JURIS, Abschn. C. III. 2.).
{RN:95}
2.3.2. § 41 LSA-VerfGG gibt dem Landesverfassungsgericht allerdings nur die Rechtsmacht, den Feststellungsausspruch zu wählen; zu einer Fristsetzung gegenüber dem Landesgesetzgeber oder gar zu einer Anordnung, dass bei den Fachgerichten bereits anhängige Verfahren als ausgesetzt gelten (so aber VfGH RP, Urt. v. 25.01.2006 - VGH B 1/05 -), ermächtigen weder das sachsen-anhaltische Landesverfassungsgerichtsgesetz selbst noch die durch es in Bezug genommenen (§ 33 Abs. 2 LSA-VerfGG) Bundesgesetze Verwaltungsgerichtsordnung oder Zivilprozessordnung. Das Landesverfassungsgericht hat deshalb in der Vergangenheit keine Frist verfügt, sondern ist lediglich davon ausgegangen, dass die „Unwirksamkeit“ einer verfassungswidrigen Bestimmung fortwirkt, bis der Landesgesetzgeber selbst von sich aus auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit reagiert hat (LVerfG LSA, LVerfGE 10, 440 [441, 456] = 11, 429 [430, 448 f]).
Soweit die Unwirksamkeit in der Praxis des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig auch eine Fristsetzung zur Folge hat (vgl. zuletzt: BVerfG, Beschl. v. 06.12.2005 - 2 BvL 3/03 -, BGBl 2006 I 276, FamRZ 2006, 182 ff), beruht dies nicht zuletzt auf der Ermächtigung des § 35 BVerfGG an das Gericht, selbst für die Vollstreckung des Urteils zu sorgen.
{RN:96}
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 32 LSA-VerfGG.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (Absatz 1).
{RN:97}
Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ist anzuordnen (Absatz 3), weil bei der Kommunal-Verfassungsbeschwerde eine dem § 2 Nr. 7 LSA-VerfGG (vgl. dazu § 32 Abs. 2 LSA-VerfGG) ähnliche Interessenlage besteht und weil es sich um besonders schwierige Rechtsfragen handelt, welche zu beurteilen der kreisangehörigen Gemeinde ohne rechtskundigen Rat nicht zugemutet werden kann.