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Urteil des Gerichtes

Entscheidungsvorblatt

Aktenzeichen: LVG 47/10 Entscheidungsart: Urteil Entscheidung vom: 10.05.2011
Verfahrensart Kommunalverfassungsbeschwerde
entscheidungserhebliche Vorschriften
Schlagworte
Stichworte Urteil
Leitsatz ohne
Fundstellen -
Sonstiges -
Zitiervorschlag VerfGSA, Urteil vom 10.05.2011 - LVG 47/10 -,
www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de

Urteil

in dem Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren

LVG 47/10

Urteil vom 10.05.2011

{T:w e g e n}

{T:des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Mansfeld-Südharz}
{T:u n d}
{T:des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform}


Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. wird zurückgewiesen.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. und 3. werden verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.



{T:T a t b e s t a n d:}


Mit den Verfassungsbeschwerden machen die Beschwerdeführer geltend, dass § 4 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Mansfeld-Südharz – GemNeuglG MSH – vom 08.07.2010, verkündet am 14.07.2010 (GVBl. S. 416), und § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Gemeindegebietsreform – GebRefAusfG – vom 08.07.2010, verkündet am 14.07.2010 (GVBl. S. 406 ff.), nichtig, hilfsweise unvereinbar mit Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – sind. Ferner sind sie der Ansicht, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 sowie § 8 i. V. m. § 9 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 und 2 GebRefAusfG nichtig, hilfsweise unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 – 3, Art. 87 Abs. 1, Art. 89 LVerf sind.

Die angegriffene Vorschrift des § 4 des GemNeuglG MSH lautet wie folgt:


§ 4 Einheitsgemeinde Südharz

Die Stadt Stolberg (Harz) und die Gemeinde Wickerode werden in die Einheitsgemeinde Südharz eingemeindet. Die eingemeindete Stadt und eingemeindete Gemeinde werden aufgelöst.



Die angegriffenen Vorschriften der §§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 8 sowie 9 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 des GebRefAusfG lauten wie folgt:


§ 4 Gemeindenamen

(1) Eingemeindungen führen nicht zu einer Änderung des Namens der aufnehmenden Gemeinde.
(2) Bei Neubildungen führt die Gemeinde den Namen, den das jeweilige Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt bestimmt. …


§ 7 Ortschaftsverfassung

(1) Fassen Gemeinden vor ihrer Auflösung einen Beschluss nach § 86 Abs. 1a der Gemeindeordnung, bilden die bisherigen Gemeinderäte der einzugemeindenden oder an der Gemeindeneubildung beteiligten Gemeinden für den Rest der Wahlperiode die Ortschaftsräte. Für den ehrenamtlichen Bürgermeister der aufzulösenden Gemeinden gilt § 58 Abs. 1b der Gemeindeordnung. …


§ 8 Wahlen

(1) Soweit in diesem Gesetz oder einem Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt keine besonderen Regelungen getroffen sind, finden auf Wahlen für Gebietsänderungen nach den Gesetzen über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt die Regelungen der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt sowie der Kommunalwahlordnung für das Land Sachsen-Anhalt Anwendung.

(2) Die Neuwahl des Gemeinderates erfolgt nach den Maßgaben des XI. Teils des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt.

(3) Soweit aufgrund der Bildung von Einheitsgemeinden ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin neu zu wählen ist, erfolgt die Wahl nach den Maßgaben des XI. Teils des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt.


§ 9 Erweiterung des Gemeinderates in aufnehmenden Gemeinden

(1) Findet bei gesetzlichen Eingemeindungen eine Neuwahl des Gemeinderates nicht statt, wird bis zur nächsten allgemeinen Neuwahl der Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde im Verhältnis zur Einwohnerzahl der eingemeindeten Gemeinde, mindestens jedoch um ein Gemeinderatsmitglied erweitert. Die Zahl der Mitglieder des Gemeinderates der aufnehmenden Gemeinde erhöht sich entsprechend.

(4) Wird ein Ortschaftsrat nach § 7 Abs. 1 oder nach § 86 Abs. 1a der Gemeindeordnung gebildet, wählt dieser aus seiner Mitte eine oder mehrere Personen, die dem Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde bis zur nächsten allgemeinen Neuwahl angehören. …


Die Beschwerdeführer sehen in diesen Vorschriften einen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf kommunale Selbstverwaltung und rügen eine fehlerhafte Anhörung im Gesetzgebungsverfahren.

Sie sind der Auffassung, § 4 GemNeuglG MSH sei schon deshalb verfassungswidrig, weil die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz nicht durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt, den er seiner gesetzgeberischen Entscheidung zugrunde gelegt habe, nicht ordnungsgemäß ermittelt und habe darüber hinaus eine fehlerhafte Abwägungsentscheidung getroffen. So fehle es am Nachweis, dass die Beschwerdeführerin zu 1. selbst wie auch das im Land bestehende Modell der Verwaltungsgemeinschaft nicht in der Lage gewesen seien, den Anforderungen an eine moderne Selbstverwaltung zu entsprechen. Die Schaffung einer großflächigen Einheitsgemeinde sei weder erforderlich noch geeignet gewesen, um das Ziel des Gesetzgebers, leistungsfähige Gemeinden zu bilden, zu erreichen. Die Beschwerdeführerin habe einen geordneten Haushalt, die Eingemeindung verschlechtere die wirtschaftliche Nutzung kommunaler Einrichtungen, behindere ehrenamtliches Engagement und sei unverhältnismäßig. Die demographischen Annahmen des Gesetzgebers träfen auf sie nicht zu. Die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz sei auch deshalb fehlerhaft, weil die Alternative einer anderweitigen Zuordnung nicht geprüft worden sei. So sei eine Eingemeindung in die kreisfreie Stadt Halle nicht geprüft worden. Bei seiner Entscheidung zur Neugliederung habe der Gesetzgeber den Gleichheitssatz nicht hinreichend beachtet. Nicht verfassungsgemäß sei auch der gesetzgeberische Eingriff in das Namensrecht der Beschwerdeführerin zu 1. Insoweit liege zudem auch ein formeller Verstoß des Gesetzgebers vor, da dieser im Gesetzgebungsverfahren bestehende Anhörungspflichten zum Namensrecht einer Gemeinde verletzt habe.

Die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 und des § 8 i.V.m. § 9 Abs. 1 GebRefAusfG würden sie in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1 LVerf beeinträchtigen. Die angegriffenen Regelungen verstießen gegen die Wahlgrundsätze des Art. 89 LVerf und schränkten das Demokratieprinzip ohne ausreichende Rechtfertigung in unzulässiger Weise ein. Die angeordnete Erweiterung des Gemeinderates der Einheitsgemeinde Südharz missachte willkürlich die bei der letzten Kommunalwahl getroffene Wahlentscheidung und verstoße gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl. Da die von der Beschwerdeführerin zu 1. delegierten Gemeinderäte unter Verletzung der Volkssouveränität nur mittelbar durch den Ortschaftsrat der Beschwerdeführerin zu 1. gewählt würden, sei deren demokratische Legitimation nicht ausreichend. Die Vertreter hätten zudem keine demokratische Legitimation durch die Bürger der aufnehmenden Einheitsgemeinde Südharz, die den Großteil der Einwohner der neuen Einheitsgemeinde stellten.

Die Entscheidung des Gesetzgebers, nach der Eingemeindung von einer Neuwahl des Gemeinderats abzusehen und stattdessen zwei mit einer minderen Legitimation ausgestattete Vertreter der Beschwerdeführerin zu 1. in den Gemeinderat der Einheitsgemeinde Südharz zu entsenden, sei zudem unverhältnismäßig. Es hätte sich stattdessen bei den von einer Neugliederung betroffenen Gemeinden eine Verbindung von Kommunalwahlen mit der im März 2011 abgehaltenen Landtagswahl angeboten. Der jetzige Zeitraum von ca. 42 Monaten zwischen Wirksamwerden der Neugliederung und der nächsten allgemeinen Kommunalwahl sei unangemessen lang und mit dem Demokratieprinzip und den Wahlrechtsgrundsätzen nicht vereinbar.


Die Beschwerdeführer beantragen,

1. § 4 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Mansfeld-Südharz (GemNeuglG MSH) für nichtig,
hilfsweise für unvereinbar mit der Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrecht Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (LVerf) zu erklären.

2. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Gemeindegebietsreform-Ausführungsgesetzes (GebRefAusfG) für nichtig,
hilfsweise für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 LVerf zu erklären.

3. § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Gemeindegebietsreform-Ausführungsgesetzes (GebRefAusfG) für nichtig,
hilfsweise für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Unmittelbarkeit der Kommunalwahl aus Art. 2 Abs. 1 – 3, Art. 87 Abs. 1, Art. 89 LVerf zu erklären.

4. § 8 i.V.m. § 9 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 des Gemeindegebietsreform-Ausführungsgesetzes (GebRefAusfG) für nichtig,
hilfsweise für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Unmittelbarkeit der Kommunalwahl aus Art. 2 Abs. 1 – 3, Art. 87 Abs. 1, Art. 89 LVerf zu erklären.

5. die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2010 hat die Landesregierung zu den Verfassungsbeschwerden Stellung genommen. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. und 3. seien bereits unzulässig. Den Beschwerdeführern fehle die Fähigkeit zur Erhebung einer kommunalen Verfassungsbeschwerde.

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. sei nur hinsichtlich des Antrags zu 1. zulässig, im Übrigen unzulässig.

Hinsichtlich des Antrages zu 2. werde die Beschwerdeführerin zu 1. unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von den Regelungen des § 4 GebRefAusfG betroffen. Sie sei weder unmittelbar noch gegenwärtig in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung nachteilig betroffen, weshalb ihr die Beschwerdebefugnis zur Erhebung einer kommunalen Verfassungsbeschwerde fehle. Die angegriffene Norm des § 4 GebRefAusfG betreffe in ihrem Absatz 1 allein die aufnehmende Gemeinde, deren Name bei Eingemeindungen unverändert bleibe. Der Absatz 2 der angegriffenen Vorschrift finde nur auf gesetzliche Neubildungen Anwendung. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor, da es sich bei der Neugliederung der Beschwerdeführerin zu 1. um eine Eingemeindung handele.

Hinsichtlich des Antrags zu 3. sei die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da die Beschwerdeschrift keine substantiierte Begründung einer möglichen Rechtsverletzung erkennen lasse und es der Beschwerdeführerin zu 1. auch nicht gestattet sei, etwaige Rechte ihrer Mandatsträger als eigene geltend zu machen.

Auch der Antrag zu 4. sei nicht hinreichend begründet worden. Es werde aus der Beschwerdeschrift nicht hinreichend klar, wessen Rechte die Beschwerdeführerin zu 1. hier geltend mache. Sollte sie Rechte der Beschwerdeführer zu 2. und 3. geltend machen wollen, sei ihr dieses versagt. Soweit sie Wahlrechte ihrer Einwohner geltend machen wolle, stünden diese nicht ihr sondern den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern zu.

Der Antrag zu 1. der Beschwerdeführerin zu 1. sei unbegründet. Die Regelung des § 4 GemNeuglG MSH stelle keinen willkürlichen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin dar und sei durch Gemeinwohlgründe gerechtfertigt.

Selbst wenn der Antrag zu 4. der Beschwerdeführerin zu 1. zulässig sein sollte, verstießen die Regelungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 GebRefAusfG nicht gegen das Demokratiegebot. Die angegriffenen Regelungen stellten einen ausgewogenen Kompromiss zwischen der Beachtung der Wahlrechtsgrundsätze und dem Repräsentationsgebot dar und gewährleisteten für eine Übergangszeit bis zur nächsten allgemeinen Kommunalwahl eine ausreichend demokratisch legitimierte Repräsentation der Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1.

Der Landtag hat sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beschwerdeschrift der Beschwerdeführer vom 31.08.2010 sowie die Erwiderung der Landesregierung mit Schriftsatz vom 03.12.2010 verwiesen.


{T:E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:}


Die kommunalen Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. und 3. sind unzulässig .

Die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. ist teilweise unzulässig ; soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.
{RN:1}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. und 3. sind unzulässig. Den Beschwerdeführern fehlt die Beschwerdefähigkeit. Gemäß Art. 75 Nr. 7 LVerf, §§ 2 Nr. 8, 51 Abs. 1 Landesverfassungsgerichtsgesetz – LVerfGG – steht ausschließlich den Kommunen und Gemeindeverbänden das Recht zu, vor dem Landesverfassungsgericht eine kommunale Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung zu erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 LVerf verletzt zu sein.

Soweit die Beschwerdeführer zu 2. und 3. der Auffassung sind, sie seien als Organ bzw. Teil eines Organs der Gemeinde und Beschwerdeführerin zu 1. ebenfalls befugt, Kommunalverfassungsbeschwerde zu erheben, weil die Beschwerdeführerin zu 1. durch sie überhaupt erst handlungsfähig sei, ist dies unzutreffend. Dieser Rechtsauffassung steht der eindeutige Wortlaut des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 Abs. 1 LVerfGG entgegen (vgl. auch LVerfG, Beschl. v. 28.06.2010 – LVG 3/10 –, http:/lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 3 des Internetauftritts).

{RN:2}
Die mit den Anträgen zu 2. und 3. erhobene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. ist unzulässig. Hinsichtlich des Antrages zu 2. ist die Beschwerdeführerin zu 1. nicht unmittelbar betroffen und damit nicht beschwerdebefugt. Hinsichtlich des Antrages zu 3. lässt die Beschwerdeschrift keine substantiierte Begründung einer möglichen Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin zu 1. durch § 7 Abs. 1 GebRefAusfG erkennen. Der Beschwerdeführerin zu 1. ist es darüber hinaus nicht gestattet, etwaige Rechte ihrer Gemeinderäte und des Beschwerdeführers zu 2. als eigene geltend zu machen.
Der Antrag zu 2. der Beschwerdeführerin zu 1. ist unzulässig. Die Beschwerdeführerin zu 1. kann ihr Ziel, den bisherigen Namen der Stadt Stolberg (Harz) zu erhalten oder den Namen der aufnehmenden Einheitsgemeinde Südharz entsprechend zu ändern, nicht mit einer Rüge der Verfassungsmäßigkeit des § 4 GebRefAusfG erreichen. Selbst wenn die Norm für nichtig oder mit der Verfassung unvereinbar erklärt würde, ändert sich dadurch nicht der Name der Einheitsgemeinde Südharz. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist hinsichtlich dieses Antrages zudem nicht unmittelbar betroffen und damit auch nicht beschwerdebefugt i.S.v. Art. 75 Nr. 7 LVerf, §§ 2 Nr. 8, 51 Abs. 1 LVerfGG.

Aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin zu 1. ergibt sich nicht, wie diese durch die Regelung des § 4 GebRefAusfG unmittelbar nachteilig betroffen sein soll. Zwar verliert die Beschwerdeführerin zu 1. durch die Eingemeindung ihren Namen. Der Verlust des Namens ist aber die zwangsläufige Rechtsfolge ihrer gesetzlichen Auflösung und folgt nicht aus § 4 GebRefAusfG. Auch wenn man die Darlegungen der Beschwerdeführerin zu 1. zum Recht am eigenen Namen einer Gemeinde, dessen Änderbarkeit sowie zum Erfordernis der Anhörung einer Gemeinde vor einer beabsichtigten Namensänderung hinzuzieht, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die angegriffene Vorschrift des § 4 GebRefAusfG richtet sich in ihrem Regelungsgehalt allein an die aufnehmende Gemeinde, deren Gemeindename sich durch die Eingemeindungen nicht verändert. § 4 Abs. 1 GebRefAusfG begründet deshalb nicht den Verlust des bisherigen Gemeindenamens der Beschwerdeführerin zu 1., sondern dieser ist vielmehr die unmittelbare Folge der gesetzlich angeordneten Auflösung. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von der Regelung des § 4 GebRefAusfG unmittelbar betroffen und deshalb auch nicht beschwerdebefugt.

Auch im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 GebRefAusfG besteht keine Beschwerdebefugnis. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 GebRefAusfG setzt nach ihrem Wortlaut die Neubildung einer Gemeinde voraus. Da die Beschwerdeführerin zu 1. jedoch weder an einer gesetzlichen Neubildung beteiligt gewesen ist, noch der Gesetzgeber einen Namen für die Einheitsgemeinde bestimmt hat, ist die Beschwerdeführerin durch § 4 Abs. 2 GebRefAusfG nicht in eigenen Rechten betroffen.

Es bedurfte auch keiner Anhörung der Beschwerdeführerin zu 1. zu einer beabsichtigten Namensänderung. Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen des GebRefAusfG keine Namensänderung der Beschwerdeführerin zu 1. vorgenommen. Von einer Namensänderung ist deshalb nicht auszugehen, da die Beschwerdeführerin zu 1. durch deren Auflösung als kreisangehörige Gemeinde nicht mehr existent ist und deshalb kein Gemeindename mehr existiert, der geändert wird. Aus diesem Grund ist auch die von der Beschwerdeführerin zu 1. zitierte Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17.01.1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [205]; Beschl. v. 12.01.1982 – 2 BvR 113/81 –, BVerfGE 59, 216 [231]) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Bei diesen Entscheidungen ging es um die erstmalige Bestimmung eines Gemeindenamens bei einer Neugliederung (BVerfG, Beschl. v. 17.01.1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE, 50 195 [205]) beziehungsweise die Änderung des Namens einer Gemeinde, die erst kurz zuvor neu gebildet worden war und einen Namen vom Gesetzgeber erhalten hatte (BVerfG, Beschl. v. 12.01.1982 – 2 BvR 113/81 –, BVerfGE 59, 216 [231]). Nur im zweiten Fall ist überhaupt ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Grundgesetz (GG) angenommen worden. In diesem Fall bestand die Gemeinde als Rechtsträger jedoch fort. Hiervon ist die hier vorliegende Auflösung einer Gemeinde mit Verlust ihrer rechtlichen Existenz zu unterscheiden. Durch den Verlust der rechtlichen Existenz geht der Name der Gebietskörperschaft mit unter. Insofern kann die Beschwerdeführerin sich nur gegen die Auflösung ihrer Rechtsperson selbst wenden und keine weitergehenden Rechte aus einem Namensrecht geltend machen.
Der Antrag zu 3. der Beschwerdeführerin zu 1. ist ebenfalls unzulässig. Die Beschwerdeführerin hat zu diesem Antrag keine Tatsachen vorgetragen, die eine eigene Beschwer möglich erscheinen lassen. Sie behauptet, durch § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 GebRefAusfG in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 bis 3, Art. 87 Abs. 1 und Art. 89 LVerf verletzt zu sein. Zwar wird Art. 89 LVerf nicht als rügefähiges Recht in Art. 75 LVerf, §§ 2 Nr. 8, 51 Abs. 1 LVerfGG genannt. Das Demokratiegebot ist jedoch bei der organisatorischen Ausgestaltung der Zusammensetzung des Gemeinderates zu berücksichtigen, weil es das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitbestimmt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91 –, BVerfGE 91, 228, [242]). Über ihre bloße Behauptung hinaus hat die Beschwerdeführerin zu 1. keine Tatsachen vorgetragen, die eine eigene Beschwer als möglich erscheinen lassen. Sie hat insbesondere nicht dargetan, wie die von ihr selbst eingeführte Ortschaftsverfassung zu einer Beeinträchtigung des Demokratiegebotes führen soll. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 GebRefAusfG ermöglicht den bisherigen Gemeinderäten und dem Beschwerdeführer zu 2. bis zum Ende der Wahlperiode als Ortschaftsräte tätig zu sein. Diese Regelung gewährt damit Rechte, die im Fall der Auflösung einer Gemeinde für diese ansonsten nicht bestünden. Insofern fehlt es an einer Beschwer. Die für den „neuen Ortsteil Stolberg“ eingeführte Ortschaftsverfassung könnte allenfalls Rechte der aufnehmenden Einheitsgemeinde Südharz beeinträchtigen. Diese Rechte kann die Beschwerdeführerin zu 1. jedoch nicht geltend machen.

Die Beschwerdeführerin zu 1. ist zudem nicht befugt, etwaige Rechte ihrer Gemeinderäte oder des Beschwerdeführers zu 2. stellvertretend oder als eigene Rechte geltend zu machen. Das Recht zur Erhebung einer kommunalen Verfassungsbeschwerde besteht nur dann und soweit, als durch eine gesetzgeberische Maßnahme in die Selbstverwaltungsgarantie einer Gemeinde selbst eingegriffen wird. Etwaige Rechte ihres Gemeinderats oder des Beschwerdeführers zu 2. gehören nicht zu der Organisationshoheit der Beschwerdeführerin zu 1. und damit nicht zu ihrer Selbstverwaltungsgarantie. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist deshalb im Hinblick auf die Rechte ihrer Gemeinderäte und des Beschwerdeführers zu 2. nicht selbst betroffen und deswegen nicht beschwerdebefugt (vgl. auch zuletzt LVerfG, Urt. v. 20.01.2011 - LVG 27/10, S. 8; Beschl. v. 28.06.2010 – LVG 3/10 –, RdNr. 3 des Internetauftritts). Aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht folgt auch kein allgemeiner Anspruch der Gemeinde auf verfassungskonformes Handeln des Gesetzgebers (vgl. LVerfG, Urt. v. 25.04.2007, – LVG 4/06 –, Sondervotum, RdNr. 135 des Internetauftritts; Beschl. v. 28.06.2010, – LVG 3 /10 –, a.a.O., RdNr. 3 des Internetauftritts).
{RN:3}
Soweit die Beschwerdeführerin zu 1. mit ihrem Antrag zu 1. geltend macht, § 4 GemNeuglG MSH verletze sie in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 3‚ Art. 87 Abs. 1 - 3 LVerf, ist die kommunale Verfassungsbeschwerde zulässig.

Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde berufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine sog. kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 LVerfGG. Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen, gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfassungsgericht anzurufen.

Nach § 51 Abs. 1 LVerfGG können Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf verletzt zu sein. Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG gelten die Vorschriften der §§ 48 bis 50 entsprechend. Nach § 49 LVerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz deckungsgleich mit § 92 BVerfGG) sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde, welche nach § 16 Abs. 1 Satz 2 LVerfGG erforderlich ist, das Recht, das verletzt sein soll, und die Gesetzesvorschrift, durch die sich die Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt sieht, zu bezeichnen. Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerin zu 1. selbst, gegenwärtig und ummittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist (BVerfG, Urt. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 - BVerfGE 71, 25, [34 ff.]; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger Hrsg., Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91, RdNr. 18). Die angegriffene Norm greift unmittelbar und gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin zu 1. ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsaktes bedarf. Mit der angegriffenen Regelung wird die Beschwerdeführerin zu 1. unmittelbar in ihrer rechtlichen Existenz aufgelöst.

Hinsichtlich des Antrages zu 4. ist fraglich, ob die Beschwerdeführerin zu 1. in eigenen Rechten verletzt ist. Dies kann jedoch letztendlich dahinstehen, weil die Regelungen zur Entsendung von Mitgliedern des Gemeinderates der aufgelösten Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sind. Dieses hat das Landesverfassungsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 20.01.2011 (LVerfG, Urt. v. 20.01.2011 – LVG 22/10 –, Leitsatz 3 des Internetauftritts) entschieden: „Ordnet der Gesetzgeber für den Fall der Eingemeindung kleinerer Gemeinden keine Neuwahlen an, so muss ihm aus dem Blickwinkel des Art. 89 LVerf zugebilligt werden, dass er sich anstelle des bloßen Unterlassens von Neuwahlen für eine Zwischenlösung in Gestalt einer Entsenderegelung entscheidet, mit der er vermeidet, dass sich die neu hinzugekommenen Einwohner im Gemeinderat selbst nicht repräsentiert sehen. Er erreicht damit zumindest einen Zustand, der dem Verfassungsgebot des Art. 89 LVerf näher kommt als es völlige Untätigkeit wäre. Dass er damit das Verfassungsgebot nicht vollkommen verwirklicht, kann für eine Übergangszeit hingenommen werden.“ Diese Ausführungen gelten hier entsprechend.

Die sonstigen formellen Bestimmungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48 LVerfGG gewahrt.
{RN:4}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet.
{RN:5}
Soweit die Beschwerdeführerin zu 1. Anhörungsmängel im Gesetzgebungsverfahren geltend macht, geht dieser Einwand fehl. Der Landesgesetzgeber war nicht verpflichtet, die Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1. zu den Änderungen des Entwurfs des Zweiten Begleitgesetzes zur Gebietsreform anzuhören.

Nach Art. 90 Satz 2 LVerf setzt eine Gebietsänderung von Gemeinden eine Anhörung der betroffenen Gemeinden und deren Einwohner voraus. Das Nähere regelt ein Gesetz. Art. 90 Satz 2 LVerf verpflichtet den Gesetzgeber dabei zur Anhörung der Gemeinden und der Einwohner, die direkt von einer Gebietsänderung betroffen sind (vgl. dazu, LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 11 ff. des Internetauftritts; LVerfG, Urt. v. 31.05.1994, – LVG 2/93 – , RdNr. 248 des Internetauftritts).

Diesem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anhörungserfordernis ist der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des GemNeuglG MSH ausreichend nachgekommen.

Auf der Grundlage des Referentenentwurfes, in dessen Begründung die dem Neugliederungsvorhaben zugrunde liegenden Erwägungen im Einzelnen niedergelegt waren, wurde die Beschwerdeführerin zu 1. über den wesentlichen Inhalt der Neugliederung in Kenntnis gesetzt. Sie hatte ausreichend Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen und hat hiervon auch Gebrauch gemacht. Sie hat in der administrativen Anhörung mit Schreiben vom 25.11.2009 Stellung genommen und ist zudem durch den Ausschuss für Inneres erneut angehört worden und hat dort mündlich Stellung genommen (vgl. APr INN, 73, Sitzung am 07.05.2010, S. 50-53).

Auch die von Verfassungs wegen gebotene Anhörung der Einwohner ist in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise durchgeführt worden. Die Bürgerinnen und Bürger der Beschwerdeführerin zu 1. sind durch Bekanntmachung vom 25.09.2009 davon unterrichtet worden, dass der Referentenentwurf eines Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden in Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Mansfeld-Südharz während der allgemeinen Öffnungszeiten der Verwaltungsgemeinschaft zur Einsichtnahme bereit liegt und am 29.11.2009 eine Bürgeranhörung zu der nach dem Referentenentwurf vorgesehenen Eingemeindung der Stadt Stolberg (Harz) in die Einheitsgemeinde Südharz durchgeführt wird. Die Ergebnisse der Bürgeranhörung sind im Regierungsentwurf dargestellt worden (LT-Drs. 5/2408, S. 67 f.). Das Ergebnis der Bürgeranhörung hat dem Gesetzgeber bei seiner Entscheidung vorgelegen und ist in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Im Gesetzgebungsverfahren ist der Gesetzentwurf über die gesetzliche Neugliederung der Beschwerdeführerin zu 1. nicht verändert worden. Einer erneuten Bürgeranhörung bedurfte es deshalb nicht.

Die von der Beschwerdeführerin zu 1. angeführten Änderungen im Bereich der Ortschaftsverfassung, die ihrer Auffassung nach eine erneute Anhörung der Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1. erforderlich gemacht hätten, betreffen den Entwurf des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform. Ein einheitlicher Anhörungsanspruch der Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1. zu dem GemNeuglG MSH und dem Zweiten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform besteht nicht. Das GemNeuglG MSH und das Zweite Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform beruhen auf eigenständigen Gesetzesinitiativen mit unterschiedlichen Gesetzgebungsgründen und -zielen. Beide Gesetze begründen jeweils für sich ein eigenständiges Gesetzgebungsverfahren. Die Frage des verfassungsrechtlichen Anhörungsanspruchs ist dabei für jedes Gesetzgebungs-verfahren gesondert zu beurteilen. Nach Art. 90 LVerf war der Gesetzgeber nur verpflichtet, die Beschwerdeführerin zu 1. und ihre Einwohner zu dem Entwurf des GemNeuglG MSH anzuhören. Allein dieser Gesetzentwurf sah eine Gebietsänderung durch Auflösung der Beschwerdeführerin zu 1. sowie deren Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Südharz vor, der Gesetzentwurf zum Zweiten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform dagegen nicht.

Es besteht kein über Art. 90 Satz 2 LVerf hinausgehender Anspruch einer einzelnen Gemeinde oder deren Einwohner auf Anhörung im Gesetzgebungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts kann Art. 90 LVerf über seinen Wortlaut hinaus nicht entsprechend auf eine Gruppe „schwerer Eingriffe“ ausgedehnt werden. Bei der Anhörungspflicht des Art. 90 LVerf handelt es sich um eine Sonderregelung für die Gebietsreformen, die der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Problematik Rechnung trägt (LVerfG, Urt. v. 25.04.2007 – LVG 6/06 –, RdNr. 63 des Internetauftritts; Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 12 des Internetauftritts).

Auch aus der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 2 Abs. 3 und 87 Abs. 1 LVerf in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 2 Abs. 1 LVerf kann vorliegend keine Pflicht zur Anhörung hergeleitet werden. Eine solche Pflicht bestünde allenfalls bei Vorliegen eines planerischen Einschlags, wie er etwa bei einer durch Gesetz vollzogenen flächendeckenden Gebietsreform auf Kreisebene anzunehmen ist. Auch bei überörtlichen administrativen Planungen kann sich – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – ein Anspruch einer Kommune auf Anhörung nur dann ergeben, wenn sich aus dem Planungsakt konkrete Einwirkungen auf die Selbstverwaltung einzelner Gemeinden ergeben können und den betroffenen Gemeinden hierdurch im Vergleich zu anderen Gemeinden ein Sonderopfer auferlegt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76 –, BVerfGE 56, 298 [320]; LVerfG, Urt. v. 25.04.2007 – LVG 6/06 –, RdNr. 63 des Internetauftritts; LVerfG Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, a.a.O., RdNr. 13 des Internetauftritts). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Zweite Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform enthält keine planerischen Elemente für die konkrete gesetzliche Neugliederung einer Gemeinde sondern die gemeinsamen Ausführungsvorschriften für den Vollzug und den Abschluss der Gemeindegebietsreform.

Zu Unrecht rügt die Beschwerdeführerin die Überführung ihres Gemeinderates in einen Ortschaftsrat als Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Das Verfassungsrecht der Beschwerdeführerin zu 1. auf Selbstverwaltung umfasst zwar grundsätzlich auch einen Bestandsschutz ihrer gewählten Organe für die Dauer ihrer Wahlperiode. Es verbietet dem Gesetzgeber sie aufzulösen, wenn dies nicht aus verfassungsrechtlichen oder aus sonstigen gewichtigen Gründen des öffentlichen Wohls geboten ist (BayVerfGH, Urt. v. 16.05.1972 – Vf. 71-VII-71 –, BayVBl. 1972, S. 326 f.; VerfGH NW, Urteil v. 30.06.1976 – VerfGH 29/76 –, OVGE MüLü 31, 316 ff.). Einer solchen Auflösung ist die hier vorgenommene Überführung ihrer Hauptorgane in ein Mitwirkungsorgan „mit geminderten Kompetenzen“ (Ortschaftsrat) grundsätzlich gleich zu stellen.
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Rechtfertigende Gründe liegen hier aber sowohl für die Auflösung der Beschwerdeführerin zu 1. als auch für die Überführung ihrer gewählten Organe in Ortschaftsräte vor. Der Gesetzgeber war zum Erlass des GemNeuglG MSH im Rahmen der von ihm angestrebten Gemeindegebietsreform befugt, weil es auf Gemeinwohlgesichtspunkte im Sinne von Art. 90 LVerf gestützt ist und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entspricht.

Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Neugliederung und damit die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz die Kriterien des § 2 des Gesetzes über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt (GemNeuglGrG) zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin zu 1. im erforderlichen Umfang berücksichtigt.

Welche Gemeinwohlgründe der Gesetzgeber mit der Gemeindegebietsreform verfolgt, legt § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG fest. Danach geht es insbesondere um die Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen, die in der Lage sind, die eigenen und übertragenen Aufgaben dauerhaft, sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen.

Das Landesverfassungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme, hier die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz, nur darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob die angesprochenen Gemeinwohlgründe und die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in den Abwägungsvorgang Eingang gefunden haben. Ziele, Wertungen und Prognosen sind dabei verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn und soweit sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE, 2, 323 [338] m.w.N. zur Rspr. d. BVerfG; LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 u.a. –, RdNr. 21 des Internetauftritts).

Das Abwägungsergebnis muss ferner dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt jedoch nur in seiner durch legislatorische Beurteilungs- und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung. Hat der Gesetzgeber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlerhafter Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen. Auch gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Staatsorganisationsrecht nicht, wie bei Grundrechtseingriffen, die Anwendung des mildesten Mittels. Das Verfassungsgericht hat bei kommunalen Neugliederungsmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit daher nicht zu prüfen, ob eine andere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 des Internetauftritts m.w.N.).

Gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen wird die mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 4 GemNeuglG MSH den Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 - 3 LVerf gerecht. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Neugliederung und damit die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz die Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin zu 1. im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Der Abwägungsvorgang, der zur Verabschiedung des GemNeuglG MSH geführt hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ist vom Landesgesetzgeber vollständig und zutreffend ermittelt worden.

Zur Bestimmung der Tatsachen, die im Hinblick auf den Zweck der Neugliederungsmaß-nahme als Leitbilder und Leitlinien entscheidungserheblich sein konnten, standen dem Gesetzgeber die von der Landesregierung erhobenen und in der Begründung ihres Gesetzentwurfes dargestellten Informationen zur Verfügung (LT-Drs. 5/2404, S. 61 ff.). Hierzu zählen die Einwohnerzahlen der Beschwerdeführerin zu 1. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung beachtet, dass alle in der unmittelbaren Nachbarschaft der Beschwerdeführerin zu 1. bestehenden Gemeinden, mit Ausnahme der Gemeinde Wickerode, bereits eine kommunale Neugliederung vollzogen und zum 01.01.2010 eine Einheitsgemeinde gebildet haben. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch eine mündliche Anhörung der Beschwerdeführerin zu 1. eigene Sachverhaltsermittlungen durchgeführt. So hat die Beschwerdeführerin zu 1. in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 25.11.2009 sowie in den Ausführungen ihres Bürgermeisters in der mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres am 07.05.2010 sämtliche Umstände dargestellt, die aus ihrer Sicht gegen die geplante Neugliederung und für den Erhalt ihrer Selbständigkeit sprechen (vgl. APr INN, 73. Sitzung am 07.05.2010, S. 50 - 53).

Die Beschwerdeführerin zu 1. bleibt deshalb mit ihrer pauschalen Behauptung, der Gesetzgeber habe die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen nicht ordnungsgemäß ermittelt, erfolglos. Es ist von ihr weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, welche weiteren Tatsachen der Gesetzgeber in seine Entscheidungsfindung hätte aufnehmen sollen.

Erfolglos bleibt die Beschwerdeführerin zu 1. mit ihrer Rüge, der gesetzgeberische Abwägungsvorgang sei nicht erkennbar. Die Verfassung verlangt nicht, dass der Gesetzgeber eine formelle Rechtfertigung seines Abwägungsergebnisses beschließt. Gesetze unterliegen insoweit keiner formellen Begründungspflicht (vgl. LVerG, Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 68 des Internetauftritts m.w.N.). Nach § 41 ff. LVerf lassen es die allgemeinen Bestimmungen über den Landtag für einen formell wirksamen Gesetzesbeschluss genügen, wenn er von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (Art. 51 Abs. 1 LVerf), sie setzen nicht zusätzlich voraus, dass das Ergebnis auf einer einheitlichen Motivation dieser Mehrheit beruht (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/95 –, LVerfGE 2, 227, [262]).

Die Rüge, der Gesetzgeber habe die Alternative einer Zuordnung zur Stadt Halle (Saale) nicht geprüft, hat die Beschwerdeführerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten.

Der Neugliederungsbedarf ergibt sich aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdeführerin zu 1. Die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GemNeuglGrG für eine Einheitsgemeinde erforderliche Regeleinwohnermindestzahl von 10.000 und selbst die nach § 2 Abs. 3 Satz 2 GemNeuglGrG ausnahmsweise zugelassene Mindestgröße von 8.000 Einwohnern wird mit 1.410 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag (31.12.2005) mehr als deutlich unterschritten. Aufgrund dieser geringen Einwohnerzahl konnte der Gesetzgeber die Beschwerdeführerin zu 1. als nicht leistungsfähige Gemeinde ansehen, so dass die gemeinwohlorientierten Ziele der Gemeindegebietsreform gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführerin zu 1. am Erhalt ihrer kommunalen Selbständigkeit überwiegen. Das Landesverfassungsgericht hat es bereits in seiner Entscheidung zum Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform als aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich eingestuft, dass der Gesetzgeber als Indiz für die Leistungsfähigkeit der Gemeinde typisierend Rückgriff auf deren Einwohnerzahl nimmt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 ff. des Internetauftritts).

Unzulässig sind die Einwände der Beschwerdeführerin zu 1., der Gesetzgeber habe seiner Neugliederungsentscheidung eine unzutreffende Einschätzung über die Frage der finanziellen Leistungsfähigkeit größerer Gemeindestrukturen zugrunde gelegt, und auch das bestehende Modell der Verwaltungsgemeinschaft sei in der Lage gewesen, den Anforderungen an eine moderne Selbstverwaltung gerecht zu werden. Mit diesen Einwänden greift die Beschwerdeführerin zu 1. die Wertungen des Gesetzgebers aus dem Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform an. Dieses ist ihr aber aufgrund des Ablaufs der Jahresfrist des § 48 LVerfGG verwehrt. Darüber hinaus hat das Verfassungsgericht die Zulässigkeit dieser gesetzgeberischen Annahmen in seinen Urteilen vom 21.04.2009 (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 31 ff. des Internetauftritts; LVG 118/08, a.a.O., RdNr. 30 ff. des Internetauftritts) als verfassungskonform bestätigt.

Die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz (§ 4 GemNeuglG MSH) war geeignet, die Reformziele des GemNeuglGrG zu erfüllen. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. die Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden entsprechend gewürdigt und das bestehende kommunale Selbstverwaltungsrecht im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang berücksichtigt.

An der zulässigen Annahme des Gesetzgebers zur fehlenden Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin zu 1. ändert das von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument, die Annahme der fehlenden Leistungsfähigkeit treffe auf sie nicht zu, da sie über einen geordneten Haushalt verfüge, nichts. Der Gesetzgeber war bei seiner Entscheidung nicht darauf beschränkt, isoliert die Verhältnisse der Beschwerdeführerin zu 1. zu betrachten. Die jeweilige gemeindliche Haushaltssituation bildet lediglich einen bei der Abwägung zu beachtenden Gesichtspunkt. Der Gesetzgeber hat bei einer allgemeinen Gebietsreform auch das Gemeinwohl für die Gesamtstruktur des Landes im Auge zu behalten. Bei einer derartigen Reform geht es unter anderem darum, größere Räume neu zu gliedern und in diesem Zusammenhang die überörtlichen Belange für die gesamte Kommunalstruktur des Landes unter Beachtung großräumiger, wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer, kultureller, geschichtlicher und weiterer Gesichtspunkte zu bedenken. Dabei kann es der Grundsatz der Systemgerechtigkeit in Einzelfällen auch gebieten, dass leistungsfähige Mittelgemeinden ihre Eigenständigkeit aufgeben müssen und sich den übergeordneten Gesichtspunkten einer möglichst gleichmäßigen kommunalen Struktur im Land zu unterwerfen haben.

Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beschwerdeführerin zu 1., in größeren Einheitsgemeinden würden die Kosten durch Zentralisierung und Schließung von kommunalen Einrichtungen und damit verbundene längere Anfahrts- und Transportwege eher steigen und die Qualität dieser Einrichtungen infolge des Rückganges von bürgerschaftlichem Engagement eher sinken. Auch für diese Behauptung erbringt sie keinerlei Belege. Gegen diese Behauptung spricht hingegen das vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Auftrag des Ministeriums des Innern erstellte Gutachten: „Zur Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt“ vom 19.06.2007 und das Gutachten der Herren Dr. Wiegand und Dr. Grimberg. Beide Gutachten haben großteilige Verwaltungsstrukturen als effizienter gegenüber kleinteiligen eingestuft. In jedem Fall beruht die von der Beschwerdeführerin zu 1. abweichende Beurteilung des Gesetzgebers zur Effizienz von großteiligen Verwaltungsstrukturen nicht auf willkürlichen und sachfremden Erwägungen. Der Gesetzgeber konnte sich daher im Rahmen seines ihm aus der staatlichen Organisationshoheit resultierenden Gestaltungsspielraums in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise dafür entscheiden, dass großflächige Einheitsgemeinden besser geeignet sind, die Reformziele einer Stärkung der gemeindlichen Ebene unter Wahrung der bürgerschaftlichen Beteiligung und Identifikation zu erreichen als die Fortführung der bestehenden kleinteiligen Verwaltungsstruktur. Im Kern geht auch dieser Angriff der Beschwerdeführerin zu 1. gegen die Regelungen des Gesetzgebers aus dem GemNeuglGrG. Dies ist ihr aber aufgrund des Ablaufes der Jahresfrist des § 48 LVerfGG verwehrt. Im Übrigen hat das Landesverfassungsgericht diese Regelungen bereits als verfassungsgemäß bestätigt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 des Internetauftritts).

Gegen die Eingemeindung sprechen nicht die von der Beschwerdeführerin zu 1. genannten Einwände, dass nur Bürgerinnen und Bürger unmittelbar vor Ort aufgrund ihrer individuellen, lokalen und damit speziellen Kenntnisse in der Lage seien, die lokalen Probleme zu lösen, nicht dagegen eine entfernte Verwaltung an deren Hauptsitz in Roßla; angesichts der Größe der Einheitsgemeinde wären die neuen Gemeindestrukturen zum Teil emotional und räumlich zu weit von der zu treffenden Entscheidung entfernt, die durch die Eingemeindung geschaffenen Strukturen würden zudem bürgerschaftliches Engagement nachhaltig behindern.

Für ihre Behauptungen erbringt die Beschwerdeführerin zu 1. keinen Beweis. Sie stellt bei ihrer Argumentation lediglich ihre eigene Einschätzung der Situation der des Gesetzgebers gegenüber und hält ihre für zutreffender. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Die Entscheidung des Gesetzgebers wäre nur dann zu beanstanden, wenn seine Einschätzung, die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz sei zur Erreichung der Ziele der Gebietsreform erforderlich, jeder Tatsachengrundlage entbehren würde und offensichtlich sachwidrig wäre. Ein Verstoß gegen den dem Gesetzgeber zuzubilligenden Beurteilungsspielraum ist vorliegend aber nicht gegeben.

Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme ferner darauf hingewiesen, dass im Land bereits zahlreiche Einheitsgemeinden mit mehreren Ortsteilen bestehen, ohne dass hierdurch evident schlechter akzeptierte Entscheidungen der Verwaltung getroffen werden und das ehrenamtliche kommunale Engagement der Einwohner dieser Einheitsgemeinden erkennbar darunter gelitten hätte. Diese Überlegung des Gesetzgebers ist im Hinblick auf den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht zu beanstanden. Sie entbehrt nicht jeder Tatsachengrundlage und ist offensichtlich auch nicht sachwidrig.

Der Gesetzgeber hat zudem bei seiner Entscheidung bürgerschaftliche Belange berücksichtigt. So sieht Artikel 1 des Zweiten Begleitgesetzes zur Ausführung der Gemeindegebietsreform für die gesetzlich neugegliederten Gemeinden in den §§ 7, 9 GebRefAusfG durch Überleitung der bisherigen Gemeinderäte und des Bürgermeisters in Ortschaftsräte für den Rest der Wahlperiode und durch Entsendung von Vertretern der aufgelösten Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde, umfassende Mitwirkungsmöglichkeiten mit lokalem Bezug vor. Der Gesetzgeber hat ferner das bestehende Ortschaftsverfassungsrecht durch Artikel 2 des Zweiten Begleitgesetzes zur Ausführung der Gemeindegebietsreform um weitere Möglichkeiten der Ausgestaltung erweitert.

Ferner geht der Einwand der Beschwerdeführerin zu 1. fehl, der Gesetzgeber habe, wenn er die Notwendigkeit einer Gemeindegebietsreform mit der Altersstruktur begründe, alle relevanten Argumente heranzuziehen und nicht diejenigen außer Acht zu lassen, die seinen Vorstellungen nicht entsprächen. Die Beschwerdeführerin zu 1. weise in ihrem Bestand keine Abwanderung von Einwohnern auf, so dass die vom Gesetzgeber für die Notwendigkeit der Gemeindereform angenommene demographische Entwicklung auf sie gar nicht zutreffe. Die Beschwerdeführerin zu 1. hat mit diesem Vortrag nicht aufgezeigt, dass der Gesetzgeber den ihm im Rahmen seiner Wertungen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hat. Zum Bereich der dem Gesetzgeber zustehenden politischen Wertungen und Prognosen gehört es auch einzuschätzen, dass angesichts der im Land belegten demographischen Entwicklung eine kleinteilige Gemeindestruktur künftig nicht mehr in der Lage sein wird, die insbesondere aus dem Sozialstaatsprinzip resultierenden Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge für alle Bürger in gleicher Weise zu erfüllen.

Das vom Landesgesetzgeber getroffene Abwägungsergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der gesetzgeberische Eingriff steht nicht außer Verhältnis zu den mit der Reform verfolgten Zielen und ist frei von willkürlichen Erwägungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Einwände der Beschwerdeführerin zu 1., der Gesetzgeber habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführerin zu 1. nicht hinreichend berücksichtigt, er habe es versäumt, ihre vor der Eingemeindung bestehende Situation den Folgen einer Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Südharz gegenüber zu stellen und habe die Option des Erhalts der Selbstständigkeit nicht hinreichend erwogen, gehen fehl. Die Forderung nach der Erstellung einer solchen umfassenden Schaden-Nutzen-Bilanz ist nicht gerechtfertigt (LVerfG Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.). Der Gesetzgeber ist bei einer kommunalen Neugliederung nicht verpflichtet, eine wissenschaftliche Untersuchung des Einzelfalls in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass solche Untersuchungen wissenschaftlich profund erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchgeführt werden können, liegt es in seinem Gestaltungsermessen, inwieweit er in seine verfassungs- und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer quantitativen Betrachtungsweise weitgehend entziehen.

Die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz steht in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen der Reform, die gemeindliche Ebene unter Wahrung der bürgerschaftlichen Beteiligung und Identifikation zu stärken.

Die Beschwerdeführerin zu 1. stellt der von ihr für fehlerhaft gehaltenen Entscheidung des Gesetzgebers ihre eigenen Prognosen und Beurteilungen gegenüber und hält insgesamt ein anderes Ergebnis für besser geeignet. Damit verkennt sie den dem Gesetzgeber zustehenden Beurteilungsspielraum. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist es nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung, ob der Gesetzgeber eine andere Neugliederungsentscheidung hätte treffen können und ob eine andere Lösung besser, zweckmäßiger oder schonender gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 ff. des Internetauftritts).

Aus diesem Grund geht der Einwand der Beschwerdeführerin, als milderes Mittel sei auch die Beibehaltung der bestehenden Verwaltungsgemeinschaft in Betracht gekommen, fehl. Darüber hinaus greift die Beschwerdeführerin zu 1. hiermit Wertungen des Gesetzgebers aus dem Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform an. Dies ist ihr aber aufgrund des Ablaufes der Jahresfrist des § 48 LVerfGG verwehrt.

Die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz stellt sich ferner nicht als willkürlicher Eingriff in deren Selbstverwaltungsrecht dar.

Die Rüge der Beschwerdeführerin zu 1., die Entscheidungsfreiheit ihres Gemeinderates sei ungerechtfertigt eingeschränkt worden, indem ihm die Möglichkeit eines anderweitigen Zusammenschlusses genommen worden sei, was den Gleichheitssatz verletze, greift nicht durch. Die Eingemeindung der Beschwerdeführerin zu 1. in die Einheitsgemeinde Südharz beruht auf § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG, wonach Gemeinden, die der Kommunalaufsicht bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheitsgemeinde oder einer Verbandsgemeinde vorgelegt haben, durch Gesetz zu Einheitsgemeinden zusammengeschlossen werden. Aufgrund der räumlichen Lage der Beschwerdeführerin zu 1. bestand – zum Zeitpunkt der gesetzgeberischen Entscheidung – keine anderweitige Zuordnungsmöglichkeit.
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Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Die kommunale Verfassungs¬beschwerde bleibt in vollem Umfang erfolglos. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführer anzuordnen, sind nicht ersichtlich.
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Das Gericht

Der Sitz des Landesverfassungsgerichts ist Dessau-Roßlau.