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Urteil des Gerichtes

Entscheidungsvorblatt

Aktenzeichen: LVG 15/94 Entscheidungsart: Urteil Entscheidung vom: 27.10.1994
Verfahrensart Verfassungsbeschwerde
entscheidungserhebliche Vorschriften LSA-Verf Art. 7 Abs 1
LSA-Verf Art. 8 Abs 1
LSA-Verf Art. 42 Abs 1
LSA-Verf Art. 75 Nr 6
LSA-Verf Art. 89
LSA-Verf Art. 91 Abs 2
LSA-VerfGG § 2 Nr 7
LSA-VerfGG § 41
LSA-VerfGG § 47
LSA-VerfGG § 49
LSA-VerfGG § 50
LSA-GO § 31
LSA-GO § 40 Abs 1 Nr 2 a
LSA-GO § 59 Abs 1 S 3
Schlagworte Verfassungsrecht, verletztes - Ineligibilität - Unvereinbarkeit - Wählbarkeit - Gleichheitssatz, individueller - Gleichheitssatz, staatsbürgerlicher - Kandidatur - Betroffenheit - Rechtsschutzbedürfnis
Stichworte Urteil
Leitsatz Zur Verwerfung der Verfassungsbeschwerde mangels eigener Betroffenheit
Fundstellen nicht veröffentlicht
Sonstiges Zulässigkeit
Zitiervorschlag VerfGSA, Urteil vom 27.10.1994 - LVG 15/94 -,
www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de

Urteil

in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

LVG 15/94

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

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(Die grauen Ziffern über den Absätzen sind durchlaufende Absatznummern [Randnummern].)
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Tatbestand:

{RN:1}
Die Beschwerdeführerin ist Angestellte des Landkreises ... und dort Sachbearbeiterin im Organisationsamt des Landratsamts. Sie war in der abgelaufenen Wahlperiode Bürgermeisterin der zum Landkreis ... gehörenden Gemeinde ...

{RN:2}
§ 40 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LSA-GO - vom 5.10.1993 (LSA-GVBI, S. 568), geändert durch Gesetz vom 3.2.1994 (LSA-GVBI, S. 164 [166]), erklärt die Tätigkeit in der Kommunalaufsichtsbehörde für unvereinbar mit dem Mandat im Rat einer zum selben Kreis gehörenden Gemeinde. § 59 Abs. 1 Satz 3 LSA-GO erstreckt diese Unvereinbarkeit auf das Bürgermeisteramt.

{RN:3}
Mit Rücksicht auf diese Regelung hatte sich die Beschwerdeführerin für die Neuwahl am 12.6.1994 nicht erneut aufstellen lassen.

{RN:4}
Zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde führt die Beschwerdeführerin aus:

{RN:5}
Sie wolle das Begehren in der ParalleIsache LVG 14/94 unterstützen und festgestellt wissen, dass sie bei ihrer konkreten Tätigkeit im Landratsamt nicht von der Mandatsausübung ausgeschlossen werden könne. Sie habe keine Berührung mit der Kommunalaufsicht, sondern sei ausschließlich für die innere Organisation zuständig. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, reiche es aus, wenn nur die mit der Kommunalaufsicht Beschäftigten ausgeschlossen würden. Im deutlichen Gegensatz dazu stehe, dass bei Verwaltungsgemeinschaften nur deren Leiter verhindert sei. Wenn der Gesetzgeber Sorge gehabt habe, die kommunalen Ämter könnten nicht besetzt werden, habe er gleichmäßig verfahren müssen.

{RN:6}
Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Landesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.6.1994 LVG 15/94 -abgelehnt, weil die Beschwerdeführerin nicht mehr kandidiert hatte.

{RN:7}
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
§§ 40 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; 59 Abs. 1 Satz 3 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 5.10.1993 (LSA-GVBI, S. 568) i. d. F. des Art. 4 Nrn. 7 und 10 des Gesetzes vom 3.2.1994 (LSA-GVBI, S. 164) für nichtig zu erklären.

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Entscheidungsgründe:

{RN:8}
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

{RN:9}
Die Beschwerdeführerin ist nicht unmittelbar - wie es Art. 75 Nr. 6 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LSA-Verf - vom 16.7.1992 (LSA-GVBI, S. 600) und §§ 2 Nr. 7- 47 ff des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht - LSA-VerfGG - vom 23.8.1993 (LSA-GVBI, S. 441), geändert durch Gesetz vom 14.6.1994 (LSA-GVBI, S. 700), verlangen - in staatsbürgerlichen Rechten verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat zu § 93 Abs. 1, 3 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG - i. d. F. d. Bek. v. 11. 8.1993 [BGBl 1 1473] wiederholt entschieden, der Begriff der Unmittelbarkeit setze auch voraus, dass die Beeinträchtigung gegenwärtig (noch) bestehe (vgl. etwa-. BVerfG, [Schluss-]Urt. v. 5.11.1975 - 2 BvR 193/74 -, BVerfGE 40, 296 [310] <"Diäten-Urteil">; Beschl. v. 7.4.1981 - 2 BvR 1210/80 -, BVerfGE 57, 43 [55]). Obwohl die bundesrechtliche Vorschrift nur für die Frist von Bedeutung ist, weiche ein Beschwerdeführer bei der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht einhalten muss, sind die dort entwickelten Grundsätze übertragbar; denn auch im Landesrecht dient der in Art. 75 Nr. 6 LSA-Verf und §§ 2 Nr. 7; 47 ff LSA-VerfGG verwendete Begriff der Abgrenzung von Fällen, in welchen schon das Gesetz selbst Verfassungsrechte beeinträchtigt, von solchen, in weichen es erst der "Ausführung" durch die "Verwaltung" bedarf. Diese Auslegung hat das Landesverfassungsgericht seinen heutigen beiden Urteilen in den Parallelverfahren einerseits LVG 14,17,19/94 und andererseits LVG 18/94 zugrunde gelegt, in weichen die Beschwerdeführer gegenwärtig noch betroffen sind.

{RN:10}
Die Beschwerdeführerin kann ihren eigenen Antrag nicht mit der Erwägung aufrecht erhalten, sie wolle den Antragsteller in einem Parallelverfahren unterstützen; denn die Verfassungsbeschwerde muss die Verletzung in gerade eigenen Rechten geltend machen (vgl. BVerfGE 57, 43 [55]: "selbst").

{RN:11}
Die Beschwerdeführerin kann in diesem verfassungsrechtlichen Verfahren keine verbindliche Auslegung von Bestimmungen des einfachen Gesetzes verlangen, um die Feststellung zu erreichen, das Gesetz treffe auf sie gar nicht zu-, denn das Landesverfassungsgericht hat nur die Aufgabe, die Vereinbarkeit des einfachen Landesrechts mit der Landesverfassung zu prüfen und hat das einfache Recht allenfalls als Vorfrage zu klären. Die Auslegung der (einfachen) Gesetze ist Aufgabe der Fachgerichtsbarkeit, in diesem Fall der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

{RN:12}
Eine Prüfung, ob landesgesetzliche Vorschriften mit der Landesverfassung vereinbar sind, kann die Beschwerdeführerin in ihrem Verfahren nicht mehr verlangen, weil sie nicht kandidiert hat und das Amt einer Bürgermeisterin in ihrer Gemeinde seit den Kommunalwahlen von 1994 nicht mehr ausübt.

{RN:13}
An diesem Ergebnis ändert auch die Erwägung nichts, dass die Beschwerdeführerin erneut kandidieren könnte, wenn sich die sie ausschließende Unvereinbarkeit als verfassungswidrig herausgestellt hätte; denn mit Rücksicht auf die durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b LSA-GO und durch § 59 Abs. 1 Satz 3 [2. Halbsatz] LSA-GO bestimmten Fristen kann eine Ungleichbehandlung gerade nur für die laufende Wahlperiode in Frage kommen.

{RN:14}
Die Kostenentscheidung beruht auf § 32 LSA-VerfGG.
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Das Gericht

Der Sitz des Landesverfassungsgerichts ist Dessau-Roßlau.