Urteil des Gerichtes
Entscheidungsvorblatt
Aktenzeichen: LVG 81/10 | Entscheidungsart: Urteil | Entscheidung vom: 26.01.2012 |
Verfahrensart | Kommunalverfassungsbeschwerde | |
entscheidungserhebliche Vorschriften | ||
Schlagworte | ||
Stichworte | Urteil | |
Leitsatz | Ohne | |
Fundstellen | - | |
Sonstiges | - | |
Zitiervorschlag |
VerfGSA, Urteil vom
26.01.2012 - LVG 81/10 -, www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de |
Urteil
in dem Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren
LVG 81/10
26.01.2012
w e g e n
des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis
{T:Tenor}
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
{T:T a t b e s t a n d}
Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, § 3 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis – GemNeuglG SK – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 417) sei unvereinbar mit der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87, 88, 90 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600 ff.), zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 27. 01.2005 (GVBl. S. 44), garantierten kommunalen Selbstverwaltung und deshalb nichtig.
Die angegriffene Vorschrift des § 3 GemNeuglG SK lautet wie folgt:
§ 3 Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord
Aus den Städten Löbejün und Wettin sowie den Gemeinden Brachwitz, Döblitz, Domnitz, Gimritz, Nau-endorf, Neutz-Lettewitz, Plötz und Rothenburg wird die Einheitsgemeinde Stadt Löbejün-Wettin gebildet. Mit Bildung der neuen Stadt werden die an der Neubildung beteiligten Städte und Gemeinden aufgelöst. Für die Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord gilt § 2 Abs. 5 Satz 1 des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes.
Die Beschwerdeführerin sieht in dieser Vorschrift einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1, 88, 90 LVerf.
Sie ist der Auffassung, § 3 GemNeuglG SK sei schon deshalb verfassungswidrig, weil ihre Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejun nicht durch Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt, den er seiner Ent-scheidung zugrunde gelegt habe, nicht ordnungsgemäß ermittelt. So hätte er die in der ehe-maligen Verwaltungsgemeinschaft bestehende heterogene Finanzsituation untersuchen müssen, da nach der Neugliederung aufgrund negativer Anreizeffekte („Common-pool -Problem“ und „Grolleffekte“) mit einer Verstärkung der Fiskalillusionen zu rechnen sei. Durch die Neugliederung werde die Neigung zur Neuverschuldung eher zu- als abnehmen. Die An-reize zur Pflege eigener Steuerquellen würden sich dagegen eher vermindern. Der Gesetz-geber hätte deshalb vor seiner Neugliederungsentscheidung die Ursachen der Verschuldung aufklären müssen, um das Problem der negativen Anreize zu mildern bzw. Wege zu einer interkommunalen Finanzsolidarität (beispielsweise durch eine völlige Entschuldung der betei-ligten Gemeinden oder eine Entschuldung auf durchschnittliches Landesniveau) zu eröffnen. Der Gesetzgeber hätte auch klären müssen, ob und für welche Aufgabenbereiche mit Aus-gabenreduzierungen zu rechnen sei.
Im Übrigen sei die Auflösung der Beschwerdeführerin und in deren Folge die Bildung der neuen Einheitsgemeinde nicht verhältnismäßig. Für die Gemeinden der ehemaligen Verwal-tungsgemeinschaft Saalkreis Nord – einschließlich der Beschwerdeführerin – habe in der freiwilligen Phase aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt – GemNeuglGrG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), zuletzt geändert durch Art. 8 des zweiten Gesetzes zur Fort-entwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238), und der Tat-sache, dass die der Verwaltungsgemeinschaft angehörige Gemeinde Brachwitz eine ge-meinsame Gemarkungsgrenze mit der kreisfreien Stadt Halle (Saale) aufweise, nicht die Möglichkeit der Bildung einer Verbandsgemeinde bestanden. Auch in der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform sei die Zusammenlegung zu einer Einheitsgemeinde die einzige mögliche Option gewesen. Diese Vorgabe des Gesetzgebers habe ihre Handlungsmöglich-keiten in unzulässiger Weise eingeschränkt und sei willkürlich.
Die vom Gesetzgeber im Rahmen der Neugliederungsentscheidung vorgenommene Abwä-gung sei zudem fehlerhaft. In der Begründung des Neugliederungsgesetzes sei lediglich ausgeführt worden, dass keine Aspekte vorlägen, die der getroffenen Entscheidung entge-genstünden. Es sei nicht hinreichend dargetan worden, dass künftig nur durch die Bildung einer Einheitsgemeinde eine leistungsfähige Struktur erreicht werden könne. Die Bildung einer Verbandsgemeinde sei für ihre Verwaltungsgemeinschaft eine leitbildgerechte und vor-zugswürdige Alternative gewesen. Dies sei insbesondere deshalb anzunehmen, weil die neue Einheitsgemeinde aufgrund ihrer hohen Pro-Kopf-Verschuldung finanziell nicht hand-lungsfähig sei. So seien beispielsweise die Gemeinde Rothenburg und die Stadt Wettin in ganz erheblichem Maße verschuldet. Für deren Fehler müssten nun die Gemeinden zahlen, die in der Vergangenheit Haushaltsdisziplin geübt haben. Durch die Eingemeindung der Be-schwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün stünden für den „Ortsteil Löbejün“ nur noch so geringe Haushaltsmittel zur Verfügung, dass die Aufgaben im freiwilli-gen Bereich erheblich eingeschränkt werden müssten. Dies wäre bei einer anderweitigen Neugliederung mit der Bildung einer Verbandsgemeinde nicht der Fall gewesen, weshalb sich diese Art der Neugliederung als vorzugswürdig erweise. Durch die Bildung einer Ver-bandsgemeinde und die Eingliederung der Beschwerdeführerin als deren Mitglied werde zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eher entsprochen.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
§ 3 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis (GemNeuglG SK) vom 08.07.2010 (GVBl. S. 417) wegen Verletzung der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87, 88, 90 LVerf garantierten kommunalen Selbstverwaltung für mit der Verfassung unvereinbar und nichtig zu er-klären.
Die Landesregierung hat zu der kommunalen Verfassungsbeschwerde durch Schriftsatz vom 11.04.2011 Stellung genommen. Die Beschwerde sei zulässig aber unbegründet. Eine Ver-letzung des Rechts der Beschwerdeführerin auf kommunale Selbstverwaltung liege nicht vor. Deren Zuordnung zur Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün sei durch Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Er habe die Vor- und Nachteile möglicher Neugliederungsalternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Verstoß gegen die verfas-sungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet.
Bei seiner Abwägungsentscheidung habe sich der Gesetzgeber in unbedenklicher Weise dafür entscheiden können, die Einheitsgemeinde als das am besten geeignete Modell anzu-sehen, um die Ziele der Gemeindegebietsreform zu verwirklichen.
Die gesetzgeberische Entscheidung weise auch ansonsten keine Abwägungsfehler auf. Die heterogene Finanzlage der Gemeinden in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft habe nicht gegen sondern vielmehr für die Neugliederung gesprochen. Hierdurch werde das Re-formziel, allen Einwohnern gleichmäßig gerecht zu werden, besser erreicht. Auch stelle der Schuldenstand bzw. die Pro-Kopf-Verschuldung nicht das alleinige Kriterium der Leistungs-fähigkeit einer Gemeinde dar. Die Verschuldung der Gemeinde Rothenburg sei beispielswei-se durch rentable Kredite im Wohnungswesen veranlasst.
Bei der getroffenen Neugliederungsentscheidung sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ge-wahrt worden. Insoweit stünden dem Gesetzgeber Beurteilungs- und Prognosespielräume zu, die nur eingeschränkt vom Verfassungsgericht überprüft werden könnten. Es spreche nichts dafür, dass die vom Gesetzgeber getroffene Neugliederungsentscheidung offensicht-lich ungeeignet sei, das mit § 1 GemNeuglGrG verfolgte Ziel der Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen zu erreichen. Die Beschwerdeführerin habe zudem nicht belegt, dass die Bildung einer Verbandsgemeinde die vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative gewesen sei. Dieses könne zwar für sie selbst zutreffen. Hiermit sei jedoch nicht belegt, dass eine Verbandsgemeinde innerhalb der Grenzen der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord besser geeignet sei, die zukünftigen Aufgaben für die gesamte ehemalige Verwaltungsgemeinschaft zu erfüllen. Dass die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit zur Bildung einer Verbandsgemeinde gehabt habe, beruhe zudem auf den Neugliederungs-grundsätzen aus dem GemNeuglGrG, welche die Beschwerdeführerin aufgrund des Ablaufs der Jahresfrist in § 48 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht – LVerfGG – vom 23. 08.1993 (GVBl. S. 441), zuletzt geändert durch § 2 ÄndG vom 05.11.2009 (GVBl. S. 525), nicht mehr angreifen könne.
Der Landtag hat sich nicht geäußert.
{T:E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
{RN:1}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig, denn die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts geltend.
Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbe-schwerde berufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 LVerfGG. Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen, gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Lan-desverfassungsgericht anzurufen. Nach § 51 Abs. 1 LVerfGG können Kommunen die Ver-fassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf verletzt zu sein. Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG gelten die Vorschriften der §§ 48 bis 50 LVerfGG entsprechend. Nach § 49 LVerfGG sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde, welche nach § 16 Abs. 1 S. 2 LVerfGG erforderlich ist, das Recht, das verletzt sein soll, und die Geset-zesvorschrift, durch die sich die Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt sieht, zu bezeich-nen. Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerin selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegrif-fenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist (BVerfG, Urt. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 –, BVerfGE 71, 25, [34 ff.]; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger Hrsg., Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91 RdNr. 18). Die angegriffene Norm greift unmittelbar und gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdefüh-rerin ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsakts bedarf. Mit ihr wird sie unmittelbar in ihrer rechtlichen Existenz aufgelöst.
Die sonstigen formellen Bestimmungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48 LVerfGG gewahrt.
{RN:2}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 3 GemNeuglG SK ist mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 LVerf vereinbar.
{RN:3}
Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verstoß gegen Art. 88 LVerf kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Verfassungsnorm nicht die Selbstverwaltung der Gemeinden garantiert, sondern nur festlegt, dass die Kommunen insgesamt über Finanzmit-tel verfügen können müssen, die es ihnen ermöglichen, ihre Aufgaben angemessen zu erfül-len (LVerfG, Urt. v. 13.07.2000 – LVG 20/97 –, LVerfGE 11, 429 [451]; Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, http:/lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 9).
{RN:4}
Der Gesetzgeber war zum Erlass des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis im Rahmen der von ihm ange-strebten Gemeindegebietsreform befugt, weil es auf Gemeinwohlgesichtspunkte im Sinne von Art. 90 LVerf gestützt ist und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entspricht.
Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Eingemeindung der Beschwerdefüh-rerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün die Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstver-waltungsrecht der Beschwerdeführerin im erforderlichen Umfang berücksichtigt.
Welche Gemeinwohlgründe der Gesetzgeber mit der Gemeindegebietsreform verfolgt, legt § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG fest. Danach geht es insbesondere um die Schaffung zukunftsfä-higer gemeindlicher Strukturen, die in der Lage sind, die eigenen und übertragenen Aufga-ben dauerhaft, sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen.
Das Landesverfassungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme, hier die Eingemeindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün, nur darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob die angesprochenen Gemeinwohlgründe und die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in den Abwägungsvorgang Eingang gefunden haben. Ziele, Wertungen und Prognosen sind dabei verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn und soweit sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE, 2, 323 [338] m.w.N. zur Rspr. d. BVerfG; LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 21 des Internetauftritts).
Das Abwägungsergebnis muss ferner dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt jedoch nur in seiner durch legislatorische Beurtei-lungs- und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung. Hat der Gesetz-geber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlerhafter Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen. Auch gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Staatsorganisationsrecht nicht, wie bei Grundrechtseingriffen, die Anwendung des mildesten Mittels. Das Verfassungsgericht hat bei kommunalen Neuglie-derungsmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit daher nicht zu prüfen, ob eine an-dere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 des Internetauftritts m.w.N.).
Gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen wird die mit der kommunalen Verfas-sungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 3 GemNeuglG SK den Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1 - 3 LVerf gerecht. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Einge-meindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün die Krite-rien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Der Abwägungsvorgang, der zur Verabschiedung des GemNeugl SK geführt hat, ist verfassungs-rechtlich nicht zu beanstanden.
{RN:5}
Der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ist zutreffend und vollständig ermittelt worden. Der Gesetzgeber war dabei nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliede-rungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Er musste jedoch insbesondere solche Sachverhaltselemente vollständig und sorgfältig ermitteln, die nach den von ihm selbst gesetzten Maßstäben erheblich sind (BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50, [51]; Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/90 –, BVerfGE 86, 90, [109]). Diesen Anforderungen ist Genüge getan.
Dem Gesetzgeber standen die von der Landesregierung erhobenen und in der Begründung ihres Gesetzentwurfs dargestellten Informationen zur Verfügung (LT-Drs. 5/2409, S. 68 ff.). Hierin enthalten sind sowohl die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin, wie unter anderem ihre Lage und Zugehörigkeit zur Verwaltungsge-meinschaft, ihre finanziellen Verhältnisse und die Einwohnerzahl. Ferner sind ihre Verkehrs-anbindungen, ihre Finanzkraft sowie diejenige der umliegenden Gemeinden erfasst worden. Berücksichtigung fanden weiterhin die Stellungnahme der Beschwerdeführerin und der übri-gen vom Gesetzesvorhaben betroffenen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungs-gemeinschaft Saalkreis Nord, die Ergebnisse der in diesen Gemeinden durchgeführten Bür-geranhörungen sowie die Stellungnahmen des Landkreises Saalekreis und der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber am 06.05.2010 eine ei-gene Sachverhaltsermittlung in Form einer mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres durchgeführt. In dieser Anhörung hat der Bürgermeister der Beschwerdeführerin Stellung genommen und die Bildung einer Einheitsgemeinde abgelehnt (APr INN, 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 130 -131). Er wies darauf hin, dass, aufgrund der sehr unter-schiedlichen Verschuldung der einzelnen Gemeinden, die Beschwerdeführerin sowie die übrigen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord die Bildung einer Ver-bandsgemeinde bevorzugen würden. Nur so sei die Handlungsfähigkeit der Gemeinden im nördlichen Saalekreis in den kommenden Jahren gewährleistet. Man habe zwar zunächst versucht, im Rahmen der freiwilligen Phase eine Lösung zu finden, aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft aufgrund der gemeinsamen Grenze der Gemeinde Brachwitz mit der kreisfreien Stadt Halle (Saale) nicht die Möglichkeit gehabt hätten, eine Verbandsgemeinde zu bilden, sei dieser Versuch gescheitert.
Hiermit hat der Gesetzgeber den nach seinen Neugliederungsgrundsätzen erheblichen Sachverhalt vollständig ermittelt.
Soweit die Beschwerdeführerin die Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf die Verschuldens-situation der an der Neugliederung beteiligten Gemeinden für unzureichend hält, ist dieser Einwand unbegründet. Der Gesetzgeber hat die finanziellen Verhältnisse der von der Neu-gliederung in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord betroffenen Gemein-den in einem ausreichenden Maße aufgeklärt (vgl. LT-Drs. 5/2409, S. 68 – 85). Er war nicht gehalten, die jeweilige individuelle Finanz- und Verschuldenssituation der einzelnen Ge-meinden und deren Ursache in Gänze zu ermitteln. Nach den vom Gesetzgeber selbst ge-setzten Maßstäben waren für die Neugliederungsentscheidung die Größe der Gemeinden, ihre Lage und Zugehörigkeit zu einer Verwaltungsgemeinschaft sowie bestehende Verflech-tungen vorrangig zu ermitteln. Der Gesetzgeber hat bei seiner Neugliederung in zulässiger Weise eingeschätzt, dass eine Einheits- oder Verbandsgemeinde mit 10.000 Einwohnern regelmäßig leistungsfähig ist. Dass der Gesetzgeber zur Annahme der Leistungsfähigkeit typisierend Rückgriff auf die Einwohnerzahl nimmt, hat das erkennende Gericht bereits in seiner Entscheidung zum Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform als verfassungs-rechtlich unbedenklich eingestuft (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 ff. des Internetauftritts). Der Gesetzgeber war deshalb nicht gehalten, für jede einzelne Neugliede-rungsmaßnahme gesondert zu ermitteln, ob in diesem konkreten Fall die Leistungsfähigkeit durch den Zusammenschluss zu einer Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde erreicht wird und ob der Zusammenschluss zu einer Steigerung der Effizienz führt. Die Forderung nach der Erstellung einer solchen umfassenden Schaden-Nutzen-Bilanz ist nicht gerechtfer-tigt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.). Der Gesetzgeber ist bei einer kommunalen Neugliederung nicht verpflichtet, eine wissenschaftli-che Untersuchung des Einzelfalls in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass solche Untersuchungen wis-senschaftlich profund erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchgeführt werden können, liegt es in seinem Gestaltungsermessen, inwieweit er in seine verfassungs- und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer quantitativen Betrachtungs-weise weitgehend entziehen (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Inter-netauftritts m. w. N.). Insoweit steht ihm ein durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, der durch die Entscheidung gewahrt ist.
Die Haushaltslage einzelner Gemeinden kann zudem immer nur eine Momentaufnahme sein und bildet deshalb nicht das alleinige Kriterium für eine Neugliederungsentscheidung. Auch aus diesen Gründen ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Sachverhaltsermittlung in Be-zug auf die Verschuldungsursachen der Gemeinden nicht als unzureichend anzusehen. Selbst wenn der Gesetzgeber die Ursachen der Verschuldung in der Verwaltungsgemein-schaft im Einzelnen hätte aufklären können, erschließt sich zudem nicht, wie dadurch die von der Beschwerdeführerin behaupteten negativen fiskalischen Effekte (sollten sie denn so, wie von ihr angenommen, zutreffen) hätten vermieden werden können. Auch bei einer Entschul-dung der Gemeinden auf Null oder auf das landesdurchschnittliche Maß können die von ihr vermuteten negativen fiskalischen Effekte auftreten. Das „Common-pool-Problem“ könnte sich nun erst recht einstellen. Die Bewohner der finanziell schwachen Gemeinden könnten – von den Schulden befreit – nun endlich ihre bislang unverwirklichten Forderungen stellen, obwohl sich die Einnahmesituation – vom Schuldendienst abgesehen – nicht geändert hat. Die Bewohner der Gemeinden, die bislang Verzicht geübt haben, könnten die verschwende-rischen Gemeinden nun auch noch belohnt sehen und als Anerkennung ihres sparsamen Wirtschaftens nun die Wohltaten verlangen, denen sie zuvor entsagt haben.
Zu Recht hat die Landesregierung deshalb in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es gemäß Art. 87 LVerf den Kommunen in eigener Verantwortung obliegt, ihre Einnah-men- und Ausgabenwirtschaft zu organisieren. Die Vermeidung der von der Beschwerdefüh-rerin vermuteten negativen fiskalischen Effekte obliegt deshalb den neuen Einheitsgemein-den, wie letztlich auch die Ermittlung der Ursachen der Verschuldensproblematik.
{RN:6}
Auch der Abwägungsvorgang entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat auf Grundlage seiner Sachverhaltsermittlung die Gemeinwohlgründe und die Vor- und Nachteile möglicher Alternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Ver-stoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet. Die in § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG festgelegten Ziele der Gebietsreform rechtfertigen die Eingemein-dung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün.
Der Neugliederungsbedarf ergibt sich aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdefüh-rerin. Mit 2.334 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag 31.12.2005 unterschreitet sie die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG für eine Einheitsge-meinde erforderliche Regelmindesteinwohnerzahl von 10.000 und selbst die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG ausnahmsweise zugelassene Mindestgröße von 8.000 Ein-wohnern deutlich. Aufgrund dieser geringen Einwohnerzahl konnte der Gesetzgeber die Be-schwerdeführerin als nicht leistungsfähige Gemeinde ansehen, so dass die gemeinwohlori-entierten Ziele der Gemeindegebietsreform gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführe-rin am Erhalt ihrer kommunalen Selbständigkeit überwiegen.
Dem Gesetzgeber standen für die von ihm getroffene Neugliederungsentscheidung die am Gemeinwohl orientierten Ziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG zur Seite. Er konnte sich in zulässiger Weise dafür entscheiden, die Beschwerdeführerin der Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün zuzuordnen. Diese Entscheidung folgt dem in § 2 Abs. 9 GemNeugGrG auf-gestellten Grundsatz, dass Gemeinden, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheitsgemeinde oder einer Verbandsgemeinde vorge-legt haben, durch Gesetz zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden. Mit der Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün hat sich der Gesetzgeber auch an den in § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG niedergelegten Grundsatz gehal-ten, nach dem Einheitsgemeinden dadurch gebildet werden sollen, dass benachbarte Ge-meinden desselben Landkreises, die grundsätzlich derselben Verwaltungsgemeinschaft an-gehören sollen, zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden.
Erfolglos bleibt die Beschwerdeführerin mit der Rüge, ihre Auflösung und Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün verletze sie in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung, da sich die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der neuen Einheitsgemeinde nicht aus der Gesetzesbegründung ergebe. In der Begründung des Gesetzes sei zudem nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Gemeinwohlgründe, die für eine zwangsweise Zuordnung der Beschwerdeführerin sprächen, die Belange der betroffenen Gemeinden überwögen.
Die Verfassung verlangt nicht, dass der Gesetzgeber eine formelle Rechtfertigung seines Abwägungsergebnisses beschließt. Gesetze unterliegen insoweit keiner formellen Begrün-dungspflicht (vgl. LVerfG, Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 68 des Internetauftritts m.w.N.). Nach Art. 41 ff. LVerf lassen es die allgemeinen Bestimmungen über den Landtag für einen formell wirksamen Gesetzesbeschluss genügen, wenn er von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (Art. 51 Abs. 1 LVerf), sie setzen nicht zusätzlich voraus, dass das Ergebnis auf einer einheitlichen Motivation dieser Mehrheit beruht (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/95 –, LVerfGE 2, 227, [262]).
Für die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Eingemeindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün mit einer Steigerung der Effizienz und Wirt-schaftlichkeit einhergeht, spricht zudem das vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Auf-trag des Ministeriums des Innern erstellte Gutachten: „Zur Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt“ vom 19.06.2007 und das Gutachten der Herren Dr. Wiegand und Dr. Grimberg. Diese Gutachten hat der Gesetzgeber in seine Abwägungs-entscheidung über sein Leitbild und seine Leitlinien zur Gemeindegebietsreform einbezogen. Beide Gutachten haben großteilige Verwaltungsstrukturen als effizienter als kleinteilige ein-gestuft. Nach dem Gutachten IWH/MLU ist die Einheitsgemeinde besser geeignet, Investitio-nen zu verwirklichen und die Mittelverwendung gerade wegen der Zentralisierung effektiver zu steuern. Nach dem Gutachten Wiegand/Grimberg erweist sich die Einheitsgemeinde so-wohl gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft als auch gegenüber der Verbandsgemeinde wirtschaftlich in Gänze überlegen.
Hiergegen kann die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg einwenden, für sie stelle die Bildung einer Verbandsgemeinde die effizientere und wirtschaftlichere Form des Zusammenschlus-ses dar, was sie durch ein einzuholendes Gutachten des IWH belegen will. Der Gesetzgeber war bei seiner Entscheidung nicht darauf beschränkt, isoliert die Verhältnisse der Beschwer-deführerin zu betrachten. Er hat bei einer allgemeinen Gebietsreform auch das Gemeinwohl für die Gesamtstruktur des Landes im Auge zu behalten. Bei einer derartigen Reform geht es unter anderem darum, größere Räume neu zu gliedern und in diesem Zusammenhang die überörtlichen Belange für die gesamte Kommunalstruktur des Landes unter Beachtung groß-räumiger, wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer, kultureller, geschichtlicher und weiterer Gesichtspunkte zu bedenken.
{RN:7}
Die vom Gesetzgeber getroffene Neugliederung wahrt den Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, aufgrund der heterogenen Finanzlage der Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord, insbesondere im Hinblick auf die erhebliche Pro-Kopf-Verschuldung in der ehemaligen Gemeinde Rothenburg und der Stadt Wettin, sei nur die Bildung einer Verbandsgemeinde verhältnismäßig gewesen, ist unbe-gründet. Hiermit greift die Beschwerdeführerin letztlich die Neugliederungsgrundsätze aus § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Abs. 2 GemNeuglGrG an. Ein Angriff auf diese Vorschriften ist ihr aber im Hinblick auf den Ablauf der Jahresfrist nach §§ 51 Abs. 2, 48 LVerfGG verwehrt. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin durch diesen Vortrag nicht belegt, dass die Bil-dung einer Verbandsgemeinde die vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative gewesen wä-re. Zwar mag eine solche Neugliederung in geringerem Maße in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin eingreifen als ihre Auflösung und Zuordnung zur neuen Einheitsge-meinde Stadt Wettin-Löbejün. Hiermit hat sie jedoch nicht dargelegt, dass die Bildung einer Verbandsgemeinde innerhalb der Grenzen der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft besser geeignet ist, die Ziele der Neugliederung (§ 1 GemNeuglGrG) für alle Einwohner der ehema-ligen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord zu verwirklichen. Die Be-schwerdeführerin hat durch ihren Vortrag jedenfalls nicht aufgezeigt, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, die Einheitsgemeinde sei besser hierzu geeignet, offensichtlich fehlerhaft und sachwidrig ist.
{RN:8}
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die vom Gesetzgeber vorge-nommene Neugliederung nicht willkürlich. Die Beschwerdeführerin meint in diesem Zusam-menhang, die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GemNeuglGrG habe ihre Entscheidungs-freiheit in unzulässiger Weise dahingehend verkürzt, dass für sie nur die Möglichkeit bestan-den habe, eine Einheitsgemeinde zu bilden. Damit hätten die Gemeinden der Verwaltungs-gemeinschaft Saalkreis Nord in der freiwilligen Phase der Gebietsreform nur das freiwillig vorweg nehmen können, was ihnen nun durch die gesetzliche Regelung des § 3 GemNeuglG SK auferlegt werde. Eine solche nicht bestehende Freiwilligkeit sei willkür-lich und könne den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht entsprechen. Hiermit wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die durch § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, Abs. 2 GemNeuglGrG vorgegebenen Neugliederungsgrundsätze. Ein Angriff auf diese Regelungen des GemNeuglGrG ist ihr aber wegen des Ablaufs der Jahres-frist nach §§ 51 Abs. 2, 48 LVerfGG verwehrt. Ungeachtet dessen konnte sich der Gesetz-geber im Rahmen seines aus der staatlichen Organisationshoheit resultierenden Gestal-tungsspielraums in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise dafür entscheiden, die Ein-heitsgemeinde als Regelgemeindeform und die Verbandsgemeinde nur im Rahmen der Freiwilligkeitsphase und nur in bestimmten Gebieten als Ausnahme zuzulassen. Dabei be-gegnet es keinen rechtlich durchgreifenden Beanstandungen, dass der Gesetzgeber ab ei-nem bestimmten Stichtag – dem 30.06.2009 (vgl. § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG) – die institutio-nelle Ausgestaltung anordnet, die er für die zweckmäßigere hält. Das Landesverfassungsge-richt hat nur – wie oben dargelegt – zu prüfen, ob der Gesetzgeber bei der Ausübung seiner institutionellen Ausgestaltungsbefugnis ein Mittel gewählt hat, das zur Erreichung des ge-setzgeberischen Ziels geeignet ist. Es hat nicht zu prüfen, ob eine andere als die vom Ge-setzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. zum Vorstehen-den: LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 37 und 45 des Internetauftritts).
{RN:8}
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Da die Kommunalverfassungs-beschwerde in vollem Umfang erfolglos geblieben ist, scheidet eine Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerin aus. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG, gleichwohl die Er-stattung der Auslagen der Beschwerdeführerin anzuordnen, sind nicht ersichtlich.
« zurückw e g e n
des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis
{T:Tenor}
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
{T:T a t b e s t a n d}
Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, § 3 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis – GemNeuglG SK – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 417) sei unvereinbar mit der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87, 88, 90 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600 ff.), zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 27. 01.2005 (GVBl. S. 44), garantierten kommunalen Selbstverwaltung und deshalb nichtig.
Die angegriffene Vorschrift des § 3 GemNeuglG SK lautet wie folgt:
§ 3 Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord
Aus den Städten Löbejün und Wettin sowie den Gemeinden Brachwitz, Döblitz, Domnitz, Gimritz, Nau-endorf, Neutz-Lettewitz, Plötz und Rothenburg wird die Einheitsgemeinde Stadt Löbejün-Wettin gebildet. Mit Bildung der neuen Stadt werden die an der Neubildung beteiligten Städte und Gemeinden aufgelöst. Für die Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord gilt § 2 Abs. 5 Satz 1 des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes.
Die Beschwerdeführerin sieht in dieser Vorschrift einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1, 88, 90 LVerf.
Sie ist der Auffassung, § 3 GemNeuglG SK sei schon deshalb verfassungswidrig, weil ihre Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejun nicht durch Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt, den er seiner Ent-scheidung zugrunde gelegt habe, nicht ordnungsgemäß ermittelt. So hätte er die in der ehe-maligen Verwaltungsgemeinschaft bestehende heterogene Finanzsituation untersuchen müssen, da nach der Neugliederung aufgrund negativer Anreizeffekte („Common-pool -Problem“ und „Grolleffekte“) mit einer Verstärkung der Fiskalillusionen zu rechnen sei. Durch die Neugliederung werde die Neigung zur Neuverschuldung eher zu- als abnehmen. Die An-reize zur Pflege eigener Steuerquellen würden sich dagegen eher vermindern. Der Gesetz-geber hätte deshalb vor seiner Neugliederungsentscheidung die Ursachen der Verschuldung aufklären müssen, um das Problem der negativen Anreize zu mildern bzw. Wege zu einer interkommunalen Finanzsolidarität (beispielsweise durch eine völlige Entschuldung der betei-ligten Gemeinden oder eine Entschuldung auf durchschnittliches Landesniveau) zu eröffnen. Der Gesetzgeber hätte auch klären müssen, ob und für welche Aufgabenbereiche mit Aus-gabenreduzierungen zu rechnen sei.
Im Übrigen sei die Auflösung der Beschwerdeführerin und in deren Folge die Bildung der neuen Einheitsgemeinde nicht verhältnismäßig. Für die Gemeinden der ehemaligen Verwal-tungsgemeinschaft Saalkreis Nord – einschließlich der Beschwerdeführerin – habe in der freiwilligen Phase aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt – GemNeuglGrG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), zuletzt geändert durch Art. 8 des zweiten Gesetzes zur Fort-entwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238), und der Tat-sache, dass die der Verwaltungsgemeinschaft angehörige Gemeinde Brachwitz eine ge-meinsame Gemarkungsgrenze mit der kreisfreien Stadt Halle (Saale) aufweise, nicht die Möglichkeit der Bildung einer Verbandsgemeinde bestanden. Auch in der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform sei die Zusammenlegung zu einer Einheitsgemeinde die einzige mögliche Option gewesen. Diese Vorgabe des Gesetzgebers habe ihre Handlungsmöglich-keiten in unzulässiger Weise eingeschränkt und sei willkürlich.
Die vom Gesetzgeber im Rahmen der Neugliederungsentscheidung vorgenommene Abwä-gung sei zudem fehlerhaft. In der Begründung des Neugliederungsgesetzes sei lediglich ausgeführt worden, dass keine Aspekte vorlägen, die der getroffenen Entscheidung entge-genstünden. Es sei nicht hinreichend dargetan worden, dass künftig nur durch die Bildung einer Einheitsgemeinde eine leistungsfähige Struktur erreicht werden könne. Die Bildung einer Verbandsgemeinde sei für ihre Verwaltungsgemeinschaft eine leitbildgerechte und vor-zugswürdige Alternative gewesen. Dies sei insbesondere deshalb anzunehmen, weil die neue Einheitsgemeinde aufgrund ihrer hohen Pro-Kopf-Verschuldung finanziell nicht hand-lungsfähig sei. So seien beispielsweise die Gemeinde Rothenburg und die Stadt Wettin in ganz erheblichem Maße verschuldet. Für deren Fehler müssten nun die Gemeinden zahlen, die in der Vergangenheit Haushaltsdisziplin geübt haben. Durch die Eingemeindung der Be-schwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün stünden für den „Ortsteil Löbejün“ nur noch so geringe Haushaltsmittel zur Verfügung, dass die Aufgaben im freiwilli-gen Bereich erheblich eingeschränkt werden müssten. Dies wäre bei einer anderweitigen Neugliederung mit der Bildung einer Verbandsgemeinde nicht der Fall gewesen, weshalb sich diese Art der Neugliederung als vorzugswürdig erweise. Durch die Bildung einer Ver-bandsgemeinde und die Eingliederung der Beschwerdeführerin als deren Mitglied werde zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eher entsprochen.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
§ 3 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis (GemNeuglG SK) vom 08.07.2010 (GVBl. S. 417) wegen Verletzung der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87, 88, 90 LVerf garantierten kommunalen Selbstverwaltung für mit der Verfassung unvereinbar und nichtig zu er-klären.
Die Landesregierung hat zu der kommunalen Verfassungsbeschwerde durch Schriftsatz vom 11.04.2011 Stellung genommen. Die Beschwerde sei zulässig aber unbegründet. Eine Ver-letzung des Rechts der Beschwerdeführerin auf kommunale Selbstverwaltung liege nicht vor. Deren Zuordnung zur Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün sei durch Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Er habe die Vor- und Nachteile möglicher Neugliederungsalternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Verstoß gegen die verfas-sungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet.
Bei seiner Abwägungsentscheidung habe sich der Gesetzgeber in unbedenklicher Weise dafür entscheiden können, die Einheitsgemeinde als das am besten geeignete Modell anzu-sehen, um die Ziele der Gemeindegebietsreform zu verwirklichen.
Die gesetzgeberische Entscheidung weise auch ansonsten keine Abwägungsfehler auf. Die heterogene Finanzlage der Gemeinden in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft habe nicht gegen sondern vielmehr für die Neugliederung gesprochen. Hierdurch werde das Re-formziel, allen Einwohnern gleichmäßig gerecht zu werden, besser erreicht. Auch stelle der Schuldenstand bzw. die Pro-Kopf-Verschuldung nicht das alleinige Kriterium der Leistungs-fähigkeit einer Gemeinde dar. Die Verschuldung der Gemeinde Rothenburg sei beispielswei-se durch rentable Kredite im Wohnungswesen veranlasst.
Bei der getroffenen Neugliederungsentscheidung sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ge-wahrt worden. Insoweit stünden dem Gesetzgeber Beurteilungs- und Prognosespielräume zu, die nur eingeschränkt vom Verfassungsgericht überprüft werden könnten. Es spreche nichts dafür, dass die vom Gesetzgeber getroffene Neugliederungsentscheidung offensicht-lich ungeeignet sei, das mit § 1 GemNeuglGrG verfolgte Ziel der Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen zu erreichen. Die Beschwerdeführerin habe zudem nicht belegt, dass die Bildung einer Verbandsgemeinde die vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative gewesen sei. Dieses könne zwar für sie selbst zutreffen. Hiermit sei jedoch nicht belegt, dass eine Verbandsgemeinde innerhalb der Grenzen der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord besser geeignet sei, die zukünftigen Aufgaben für die gesamte ehemalige Verwaltungsgemeinschaft zu erfüllen. Dass die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit zur Bildung einer Verbandsgemeinde gehabt habe, beruhe zudem auf den Neugliederungs-grundsätzen aus dem GemNeuglGrG, welche die Beschwerdeführerin aufgrund des Ablaufs der Jahresfrist in § 48 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht – LVerfGG – vom 23. 08.1993 (GVBl. S. 441), zuletzt geändert durch § 2 ÄndG vom 05.11.2009 (GVBl. S. 525), nicht mehr angreifen könne.
Der Landtag hat sich nicht geäußert.
{T:E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
{RN:1}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig, denn die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts geltend.
Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbe-schwerde berufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 LVerfGG. Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen, gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Lan-desverfassungsgericht anzurufen. Nach § 51 Abs. 1 LVerfGG können Kommunen die Ver-fassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf verletzt zu sein. Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG gelten die Vorschriften der §§ 48 bis 50 LVerfGG entsprechend. Nach § 49 LVerfGG sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde, welche nach § 16 Abs. 1 S. 2 LVerfGG erforderlich ist, das Recht, das verletzt sein soll, und die Geset-zesvorschrift, durch die sich die Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt sieht, zu bezeich-nen. Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerin selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegrif-fenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist (BVerfG, Urt. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 –, BVerfGE 71, 25, [34 ff.]; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger Hrsg., Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91 RdNr. 18). Die angegriffene Norm greift unmittelbar und gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdefüh-rerin ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsakts bedarf. Mit ihr wird sie unmittelbar in ihrer rechtlichen Existenz aufgelöst.
Die sonstigen formellen Bestimmungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48 LVerfGG gewahrt.
{RN:2}
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 3 GemNeuglG SK ist mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 LVerf vereinbar.
{RN:3}
Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verstoß gegen Art. 88 LVerf kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Verfassungsnorm nicht die Selbstverwaltung der Gemeinden garantiert, sondern nur festlegt, dass die Kommunen insgesamt über Finanzmit-tel verfügen können müssen, die es ihnen ermöglichen, ihre Aufgaben angemessen zu erfül-len (LVerfG, Urt. v. 13.07.2000 – LVG 20/97 –, LVerfGE 11, 429 [451]; Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, http:/lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 9).
{RN:4}
Der Gesetzgeber war zum Erlass des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Saalekreis im Rahmen der von ihm ange-strebten Gemeindegebietsreform befugt, weil es auf Gemeinwohlgesichtspunkte im Sinne von Art. 90 LVerf gestützt ist und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entspricht.
Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Eingemeindung der Beschwerdefüh-rerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün die Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstver-waltungsrecht der Beschwerdeführerin im erforderlichen Umfang berücksichtigt.
Welche Gemeinwohlgründe der Gesetzgeber mit der Gemeindegebietsreform verfolgt, legt § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG fest. Danach geht es insbesondere um die Schaffung zukunftsfä-higer gemeindlicher Strukturen, die in der Lage sind, die eigenen und übertragenen Aufga-ben dauerhaft, sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen.
Das Landesverfassungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme, hier die Eingemeindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün, nur darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob die angesprochenen Gemeinwohlgründe und die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in den Abwägungsvorgang Eingang gefunden haben. Ziele, Wertungen und Prognosen sind dabei verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn und soweit sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE, 2, 323 [338] m.w.N. zur Rspr. d. BVerfG; LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 21 des Internetauftritts).
Das Abwägungsergebnis muss ferner dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt jedoch nur in seiner durch legislatorische Beurtei-lungs- und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung. Hat der Gesetz-geber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlerhafter Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen. Auch gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Staatsorganisationsrecht nicht, wie bei Grundrechtseingriffen, die Anwendung des mildesten Mittels. Das Verfassungsgericht hat bei kommunalen Neuglie-derungsmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit daher nicht zu prüfen, ob eine an-dere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 des Internetauftritts m.w.N.).
Gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen wird die mit der kommunalen Verfas-sungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 3 GemNeuglG SK den Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1 - 3 LVerf gerecht. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Einge-meindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün die Krite-rien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Der Abwägungsvorgang, der zur Verabschiedung des GemNeugl SK geführt hat, ist verfassungs-rechtlich nicht zu beanstanden.
{RN:5}
Der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ist zutreffend und vollständig ermittelt worden. Der Gesetzgeber war dabei nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliede-rungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Er musste jedoch insbesondere solche Sachverhaltselemente vollständig und sorgfältig ermitteln, die nach den von ihm selbst gesetzten Maßstäben erheblich sind (BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50, [51]; Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/90 –, BVerfGE 86, 90, [109]). Diesen Anforderungen ist Genüge getan.
Dem Gesetzgeber standen die von der Landesregierung erhobenen und in der Begründung ihres Gesetzentwurfs dargestellten Informationen zur Verfügung (LT-Drs. 5/2409, S. 68 ff.). Hierin enthalten sind sowohl die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin, wie unter anderem ihre Lage und Zugehörigkeit zur Verwaltungsge-meinschaft, ihre finanziellen Verhältnisse und die Einwohnerzahl. Ferner sind ihre Verkehrs-anbindungen, ihre Finanzkraft sowie diejenige der umliegenden Gemeinden erfasst worden. Berücksichtigung fanden weiterhin die Stellungnahme der Beschwerdeführerin und der übri-gen vom Gesetzesvorhaben betroffenen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungs-gemeinschaft Saalkreis Nord, die Ergebnisse der in diesen Gemeinden durchgeführten Bür-geranhörungen sowie die Stellungnahmen des Landkreises Saalekreis und der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber am 06.05.2010 eine ei-gene Sachverhaltsermittlung in Form einer mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres durchgeführt. In dieser Anhörung hat der Bürgermeister der Beschwerdeführerin Stellung genommen und die Bildung einer Einheitsgemeinde abgelehnt (APr INN, 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 130 -131). Er wies darauf hin, dass, aufgrund der sehr unter-schiedlichen Verschuldung der einzelnen Gemeinden, die Beschwerdeführerin sowie die übrigen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord die Bildung einer Ver-bandsgemeinde bevorzugen würden. Nur so sei die Handlungsfähigkeit der Gemeinden im nördlichen Saalekreis in den kommenden Jahren gewährleistet. Man habe zwar zunächst versucht, im Rahmen der freiwilligen Phase eine Lösung zu finden, aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft aufgrund der gemeinsamen Grenze der Gemeinde Brachwitz mit der kreisfreien Stadt Halle (Saale) nicht die Möglichkeit gehabt hätten, eine Verbandsgemeinde zu bilden, sei dieser Versuch gescheitert.
Hiermit hat der Gesetzgeber den nach seinen Neugliederungsgrundsätzen erheblichen Sachverhalt vollständig ermittelt.
Soweit die Beschwerdeführerin die Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf die Verschuldens-situation der an der Neugliederung beteiligten Gemeinden für unzureichend hält, ist dieser Einwand unbegründet. Der Gesetzgeber hat die finanziellen Verhältnisse der von der Neu-gliederung in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord betroffenen Gemein-den in einem ausreichenden Maße aufgeklärt (vgl. LT-Drs. 5/2409, S. 68 – 85). Er war nicht gehalten, die jeweilige individuelle Finanz- und Verschuldenssituation der einzelnen Ge-meinden und deren Ursache in Gänze zu ermitteln. Nach den vom Gesetzgeber selbst ge-setzten Maßstäben waren für die Neugliederungsentscheidung die Größe der Gemeinden, ihre Lage und Zugehörigkeit zu einer Verwaltungsgemeinschaft sowie bestehende Verflech-tungen vorrangig zu ermitteln. Der Gesetzgeber hat bei seiner Neugliederung in zulässiger Weise eingeschätzt, dass eine Einheits- oder Verbandsgemeinde mit 10.000 Einwohnern regelmäßig leistungsfähig ist. Dass der Gesetzgeber zur Annahme der Leistungsfähigkeit typisierend Rückgriff auf die Einwohnerzahl nimmt, hat das erkennende Gericht bereits in seiner Entscheidung zum Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform als verfassungs-rechtlich unbedenklich eingestuft (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 ff. des Internetauftritts). Der Gesetzgeber war deshalb nicht gehalten, für jede einzelne Neugliede-rungsmaßnahme gesondert zu ermitteln, ob in diesem konkreten Fall die Leistungsfähigkeit durch den Zusammenschluss zu einer Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde erreicht wird und ob der Zusammenschluss zu einer Steigerung der Effizienz führt. Die Forderung nach der Erstellung einer solchen umfassenden Schaden-Nutzen-Bilanz ist nicht gerechtfer-tigt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.). Der Gesetzgeber ist bei einer kommunalen Neugliederung nicht verpflichtet, eine wissenschaftli-che Untersuchung des Einzelfalls in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass solche Untersuchungen wis-senschaftlich profund erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchgeführt werden können, liegt es in seinem Gestaltungsermessen, inwieweit er in seine verfassungs- und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer quantitativen Betrachtungs-weise weitgehend entziehen (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Inter-netauftritts m. w. N.). Insoweit steht ihm ein durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, der durch die Entscheidung gewahrt ist.
Die Haushaltslage einzelner Gemeinden kann zudem immer nur eine Momentaufnahme sein und bildet deshalb nicht das alleinige Kriterium für eine Neugliederungsentscheidung. Auch aus diesen Gründen ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Sachverhaltsermittlung in Be-zug auf die Verschuldungsursachen der Gemeinden nicht als unzureichend anzusehen. Selbst wenn der Gesetzgeber die Ursachen der Verschuldung in der Verwaltungsgemein-schaft im Einzelnen hätte aufklären können, erschließt sich zudem nicht, wie dadurch die von der Beschwerdeführerin behaupteten negativen fiskalischen Effekte (sollten sie denn so, wie von ihr angenommen, zutreffen) hätten vermieden werden können. Auch bei einer Entschul-dung der Gemeinden auf Null oder auf das landesdurchschnittliche Maß können die von ihr vermuteten negativen fiskalischen Effekte auftreten. Das „Common-pool-Problem“ könnte sich nun erst recht einstellen. Die Bewohner der finanziell schwachen Gemeinden könnten – von den Schulden befreit – nun endlich ihre bislang unverwirklichten Forderungen stellen, obwohl sich die Einnahmesituation – vom Schuldendienst abgesehen – nicht geändert hat. Die Bewohner der Gemeinden, die bislang Verzicht geübt haben, könnten die verschwende-rischen Gemeinden nun auch noch belohnt sehen und als Anerkennung ihres sparsamen Wirtschaftens nun die Wohltaten verlangen, denen sie zuvor entsagt haben.
Zu Recht hat die Landesregierung deshalb in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es gemäß Art. 87 LVerf den Kommunen in eigener Verantwortung obliegt, ihre Einnah-men- und Ausgabenwirtschaft zu organisieren. Die Vermeidung der von der Beschwerdefüh-rerin vermuteten negativen fiskalischen Effekte obliegt deshalb den neuen Einheitsgemein-den, wie letztlich auch die Ermittlung der Ursachen der Verschuldensproblematik.
{RN:6}
Auch der Abwägungsvorgang entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat auf Grundlage seiner Sachverhaltsermittlung die Gemeinwohlgründe und die Vor- und Nachteile möglicher Alternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Ver-stoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet. Die in § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG festgelegten Ziele der Gebietsreform rechtfertigen die Eingemein-dung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün.
Der Neugliederungsbedarf ergibt sich aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdefüh-rerin. Mit 2.334 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag 31.12.2005 unterschreitet sie die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG für eine Einheitsge-meinde erforderliche Regelmindesteinwohnerzahl von 10.000 und selbst die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG ausnahmsweise zugelassene Mindestgröße von 8.000 Ein-wohnern deutlich. Aufgrund dieser geringen Einwohnerzahl konnte der Gesetzgeber die Be-schwerdeführerin als nicht leistungsfähige Gemeinde ansehen, so dass die gemeinwohlori-entierten Ziele der Gemeindegebietsreform gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführe-rin am Erhalt ihrer kommunalen Selbständigkeit überwiegen.
Dem Gesetzgeber standen für die von ihm getroffene Neugliederungsentscheidung die am Gemeinwohl orientierten Ziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG zur Seite. Er konnte sich in zulässiger Weise dafür entscheiden, die Beschwerdeführerin der Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün zuzuordnen. Diese Entscheidung folgt dem in § 2 Abs. 9 GemNeugGrG auf-gestellten Grundsatz, dass Gemeinden, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheitsgemeinde oder einer Verbandsgemeinde vorge-legt haben, durch Gesetz zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden. Mit der Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün hat sich der Gesetzgeber auch an den in § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG niedergelegten Grundsatz gehal-ten, nach dem Einheitsgemeinden dadurch gebildet werden sollen, dass benachbarte Ge-meinden desselben Landkreises, die grundsätzlich derselben Verwaltungsgemeinschaft an-gehören sollen, zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden.
Erfolglos bleibt die Beschwerdeführerin mit der Rüge, ihre Auflösung und Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün verletze sie in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung, da sich die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der neuen Einheitsgemeinde nicht aus der Gesetzesbegründung ergebe. In der Begründung des Gesetzes sei zudem nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Gemeinwohlgründe, die für eine zwangsweise Zuordnung der Beschwerdeführerin sprächen, die Belange der betroffenen Gemeinden überwögen.
Die Verfassung verlangt nicht, dass der Gesetzgeber eine formelle Rechtfertigung seines Abwägungsergebnisses beschließt. Gesetze unterliegen insoweit keiner formellen Begrün-dungspflicht (vgl. LVerfG, Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 68 des Internetauftritts m.w.N.). Nach Art. 41 ff. LVerf lassen es die allgemeinen Bestimmungen über den Landtag für einen formell wirksamen Gesetzesbeschluss genügen, wenn er von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (Art. 51 Abs. 1 LVerf), sie setzen nicht zusätzlich voraus, dass das Ergebnis auf einer einheitlichen Motivation dieser Mehrheit beruht (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/95 –, LVerfGE 2, 227, [262]).
Für die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Eingemeindung der Beschwerdeführerin in die Einheitsgemeinde Stadt Wettin-Löbejün mit einer Steigerung der Effizienz und Wirt-schaftlichkeit einhergeht, spricht zudem das vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Auf-trag des Ministeriums des Innern erstellte Gutachten: „Zur Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt“ vom 19.06.2007 und das Gutachten der Herren Dr. Wiegand und Dr. Grimberg. Diese Gutachten hat der Gesetzgeber in seine Abwägungs-entscheidung über sein Leitbild und seine Leitlinien zur Gemeindegebietsreform einbezogen. Beide Gutachten haben großteilige Verwaltungsstrukturen als effizienter als kleinteilige ein-gestuft. Nach dem Gutachten IWH/MLU ist die Einheitsgemeinde besser geeignet, Investitio-nen zu verwirklichen und die Mittelverwendung gerade wegen der Zentralisierung effektiver zu steuern. Nach dem Gutachten Wiegand/Grimberg erweist sich die Einheitsgemeinde so-wohl gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft als auch gegenüber der Verbandsgemeinde wirtschaftlich in Gänze überlegen.
Hiergegen kann die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg einwenden, für sie stelle die Bildung einer Verbandsgemeinde die effizientere und wirtschaftlichere Form des Zusammenschlus-ses dar, was sie durch ein einzuholendes Gutachten des IWH belegen will. Der Gesetzgeber war bei seiner Entscheidung nicht darauf beschränkt, isoliert die Verhältnisse der Beschwer-deführerin zu betrachten. Er hat bei einer allgemeinen Gebietsreform auch das Gemeinwohl für die Gesamtstruktur des Landes im Auge zu behalten. Bei einer derartigen Reform geht es unter anderem darum, größere Räume neu zu gliedern und in diesem Zusammenhang die überörtlichen Belange für die gesamte Kommunalstruktur des Landes unter Beachtung groß-räumiger, wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer, kultureller, geschichtlicher und weiterer Gesichtspunkte zu bedenken.
{RN:7}
Die vom Gesetzgeber getroffene Neugliederung wahrt den Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, aufgrund der heterogenen Finanzlage der Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord, insbesondere im Hinblick auf die erhebliche Pro-Kopf-Verschuldung in der ehemaligen Gemeinde Rothenburg und der Stadt Wettin, sei nur die Bildung einer Verbandsgemeinde verhältnismäßig gewesen, ist unbe-gründet. Hiermit greift die Beschwerdeführerin letztlich die Neugliederungsgrundsätze aus § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Abs. 2 GemNeuglGrG an. Ein Angriff auf diese Vorschriften ist ihr aber im Hinblick auf den Ablauf der Jahresfrist nach §§ 51 Abs. 2, 48 LVerfGG verwehrt. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin durch diesen Vortrag nicht belegt, dass die Bil-dung einer Verbandsgemeinde die vorzugswürdige leitbildgerechte Alternative gewesen wä-re. Zwar mag eine solche Neugliederung in geringerem Maße in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin eingreifen als ihre Auflösung und Zuordnung zur neuen Einheitsge-meinde Stadt Wettin-Löbejün. Hiermit hat sie jedoch nicht dargelegt, dass die Bildung einer Verbandsgemeinde innerhalb der Grenzen der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft besser geeignet ist, die Ziele der Neugliederung (§ 1 GemNeuglGrG) für alle Einwohner der ehema-ligen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord zu verwirklichen. Die Be-schwerdeführerin hat durch ihren Vortrag jedenfalls nicht aufgezeigt, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, die Einheitsgemeinde sei besser hierzu geeignet, offensichtlich fehlerhaft und sachwidrig ist.
{RN:8}
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die vom Gesetzgeber vorge-nommene Neugliederung nicht willkürlich. Die Beschwerdeführerin meint in diesem Zusam-menhang, die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GemNeuglGrG habe ihre Entscheidungs-freiheit in unzulässiger Weise dahingehend verkürzt, dass für sie nur die Möglichkeit bestan-den habe, eine Einheitsgemeinde zu bilden. Damit hätten die Gemeinden der Verwaltungs-gemeinschaft Saalkreis Nord in der freiwilligen Phase der Gebietsreform nur das freiwillig vorweg nehmen können, was ihnen nun durch die gesetzliche Regelung des § 3 GemNeuglG SK auferlegt werde. Eine solche nicht bestehende Freiwilligkeit sei willkür-lich und könne den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht entsprechen. Hiermit wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die durch § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, Abs. 2 GemNeuglGrG vorgegebenen Neugliederungsgrundsätze. Ein Angriff auf diese Regelungen des GemNeuglGrG ist ihr aber wegen des Ablaufs der Jahres-frist nach §§ 51 Abs. 2, 48 LVerfGG verwehrt. Ungeachtet dessen konnte sich der Gesetz-geber im Rahmen seines aus der staatlichen Organisationshoheit resultierenden Gestal-tungsspielraums in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise dafür entscheiden, die Ein-heitsgemeinde als Regelgemeindeform und die Verbandsgemeinde nur im Rahmen der Freiwilligkeitsphase und nur in bestimmten Gebieten als Ausnahme zuzulassen. Dabei be-gegnet es keinen rechtlich durchgreifenden Beanstandungen, dass der Gesetzgeber ab ei-nem bestimmten Stichtag – dem 30.06.2009 (vgl. § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG) – die institutio-nelle Ausgestaltung anordnet, die er für die zweckmäßigere hält. Das Landesverfassungsge-richt hat nur – wie oben dargelegt – zu prüfen, ob der Gesetzgeber bei der Ausübung seiner institutionellen Ausgestaltungsbefugnis ein Mittel gewählt hat, das zur Erreichung des ge-setzgeberischen Ziels geeignet ist. Es hat nicht zu prüfen, ob eine andere als die vom Ge-setzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. zum Vorstehen-den: LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 37 und 45 des Internetauftritts).
{RN:8}
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Da die Kommunalverfassungs-beschwerde in vollem Umfang erfolglos geblieben ist, scheidet eine Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerin aus. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG, gleichwohl die Er-stattung der Auslagen der Beschwerdeführerin anzuordnen, sind nicht ersichtlich.