Urteil des Gerichtes
Entscheidungsvorblatt
Aktenzeichen: LVG 64/10 | Entscheidungsart: Urteil | Entscheidung vom: 14.02.2012 |
Verfahrensart | Kommunalverfassungsbeschwerde | |
entscheidungserhebliche Vorschriften | ||
Schlagworte | ||
Stichworte | Urteil | |
Leitsatz | Ohne | |
Fundstellen | - | |
Sonstiges | - | |
Zitiervorschlag |
VerfGSA, Urteil vom
14.02.2012 - LVG 64/10 -, www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de |
Urteil
in dem Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren
LVG 64/10
14.02.2012
{T:wegen}
des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis
{T:Tenor}
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet
{T:T a t b e s t a n d }
Mit den kommunalen Verfassungsbeschwerden machen die Beschwerdeführerinnen geltend, § 4 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betref¬fend den Landkreis Burgenlandkreis – GemNeuglG BLK – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 413) sei unvereinbar mit der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600 ff.), zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 27.01.2005 (GVBl. S. 44), garantierten kommunalen Selbstverwaltung.
Die Beschwerdeführerinnen waren bis zu ihrer Auflösung selbständige Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land, der ursprünglich auch die Gemeinden Gröben, Kauschwitz, Langendorf, Leißling, Nessa, Trebnitz und die Stadt Teuchern angehörten. Am 01.07.2007 kam aus der Verwaltungsgemeinschaft Zeitzer Land die Gemeinde Deuben hinzu. Am gleichen Tag wechselte die Mitgliedsgemeinde Langendorf in die Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land. Zum 01.01.2009 wechselte die Mitgliedsgemeinde Leißling ebenfalls in die Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land.
Die Beschwerdeführerinnen liegen im westlichen Teil der bisherigen Verwaltungsgemein¬schaft. Hierbei weist die Beschwerdeführerin zu 1. zu außerhalb ihrer Verwaltungsgemein¬schaft liegenden Gemeinden gemeinsame Gemarkungsgrenzen auf und zwar mit der Stadt Weißenfels und mit Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal. Die Beschwer¬deführerin zu 2. weist insoweit gemeinsame Gemarkungsgrenzen mit Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal auf.
Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform waren die Beschwerdeführe¬rinnen zunächst bestrebt, mit den Mitgliedsgemeinden ihrer Verwaltungsgemeinschaft (Vier Berge – Teuchener Land) eine Verbandsgemeinde zu bilden. Eine Verständigung über die Bildung einer Verbandsgemeinde konnte jedoch nicht erreicht werden. Am 18.09.2008 fassten die Gemeinderäte der Beschwerdeführerinnen jeweils den Beschluss, sich zusammen zu schließen. Am 27.10.2008 beschlossen sie weiter, aus der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land auszuscheiden und der Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land beizutreten. Der Gemeinschaftsausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land lehnte den Austrittsantrag der Beschwerdeführerinnen ab. Die Beschwerde¬führerinnen beschlossen daraufhin im August 2009 einen Gebietsänderungsvertrag, der auf ihren Zusammenschluss abzielte. Die Kommunalaufsicht verweigerte jedoch die erforderliche Genehmigung. Die Gemeinderäte der Beschwerdeführerinnen beschlossen am 18.02.2010, der Verbandsgemeinde Wethautal beizutreten. Dieser Beitritt wurde von der Verbandsgemeinde auch befürwortet. Zu einer Eingliederung der Beschwerdeführerinnen in die Verbandsgemeinde Wethautal kam es jedoch nicht mehr.
Die Beschwerdeführerinnen wurden durch § 4 GemNeuglG BLK zum 01.01.2011 aufgelöst. Aus ihnen und weiteren Gemeinden wurde die neue Einheitsgemeinde Stadt Teuchern ge¬bildet. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
{T:§ 4}
Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge -Teucherner Land
Aus der Stadt Teuchern und den Gemeinden Deuben, Gröben, Gröbitz, Krauschwitz, Nessa, Prittitz und Trebnitz wird die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern gebildet. Mit Bildung der neuen Stadt werden die an der Neubildung beteiligte Stadt und die beteiligten Gemeinden aufgelöst. Für die Verwaltungsgemein¬schaft Vier Berge -Teucherner Land gilt § 2 Abs. 5 S. 1 des Gemeindeneugliederungs-Grundsätze¬gesetzes.
Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, § 4 GemNeuglG BLK sei schon deshalb verfassungswidrig, weil ihre Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern nicht durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.
Der Gesetzgeber habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt. Er habe die Entfernung der Beschwerdeführerinnen zum künftigen Verwaltungssitz in Teuchern lediglich anhand der Luftlinie bestimmt und die faktische Trennung der Gemein¬den durch die Bundesautobahn 9 (BAB 9) ignoriert. Es bestünden keine akzeptablen Ver¬kehrsverbindungen zwischen den Beschwerdeführerinnen und dem restlichen Gebiet der neuen Einheitsgemeinde. Der Gesetzgeber sei bei seinen Überlegungen fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Grundschule in Prittitz vorrangig Schüler der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land beschule. Dabei kämen lediglich 40 % der Schüler aus dem Bereich der beiden Beschwerdeführerinnen, der Rest aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal. Der Gesetzgeber habe zudem nicht erkannt, dass zwischen den Beschwerdeführerinnen und dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal überaus große geschichtliche, kulturelle und landsmannschaftliche Beziehungen be¬stünden, nicht hingegen zum Bereich der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern. Auch sei die Annahme des Gesetzgebers, von den Beschwerdeführerinnen sei der zukünftige Verwal¬tungssitz in Teuchern und von der Beschwerdeführerin zu 2. die Außenstelle in Prittitz verkehrsmäßig gut zu erreichen, unzutreffend.
Alternativen zur getroffenen Neugliederung, wie die mögliche Aufteilung der verbliebenen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land auf die Einheitsgemeinde Hohenmölsen und die Verbandsgemeinde Wethautal seien nicht geprüft worden. Auch nach dem 30.06.2009 sei eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal möglich gewesen. Dies habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung über die Neugliederung berücksichtigen müssen. Die fehlerhafte Nicht¬berücksichtigung dieser Zuordnungsalternative mache den Abwägungsvorgang fehlerhaft. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die mit der Neugliederungsentscheidung verbundenen Vor-und Nachteile nicht in der gebotenen Weise umfassend und nachvollziehbar dargelegt. Zudem werde durch die Eingemeindung der Beschwerdeführerinnen in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern das Ziel der Gemeindegebietsreform – die Schaffung einer leistungsfähigen Gemeinde – nicht erreicht. Es sei bereits jetzt abzusehen, dass durch die erfolgte gesetzli¬che Neugliederung keine leistungsfähige Einheitsgemeinde geschaffen wurde. So zeichne sich ab, dass der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern keine ausreichenden Finanzmittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben zur Verfügung stünden.
Die Beschwerdeführerinnen beantragen,
§ 4 GemNeuglG BLK wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf für nichtig, hilfsweise für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf zu erklären.
Die Landesregierung hat zu den kommunalen Verfassungsbeschwerden Stellung genom¬men. Die Beschwerden seien zulässig aber unbegründet. Eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerinnen auf kommunale Selbstverwaltung liege nicht vor. Die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern sei durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt zutreffend und voll¬ständig ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Er habe aufgrund der möglichen Bildung einer leitbildgerechten Einheitsgemeinde innerhalb der Struktur der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land die Möglichkeiten einer anderweitigen Neugliederung nicht mehr zu prüfen gehabt. Gegen eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal hätten ferner auch verfassungsrechtliche Bedenken gesprochen. Nach Ablauf der freiwilligen Phase widerspreche die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu einer Verbandsgemeinde, mit der sie nicht zuvor in einer Verwaltungsgemeinschaft verbunden gewesen seien, dem selbst gewählten Neugliederungssystem des Gesetzes über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt – GemNeu¬glGrG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), zuletzt geändert durch Art. 8 des zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238). Das vom Gesetzgeber gefundene Abwägungsergebnis sei nicht zu beanstanden; der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei bei der gesetzgeberischen Entscheidung gewahrt worden. Die Zuordnung zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern stelle keinen willkürlicher Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen dar und sei systemgerecht.
Der Landtag hat sich nicht geäußert.
Die aufnehmende Einheitsgemeinde Stadt Teuchern hat sich zur Verfassungsbeschwerde geäußert.
Anträge der Beschwerdeführerinnen auf den Erlass einstweiliger Anordnungen sind durch Beschlüsse des Gerichts vom 21.12.2010 abgelehnt worden.
Die ursprünglich getrennt anhängig gewordenen Verfassungsbeschwerden der Gemeinde Prittitz
LVG 64/10) und Gröbitz (LVG 65/10) sind mit Beschluss des Landesverfassungsge¬richts vom 15.11.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
{T:Entscheidungsgründe}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind zulässig, aber unbegründet.
{RN:1}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind zulässig, denn die Beschwerdeführerin¬nen machen eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts geltend.
Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden be¬rufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht – LVerfGG – vom 23.08.1993 (GVBl. S. 441), zuletzt geändert durch § 2 ÄndG vom 05.11.2009 (GVBl. S. 525). Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen, gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfassungsgericht anzurufen. Nach § 51 Abs. 1 LVerfGG können Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf verletzt zu sein. Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG gelten die Vorschriften der §§ 48 bis 50 LVerfGG entsprechend. Nach § 49 LVerfGG sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde, welche nach § 16 Abs. 1 S. 2 LVerfGG erforderlich ist, das Recht, das verletzt sein soll, und die Gesetzesvorschrift, durch die sich die Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt sieht, zu bezeichnen. Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerinnen selbst, gegenwärtig und un¬mittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt sind (BVerfG, Urt. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 –, BVerfGE 71, 25, [34 ff.]; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger [Hrsg.], Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91 RdNr. 18). Die angegriffene Norm greift unmittelbar und gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsakts bedarf. Mit der angegriffenen Regelung werden sie unmittelbar in ihrer rechtlichen Existenz aufgelöst.
Die sonstigen formellen Bestimmungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48 LVerfGG gewahrt.
{RN:2}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. § 4 GemNeuglG BLK ist mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 LVerf vereinbar.
{RN:3}
Der Gesetzgeber war zum Erlass des § 4 GemNeuglG BLK im Rahmen der von ihm ange¬strebten Gemeindegebietsreform befugt, weil er auf Gemeinwohlgesichtspunkte im Sinne
von Art. 90 LVerf gestützt ist und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entspricht.
Welche Gemeinwohlgründe der Gesetzgeber mit der Gemeindegebietsreform verfolgt, legt § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG fest. Danach geht es insbesondere um die Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen, die in der Lage sind, die eigenen und übertragenen Aufgaben dauerhaft, sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen.
Das Landesverfassungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme, hier die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur neu gebildeten Einheitsgemeinde Stadt Teuchern, nur darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob die angesprochenen Gemeinwohlgründe und die Vor-und Nachteile der gesetzlichen Regelung in den Abwägungsvorgang Eingang gefunden haben. Ziele, Wertungen und Prognosen sind dabei verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn und soweit sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE, 2, 323 [338] m.w.N. zur Rspr. d. BVerfG; LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, http:/lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 21 des Internetauftritts).
{RN:4}
Das Abwägungsergebnis muss ferner dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt jedoch nur in seiner durch legislatorische Beurteilungs-und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung. Hat der Gesetzgeber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlerhafter Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen. Auch gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Staatsorganisationsrecht nicht, wie bei Grundrechtseingriffen, die Anwendung des mildesten Mittels. Das Verfassungsgericht hat bei kommunalen Neuglie¬derungsmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit daher nicht zu prüfen, ob eine an¬dere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 des Internetauftritts m.w.N.).
{RN:5}
Gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen wird die mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 4 GemNeuglG BLK den Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1-3 LVerf gerecht. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Auflösung der Beschwerdeführerinnen und die Bildung der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die selbst gewählten Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Der Abwägungsvorgang, der zur Verabschiedung des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis geführt hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und frei von willkürlichen Erwägungen.
{RN:6}
Der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ist vom Landesgesetzgeber ausreichend und zutreffend ermittelt worden. Der Gesetzgeber war dabei nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliederungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Er musste jedoch insbesondere solche Sachverhaltselemente vollständig und sorgfältig ermitteln, die nach den vom ihm selbst selbstgesetzten Maßstäben erheblich sind (BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50, [51]; Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/90 –, BVerfG 86, 90, [109]). Diesen Anforderungen ist Genüge getan.
Dem Gesetzgeber standen die von der Landesregierung erhobenen und in der Begründung ihres Gesetzentwurfes dargestellten Informationen zur Verfügung (LT-Drs. 5/2405,
S. 140 ff.). Hierin enthalten sind sowohl die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerinnen, wie unter anderem ihre Lage und Zugehörigkeit zur Verwaltungsgemeinschaft, die finanziellen Verhältnisse und die Einwohnerzahlen. Ferner wurden ihre Verkehrsanbindungen, ihre Finanzkraft sowie diejenigen der umliegenden Gemeinden erfasst. Berücksichtigung fanden im Weiteren die Stellungnahmen der Beschwerdeführerinnen und der übrigen vom Gesetzesvorhaben betroffenen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land sowie die Ergebnisse der in diesen Gemeinden durchgeführten Bürgeranhörungen und die Stellungnahmen des Landkreises Burgenlandkreis und der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber eine eigene Sachverhaltsermittlung in Form einer mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres am 06.05.2010 durchgeführt. In dieser Anhörung hat der Bürgermeister der Beschwerdeführerin zu 1.) Stellung genommen und das gesetzliche Ein¬gliederungsvorhaben abgelehnt (APr INN, 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 98 – 100). Er wies darauf hin, dass die Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1. (wie auch die der Beschwerdeführerin zu 2.) sich nicht den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zugehörig fühlen würden, sondern vielmehr den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal. Man habe zwar zunächst im Rahmen der freiwilligen Phase versucht, mit den Gemeinden der eigenen Verwaltungsgemeinschaft eine Verbandsgemeinde zu bilden. Dies sei jedoch nicht gelungen, da eine territoriale Trennung durch die BAB 9 bestehe und auch landsmannschaftlich, kulturell und wirtschaftlich keine näheren Zusammenhänge bestünden. Diesen Ausführungen schloss sich die Bürgermeisterin der Beschwerdeführerin zu 2.) inhaltlich an (APr INN 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 101 -102). Damit genügt der Ge¬setzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung.
Soweit die die Beschwerdeführerinnen einwenden, der Gesetzgeber habe bei der Sachverhaltsermittlung den trennenden Charakter der BAB 9 nicht erkannt, greifen sie nicht die Sachverhaltsermittlung an, sondern wollen aus dem festgestellten Sachverhalt andere Schlussfolgerungen als der Gesetzgeber ziehen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Bewertung der Verkehrsverbindungen. Ebenfalls unbegründet ist der Einwand der Beschwerdeführerinnen, die Sachverhaltsermittlung leide daran, dass die in größerem Umfang bestehenden Verflech¬tungen zwischen den Beschwerdeführerinnen und den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal nicht hinreichend ermittelt worden seien. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. So sind bereits in der Gesetzesbegründung des GemNeugl BLK bestehende Verflechtungsbeziehungen zur Verbandsgemeinde Wethautal erwähnt. Zwar ist der Einzugsbereich der Grundschule der Beschwerdeführerin zu 1.) und der Besuch durch Kinder der Mitgliedsgemeinde Schönburg der Verbandsgemeinde Wethautal in der Gesetzesbegründung nicht in vollem Umfang zutreffend geschildert worden. Jedoch haben die Beschwerdeführerinnen – nach ihrem eigenen Vortrag – im Anhörungsverfahren auf die im Bildungsbereich bestehenden Verflechtungen mit der Verbandsgemeinde Wethautal hingewiesen. Der Gesetzgeber hat hieraufhin eine eigene Sachverhaltsermittlung in der Form durchgeführt, als er die Be¬schwerdeführerinnen mündlich angehört hat. In der mündlichen Anhörung haben die Be¬schwerdeführerinnen die vielfältigen Verflechtungen, die zwischen ihnen und dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal – auch im Bildungsbereich – bestehen, umfassend dar¬stellen können, sodass der Gesetzgeber diese Aspekte in seine Überlegungen aufnehmen konnte. Es ist insoweit nicht ersichtlich oder vorgetragen worden, welche weiteren Sachver¬haltsermittlungen der Gesetzgeber hier noch hätte durchführen sollen.
{RN:7}
Auch der sonstige Abwägungsvorgang entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat auf Grundlage seiner Sachverhaltsermittlung die Gemeinwohlgründe und die Vor-und Nachteile möglicher Alternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet. Die Verfassung verlangt hierbei nicht, dass der Gesetzgeber eine formelle Rechtfertigung seines Abwägungsergebnisses beschließt. Insoweit gehen die Einwände der Beschwerdeführerinnen, die Abwägung des Gesetzgebers sei nicht erkennbar und deshalb fehlerhaft, fehl. Gesetze unterliegen keiner formellen Begründungspflicht (vgl. LVerfG, Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 68 des Internetauftritts m.w.N.). Nach Art. 41 ff. LVerf lassen es die allgemeinen Bestimmungen über den Landtag für einen formell wirksamen Gesetzesbeschluss genügen, wenn er von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (Art. 51 Abs. 1 LVerf), sie setzen nicht zusätzlich voraus, dass das Ergebnis auf einer einheitlichen Motivation dieser Mehrheit beruht (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/95 –, LVerfGE 2, 227, [262]).
{RN:8}
Die in § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG festgelegten Ziele der Gebietsreform rechtfertigen den Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern.
Der Neugliederungsbedarf ergibt sich aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdeführerinnen. Mit 1.022 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag 31.12.2005 unterschreitet sowohl die Beschwerdeführerin zu 1., als auch mit 505 Einwohnern die Beschwerdeführerin zu 2., die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG für eine Einheitsgemeinde erforderliche Regelmindesteinwohnerzahl von 10.000 und selbst die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG ausnahmsweise zugelassene Mindestgröße von 8.000 Einwohnern deutlich. Aufgrund dieser geringen Einwohnerzahl konnte der Gesetzgeber die Beschwerdeführerinnen als nicht leistungsfähige Gemeinden ansehen, so dass die gemeinwohlorientierten Ziele der Gemeindegebietsreform gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführerinnen am Erhalt ihrer kommunalen Selbständigkeit überwiegen. Das Landesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung zum Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform es als aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich eingestuft, dass der Gesetzgeber als Indiz für die Leistungsfähigkeit der Gemeinde typisierend Rückgriff auf deren Einwohnerzahl nimmt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 ff. des Internetauftritts).
{RN:8}
Dem Gesetzgeber standen für die von ihm getroffene Neugliederungsentscheidung die am Gemeinwohl orientierten Ziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG zur Seite. Er konnte sich in zulässiger Weise dafür entscheiden, die Beschwerdeführerinnen und andere Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zusammen zu fassen. Diese Entscheidung folgt dem in § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG aufgestellten Grundsatz, dass Gemeinden, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheits-oder Verbandsgemeinde vorgelegt haben, durch Gesetz zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden. Mit der Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern hat sich der Gesetzgeber auch an den in § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG niedergelegten Grundsatz gehalten, nach dem Einheitsgemeinden dadurch gebildet werden sollen, dass benachbarte Gemeinden desselben Landkreises, die grundsätzlich derselben Verwaltungsgemeinschaft angehören sollen, zu einer Einheitsge¬meinde zusammen geschlossen werden.
{RN:9}
Zu Unrecht sehen die Beschwerdeführerinnen einen Abwägungsfehler darin, dass der Gesetzgeber eine alternative Zuordnung zur Verbandsgemeinde Wethautal nicht hinreichend geprüft habe. Der Gesetzgeber hat diese Alternative in Erwägung gezogen und ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass einer solchen Zuordnung verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG kam nach Ablauf der freiwilligen Phase am 30.06.2009 nur noch eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu einer Einheitsgemeinde in Betracht. Eine gesetzliche Zuordnung zu einer Verbandgemeinde sieht das Gesetz nach § 2 Abs. 8 GemNeuglGrG nur für solche Gemeinden vor, bei denen sich innerhalb der bestehenden Verwaltungsgemein¬schaft drei Viertel der Mitgliedsgemeinden und zwei Drittel der Einwohner für die Bildung einer Verbandsgemeinde ausgesprochen haben. Dieses trifft auf die Beschwerdeführerinnen nicht zu, da in ihrer Verwaltungsgemeinschaft ein dementsprechender Beschluss nicht ge¬fasst worden ist und sie zudem einer Verbandsgemeinde zugeordnet werden wollen, mit der sie zuvor keine Verwaltungsgemeinschaft gebildet haben. Die gesetzliche Zuordnung zu ei¬ner solchen Verbandsgemeinde ist nach dem GemNeuglGrG jedoch nicht vorgesehen. Eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal wäre deshalb systemwidrig gewesen.
Soweit die Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang einwenden, auch nach dem Ablauf des 30.06.2009 müsse ein freiwilliger Zusammenschluss zur Verbandsgemeinde möglich sein, kann dies letztlich dahinstehen. Der Gesetzgeber war zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht gehalten, einen möglichen freiwilligen Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen mit der Verbandsgemeinde Wethautal abzuwarten. Er konnte in zulässiger Weise sein gesetzgeberisches Ermessen dahingehend ausüben, die Beschwerdeführerinnen, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheits- oder Verbandsgemeinde vorgelegt hatten, mit anderen Gemeinden ihrer Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zusammen zu fassen.
{RN:10}
Bei dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber zulässigerweise in seine Überlegungen eingestellt, dass die umliegenden Gemeinden auch ohne die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen die Mindestsolleinwohnerzahlen erreichen und damit als leistungsfähig gelten. Innerhalb der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land wird dagegen nur durch die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern annähernd die Mindestsolleinwohnerzahl einer Einheitsgemeinde von 10.000 Einwohnern erreicht. Der Gesetzgeber konnte sich in dieser Konstellation in zulässiger Weise dafür entscheiden, dem Ziel der vorrangigen Bildung von Einheitsgemeinden innerhalb derselben Verwaltungsge¬meinschaft (§ 2 Abs. 3 GemNeuglGrG) den Vorrang gegenüber anderweitigen denkbaren Zuordnungen (Zuordnung zur Stadt Weißenfels oder dem Abwarten einer freiwilligen Gebiet¬sänderungsvereinbarung mit der Verbandsgemeinde Wethautal) zu geben.
Unabhängig von diesen Gründen haben die Beschwerdeführerinnen mit ihrem Vortrag auch nicht dargelegt, dass der Gesetzgeber durch die von ihm getroffene Neugliederungsent¬scheidung einen ihm zuzubilligenden Prognose-und Beurteilungsspielraum überschritten hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Einschätzung des Gesetzgebers, der Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern würde zur besseren Entwicklung des Gesamtraumes beitragen, jeder Tatsachengrundlage entbehren und offensichtlich sachwidrig wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Beschwerdeführerinnen stellen der von ihr für fehlerhaft gehaltenen Entscheidung des Ge¬setzgebers ihre eigenen Prognosen und Beurteilungen gegenüber und halten insgesamt ein anderes Ergebnis als das vom Gesetzgeber beschlossene für besser geeignet. Hiermit ver¬kennen sie jedoch den dem Gesetzgeber zustehenden Beurteilungsspielraum, den auch das Landesverfassungsgericht zu berücksichtigen hat. Insoweit konnte der Gesetzgeber der von den Beschwerdeführerinnen empfundenen Trennung durch die BAB 9, den bestehenden schulischen Verflechtungen mit der Mitgliedsgemeinde Schönburg der Verbandsgemeinde Wethautal und der historischen und landsmannschaftlichen Verbundenheit mit den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal geringere Bedeutung zumessen, als den seit 2005 sich in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land herausgebildeten und bereits bestehenden Verbindungen. Zudem hatten auch die Beschwerdeführerinnen in der freiwilligen Phase zunächst versucht, eine Verbandsgemeinde mit den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zu bilden. Ferner konnte der Gesetzgeber auch berücksichtigen, dass die ehemalige Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land von leistungsfähigen Gemeinden umgeben war. Eine grenzüberschreitende bzw. die frühere Verwaltungsgemeinschaft auflösende Zuordnung der Mitgliedsgemeinden war daher nicht notwendig. Soweit die Beschwerdeführerinnen meinen, die BAB 9 schaffe eine Barriere, die dem Zusammenschluss entgegenstehe, messen sie diesem Aspekt lediglich größeres Gewicht bei. Dies macht aber die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung nicht offensichtlich fehlerhaft.
{RN:11}
Der Gesetzgeber hat sich zudem durch die Zusammenfassung der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern als für die von ihm als effizienteste und auch unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation als am geeignetsten eingeschätzte Organisationsform, der Einheitsgemeinde, entschieden. Dieses ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der grundsätzliche Vorrang der Einheitsgemeinde entspricht dem Leitbild des GemNeuglGrG und ist vom Verfassungsgericht bereits als verfassungskonform bestätigt worden (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 37 des Internetauftritts).
{RN:12}
Auch der Einwand der Beschwerdeführerinnen, durch die Neugliederung werde das Ziel der Schaffung einer leistungsfähigen Einheitsgemeinde nicht erreicht, da bereits jetzt aufgrund der schlechten Haushaltslage der Einheitsgemeinde Stadt Teuchern abzusehen sei, dass diese nicht leistungsfähig sei, ist nicht begründet. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, für jede einzelne Neugliederungsmaßnahme gesondert zu ermitteln, ob in diesem konkreten Fall die Leistungsfähigkeit durch den Zusammenschluss zu einer Einheitsgemeinde oder Ver¬bandsgemeinde erreicht wird und ob im konkreten Einzelfall der Zusammenschluss zu einer Steigerung der Effizienz führt. Insoweit steht ihm ein durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungs-und Prognosespielraum zu, der durch die Entscheidung gewahrt ist. Die Forderung nach der Erstellung einer umfassenden Schaden-Nutzen-Bilanz ist nicht gerechtfertigt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.). Der Gesetzgeber ist bei einer kommunalen Neugliederung nicht verpflichtet, eine wissenschaftliche Untersuchung des Einzelfalls in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass solche Untersuchungen wissenschaftlich profund erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchge¬führt werden können, liegt es in seinem Gestaltungsermessen, inwieweit er in seine verfas¬sungs-und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer quantitativen Betrachtungsweise weitgehend entziehen (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.).
{RN:13}
Der Gesetzgeber war im Übrigen bei seiner Entscheidung nicht gehalten, die bisherige Fi¬nanzkraft der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Gemeinden der ehemaligen Verwal¬tungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land als alleinigen und zwingenden Gesichts¬punkt für die Beurteilung des Gemeinwohls heranzuziehen. Die Finanzlage einer Gemeinde ist naturgemäß nicht von Dauer sondern veränderlich. Insoweit konnte der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung in zulässiger Weise davon ausgehen, dass die Eingliederung der Be¬schwerdeführerinnen in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zur Stärkung von deren Ver¬waltungs- und Leistungskraft führen wird.
{RN:14}
Die angefochtene Regelung des § 4 GemNeuglG ist auch nicht unverhältnismäßig im oben dargelegten Sinne. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Auflösung der Beschwerdeführerinnen und deren Zusammenfassung zur neu gebildeten Einheitsgemeinde Stadt Teuchern als zur Erreichung der Reformziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG geeignet anzusehen, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insoweit ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die ihm zuzubilligenden Prognose- und Beurteilungsspielräume überschritten hat. Die Beschwerdeführerinnen haben im Übrigen durch ihren diesbezüglichen Vortrag auch nicht dargelegt, dass die Aufteilung der Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur Einheitsgemeinde Hohenmölsen und zur Verbandsgemeinde Wethautal das mildere Mittel wäre, für das sich der Gesetzgeber zwingend hätte entscheiden müssen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist es nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung, ob der Gesetzgeber eine andere Neugliederungsentscheidung hätte treffen können und ob eine andere Lösung besser, zweckmäßiger oder schonender gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 ff. des Internetauftritts).
{RN:15}
Die Abwägungsentscheidung ist frei von willkürlichen Erwägungen im Sinne des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzgeber hat durch die getroffene Neugliederungsentscheidung nicht das Gebot der Systemgerechtigkeit verletzt, da sich die getroffene Entscheidung an das selbst gewählte System hält.
{RN:16}
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Da die Kommunalverfassungs¬beschwerden in vollem Umfang erfolglos geblieben sind, scheidet eine Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerinnen aus. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG, gleichwohl die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerinnen anzuordnen, sind nicht ersichtlich.
« zurück{T:wegen}
des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis
{T:Tenor}
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet
{T:T a t b e s t a n d }
Mit den kommunalen Verfassungsbeschwerden machen die Beschwerdeführerinnen geltend, § 4 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betref¬fend den Landkreis Burgenlandkreis – GemNeuglG BLK – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 413) sei unvereinbar mit der in Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600 ff.), zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 27.01.2005 (GVBl. S. 44), garantierten kommunalen Selbstverwaltung.
Die Beschwerdeführerinnen waren bis zu ihrer Auflösung selbständige Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land, der ursprünglich auch die Gemeinden Gröben, Kauschwitz, Langendorf, Leißling, Nessa, Trebnitz und die Stadt Teuchern angehörten. Am 01.07.2007 kam aus der Verwaltungsgemeinschaft Zeitzer Land die Gemeinde Deuben hinzu. Am gleichen Tag wechselte die Mitgliedsgemeinde Langendorf in die Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land. Zum 01.01.2009 wechselte die Mitgliedsgemeinde Leißling ebenfalls in die Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land.
Die Beschwerdeführerinnen liegen im westlichen Teil der bisherigen Verwaltungsgemein¬schaft. Hierbei weist die Beschwerdeführerin zu 1. zu außerhalb ihrer Verwaltungsgemein¬schaft liegenden Gemeinden gemeinsame Gemarkungsgrenzen auf und zwar mit der Stadt Weißenfels und mit Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal. Die Beschwer¬deführerin zu 2. weist insoweit gemeinsame Gemarkungsgrenzen mit Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal auf.
Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform waren die Beschwerdeführe¬rinnen zunächst bestrebt, mit den Mitgliedsgemeinden ihrer Verwaltungsgemeinschaft (Vier Berge – Teuchener Land) eine Verbandsgemeinde zu bilden. Eine Verständigung über die Bildung einer Verbandsgemeinde konnte jedoch nicht erreicht werden. Am 18.09.2008 fassten die Gemeinderäte der Beschwerdeführerinnen jeweils den Beschluss, sich zusammen zu schließen. Am 27.10.2008 beschlossen sie weiter, aus der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land auszuscheiden und der Verwaltungsgemeinschaft Weißenfelser Land beizutreten. Der Gemeinschaftsausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land lehnte den Austrittsantrag der Beschwerdeführerinnen ab. Die Beschwerde¬führerinnen beschlossen daraufhin im August 2009 einen Gebietsänderungsvertrag, der auf ihren Zusammenschluss abzielte. Die Kommunalaufsicht verweigerte jedoch die erforderliche Genehmigung. Die Gemeinderäte der Beschwerdeführerinnen beschlossen am 18.02.2010, der Verbandsgemeinde Wethautal beizutreten. Dieser Beitritt wurde von der Verbandsgemeinde auch befürwortet. Zu einer Eingliederung der Beschwerdeführerinnen in die Verbandsgemeinde Wethautal kam es jedoch nicht mehr.
Die Beschwerdeführerinnen wurden durch § 4 GemNeuglG BLK zum 01.01.2011 aufgelöst. Aus ihnen und weiteren Gemeinden wurde die neue Einheitsgemeinde Stadt Teuchern ge¬bildet. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
{T:§ 4}
Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge -Teucherner Land
Aus der Stadt Teuchern und den Gemeinden Deuben, Gröben, Gröbitz, Krauschwitz, Nessa, Prittitz und Trebnitz wird die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern gebildet. Mit Bildung der neuen Stadt werden die an der Neubildung beteiligte Stadt und die beteiligten Gemeinden aufgelöst. Für die Verwaltungsgemein¬schaft Vier Berge -Teucherner Land gilt § 2 Abs. 5 S. 1 des Gemeindeneugliederungs-Grundsätze¬gesetzes.
Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, § 4 GemNeuglG BLK sei schon deshalb verfassungswidrig, weil ihre Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern nicht durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.
Der Gesetzgeber habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt. Er habe die Entfernung der Beschwerdeführerinnen zum künftigen Verwaltungssitz in Teuchern lediglich anhand der Luftlinie bestimmt und die faktische Trennung der Gemein¬den durch die Bundesautobahn 9 (BAB 9) ignoriert. Es bestünden keine akzeptablen Ver¬kehrsverbindungen zwischen den Beschwerdeführerinnen und dem restlichen Gebiet der neuen Einheitsgemeinde. Der Gesetzgeber sei bei seinen Überlegungen fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Grundschule in Prittitz vorrangig Schüler der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land beschule. Dabei kämen lediglich 40 % der Schüler aus dem Bereich der beiden Beschwerdeführerinnen, der Rest aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal. Der Gesetzgeber habe zudem nicht erkannt, dass zwischen den Beschwerdeführerinnen und dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal überaus große geschichtliche, kulturelle und landsmannschaftliche Beziehungen be¬stünden, nicht hingegen zum Bereich der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern. Auch sei die Annahme des Gesetzgebers, von den Beschwerdeführerinnen sei der zukünftige Verwal¬tungssitz in Teuchern und von der Beschwerdeführerin zu 2. die Außenstelle in Prittitz verkehrsmäßig gut zu erreichen, unzutreffend.
Alternativen zur getroffenen Neugliederung, wie die mögliche Aufteilung der verbliebenen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land auf die Einheitsgemeinde Hohenmölsen und die Verbandsgemeinde Wethautal seien nicht geprüft worden. Auch nach dem 30.06.2009 sei eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal möglich gewesen. Dies habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung über die Neugliederung berücksichtigen müssen. Die fehlerhafte Nicht¬berücksichtigung dieser Zuordnungsalternative mache den Abwägungsvorgang fehlerhaft. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die mit der Neugliederungsentscheidung verbundenen Vor-und Nachteile nicht in der gebotenen Weise umfassend und nachvollziehbar dargelegt. Zudem werde durch die Eingemeindung der Beschwerdeführerinnen in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern das Ziel der Gemeindegebietsreform – die Schaffung einer leistungsfähigen Gemeinde – nicht erreicht. Es sei bereits jetzt abzusehen, dass durch die erfolgte gesetzli¬che Neugliederung keine leistungsfähige Einheitsgemeinde geschaffen wurde. So zeichne sich ab, dass der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern keine ausreichenden Finanzmittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben zur Verfügung stünden.
Die Beschwerdeführerinnen beantragen,
§ 4 GemNeuglG BLK wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf für nichtig, hilfsweise für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf zu erklären.
Die Landesregierung hat zu den kommunalen Verfassungsbeschwerden Stellung genom¬men. Die Beschwerden seien zulässig aber unbegründet. Eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerinnen auf kommunale Selbstverwaltung liege nicht vor. Die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern sei durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt zutreffend und voll¬ständig ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Er habe aufgrund der möglichen Bildung einer leitbildgerechten Einheitsgemeinde innerhalb der Struktur der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land die Möglichkeiten einer anderweitigen Neugliederung nicht mehr zu prüfen gehabt. Gegen eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal hätten ferner auch verfassungsrechtliche Bedenken gesprochen. Nach Ablauf der freiwilligen Phase widerspreche die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu einer Verbandsgemeinde, mit der sie nicht zuvor in einer Verwaltungsgemeinschaft verbunden gewesen seien, dem selbst gewählten Neugliederungssystem des Gesetzes über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt – GemNeu¬glGrG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), zuletzt geändert durch Art. 8 des zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238). Das vom Gesetzgeber gefundene Abwägungsergebnis sei nicht zu beanstanden; der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei bei der gesetzgeberischen Entscheidung gewahrt worden. Die Zuordnung zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern stelle keinen willkürlicher Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen dar und sei systemgerecht.
Der Landtag hat sich nicht geäußert.
Die aufnehmende Einheitsgemeinde Stadt Teuchern hat sich zur Verfassungsbeschwerde geäußert.
Anträge der Beschwerdeführerinnen auf den Erlass einstweiliger Anordnungen sind durch Beschlüsse des Gerichts vom 21.12.2010 abgelehnt worden.
Die ursprünglich getrennt anhängig gewordenen Verfassungsbeschwerden der Gemeinde Prittitz
LVG 64/10) und Gröbitz (LVG 65/10) sind mit Beschluss des Landesverfassungsge¬richts vom 15.11.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
{T:Entscheidungsgründe}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind zulässig, aber unbegründet.
{RN:1}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind zulässig, denn die Beschwerdeführerin¬nen machen eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts geltend.
Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden be¬rufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 LVerf und der §§ 2 Nr. 8, 51 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht – LVerfGG – vom 23.08.1993 (GVBl. S. 441), zuletzt geändert durch § 2 ÄndG vom 05.11.2009 (GVBl. S. 525). Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen, gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfassungsgericht anzurufen. Nach § 51 Abs. 1 LVerfGG können Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf verletzt zu sein. Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG gelten die Vorschriften der §§ 48 bis 50 LVerfGG entsprechend. Nach § 49 LVerfGG sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde, welche nach § 16 Abs. 1 S. 2 LVerfGG erforderlich ist, das Recht, das verletzt sein soll, und die Gesetzesvorschrift, durch die sich die Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt sieht, zu bezeichnen. Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerinnen selbst, gegenwärtig und un¬mittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt sind (BVerfG, Urt. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 –, BVerfGE 71, 25, [34 ff.]; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger [Hrsg.], Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91 RdNr. 18). Die angegriffene Norm greift unmittelbar und gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsakts bedarf. Mit der angegriffenen Regelung werden sie unmittelbar in ihrer rechtlichen Existenz aufgelöst.
Die sonstigen formellen Bestimmungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48 LVerfGG gewahrt.
{RN:2}
Die kommunalen Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. § 4 GemNeuglG BLK ist mit Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 LVerf vereinbar.
{RN:3}
Der Gesetzgeber war zum Erlass des § 4 GemNeuglG BLK im Rahmen der von ihm ange¬strebten Gemeindegebietsreform befugt, weil er auf Gemeinwohlgesichtspunkte im Sinne
von Art. 90 LVerf gestützt ist und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entspricht.
Welche Gemeinwohlgründe der Gesetzgeber mit der Gemeindegebietsreform verfolgt, legt § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG fest. Danach geht es insbesondere um die Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen, die in der Lage sind, die eigenen und übertragenen Aufgaben dauerhaft, sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen.
Das Landesverfassungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme, hier die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur neu gebildeten Einheitsgemeinde Stadt Teuchern, nur darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob die angesprochenen Gemeinwohlgründe und die Vor-und Nachteile der gesetzlichen Regelung in den Abwägungsvorgang Eingang gefunden haben. Ziele, Wertungen und Prognosen sind dabei verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn und soweit sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE, 2, 323 [338] m.w.N. zur Rspr. d. BVerfG; LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, http:/lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 21 des Internetauftritts).
{RN:4}
Das Abwägungsergebnis muss ferner dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt jedoch nur in seiner durch legislatorische Beurteilungs-und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung. Hat der Gesetzgeber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlerhafter Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen. Auch gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Staatsorganisationsrecht nicht, wie bei Grundrechtseingriffen, die Anwendung des mildesten Mittels. Das Verfassungsgericht hat bei kommunalen Neuglie¬derungsmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit daher nicht zu prüfen, ob eine an¬dere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung besser oder zweckmäßiger gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 des Internetauftritts m.w.N.).
{RN:5}
Gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen wird die mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 4 GemNeuglG BLK den Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1-3 LVerf gerecht. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung über die Auflösung der Beschwerdeführerinnen und die Bildung der neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die selbst gewählten Kriterien des § 2 GemNeuglGrG zur Schaffung leistungsfähiger Einheitsgemeinden eingehalten und das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen im erforderlichen Umfang berücksichtigt. Der Abwägungsvorgang, der zur Verabschiedung des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis geführt hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und frei von willkürlichen Erwägungen.
{RN:6}
Der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt ist vom Landesgesetzgeber ausreichend und zutreffend ermittelt worden. Der Gesetzgeber war dabei nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliederungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Er musste jedoch insbesondere solche Sachverhaltselemente vollständig und sorgfältig ermitteln, die nach den vom ihm selbst selbstgesetzten Maßstäben erheblich sind (BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50, [51]; Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/90 –, BVerfG 86, 90, [109]). Diesen Anforderungen ist Genüge getan.
Dem Gesetzgeber standen die von der Landesregierung erhobenen und in der Begründung ihres Gesetzentwurfes dargestellten Informationen zur Verfügung (LT-Drs. 5/2405,
S. 140 ff.). Hierin enthalten sind sowohl die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerinnen, wie unter anderem ihre Lage und Zugehörigkeit zur Verwaltungsgemeinschaft, die finanziellen Verhältnisse und die Einwohnerzahlen. Ferner wurden ihre Verkehrsanbindungen, ihre Finanzkraft sowie diejenigen der umliegenden Gemeinden erfasst. Berücksichtigung fanden im Weiteren die Stellungnahmen der Beschwerdeführerinnen und der übrigen vom Gesetzesvorhaben betroffenen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land sowie die Ergebnisse der in diesen Gemeinden durchgeführten Bürgeranhörungen und die Stellungnahmen des Landkreises Burgenlandkreis und der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber eine eigene Sachverhaltsermittlung in Form einer mündlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Inneres am 06.05.2010 durchgeführt. In dieser Anhörung hat der Bürgermeister der Beschwerdeführerin zu 1.) Stellung genommen und das gesetzliche Ein¬gliederungsvorhaben abgelehnt (APr INN, 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 98 – 100). Er wies darauf hin, dass die Einwohner der Beschwerdeführerin zu 1. (wie auch die der Beschwerdeführerin zu 2.) sich nicht den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zugehörig fühlen würden, sondern vielmehr den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal. Man habe zwar zunächst im Rahmen der freiwilligen Phase versucht, mit den Gemeinden der eigenen Verwaltungsgemeinschaft eine Verbandsgemeinde zu bilden. Dies sei jedoch nicht gelungen, da eine territoriale Trennung durch die BAB 9 bestehe und auch landsmannschaftlich, kulturell und wirtschaftlich keine näheren Zusammenhänge bestünden. Diesen Ausführungen schloss sich die Bürgermeisterin der Beschwerdeführerin zu 2.) inhaltlich an (APr INN 72. Sitzung am 06.05.2010, S. 101 -102). Damit genügt der Ge¬setzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung.
Soweit die die Beschwerdeführerinnen einwenden, der Gesetzgeber habe bei der Sachverhaltsermittlung den trennenden Charakter der BAB 9 nicht erkannt, greifen sie nicht die Sachverhaltsermittlung an, sondern wollen aus dem festgestellten Sachverhalt andere Schlussfolgerungen als der Gesetzgeber ziehen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Bewertung der Verkehrsverbindungen. Ebenfalls unbegründet ist der Einwand der Beschwerdeführerinnen, die Sachverhaltsermittlung leide daran, dass die in größerem Umfang bestehenden Verflech¬tungen zwischen den Beschwerdeführerinnen und den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal nicht hinreichend ermittelt worden seien. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. So sind bereits in der Gesetzesbegründung des GemNeugl BLK bestehende Verflechtungsbeziehungen zur Verbandsgemeinde Wethautal erwähnt. Zwar ist der Einzugsbereich der Grundschule der Beschwerdeführerin zu 1.) und der Besuch durch Kinder der Mitgliedsgemeinde Schönburg der Verbandsgemeinde Wethautal in der Gesetzesbegründung nicht in vollem Umfang zutreffend geschildert worden. Jedoch haben die Beschwerdeführerinnen – nach ihrem eigenen Vortrag – im Anhörungsverfahren auf die im Bildungsbereich bestehenden Verflechtungen mit der Verbandsgemeinde Wethautal hingewiesen. Der Gesetzgeber hat hieraufhin eine eigene Sachverhaltsermittlung in der Form durchgeführt, als er die Be¬schwerdeführerinnen mündlich angehört hat. In der mündlichen Anhörung haben die Be¬schwerdeführerinnen die vielfältigen Verflechtungen, die zwischen ihnen und dem Bereich der Verbandsgemeinde Wethautal – auch im Bildungsbereich – bestehen, umfassend dar¬stellen können, sodass der Gesetzgeber diese Aspekte in seine Überlegungen aufnehmen konnte. Es ist insoweit nicht ersichtlich oder vorgetragen worden, welche weiteren Sachver¬haltsermittlungen der Gesetzgeber hier noch hätte durchführen sollen.
{RN:7}
Auch der sonstige Abwägungsvorgang entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat auf Grundlage seiner Sachverhaltsermittlung die Gemeinwohlgründe und die Vor-und Nachteile möglicher Alternativen ohne offensichtliche Fehler und ohne Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung gewichtet und bewertet. Die Verfassung verlangt hierbei nicht, dass der Gesetzgeber eine formelle Rechtfertigung seines Abwägungsergebnisses beschließt. Insoweit gehen die Einwände der Beschwerdeführerinnen, die Abwägung des Gesetzgebers sei nicht erkennbar und deshalb fehlerhaft, fehl. Gesetze unterliegen keiner formellen Begründungspflicht (vgl. LVerfG, Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 68 des Internetauftritts m.w.N.). Nach Art. 41 ff. LVerf lassen es die allgemeinen Bestimmungen über den Landtag für einen formell wirksamen Gesetzesbeschluss genügen, wenn er von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (Art. 51 Abs. 1 LVerf), sie setzen nicht zusätzlich voraus, dass das Ergebnis auf einer einheitlichen Motivation dieser Mehrheit beruht (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/95 –, LVerfGE 2, 227, [262]).
{RN:8}
Die in § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG festgelegten Ziele der Gebietsreform rechtfertigen den Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern.
Der Neugliederungsbedarf ergibt sich aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdeführerinnen. Mit 1.022 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag 31.12.2005 unterschreitet sowohl die Beschwerdeführerin zu 1., als auch mit 505 Einwohnern die Beschwerdeführerin zu 2., die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG für eine Einheitsgemeinde erforderliche Regelmindesteinwohnerzahl von 10.000 und selbst die nach § 2 Abs. 3 S. 1 GemNeuglGrG ausnahmsweise zugelassene Mindestgröße von 8.000 Einwohnern deutlich. Aufgrund dieser geringen Einwohnerzahl konnte der Gesetzgeber die Beschwerdeführerinnen als nicht leistungsfähige Gemeinden ansehen, so dass die gemeinwohlorientierten Ziele der Gemeindegebietsreform gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführerinnen am Erhalt ihrer kommunalen Selbständigkeit überwiegen. Das Landesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung zum Ersten Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform es als aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich eingestuft, dass der Gesetzgeber als Indiz für die Leistungsfähigkeit der Gemeinde typisierend Rückgriff auf deren Einwohnerzahl nimmt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 33 ff. des Internetauftritts).
{RN:8}
Dem Gesetzgeber standen für die von ihm getroffene Neugliederungsentscheidung die am Gemeinwohl orientierten Ziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG zur Seite. Er konnte sich in zulässiger Weise dafür entscheiden, die Beschwerdeführerinnen und andere Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zusammen zu fassen. Diese Entscheidung folgt dem in § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG aufgestellten Grundsatz, dass Gemeinden, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheits-oder Verbandsgemeinde vorgelegt haben, durch Gesetz zu einer Einheitsgemeinde zusammen geschlossen werden. Mit der Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern hat sich der Gesetzgeber auch an den in § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG niedergelegten Grundsatz gehalten, nach dem Einheitsgemeinden dadurch gebildet werden sollen, dass benachbarte Gemeinden desselben Landkreises, die grundsätzlich derselben Verwaltungsgemeinschaft angehören sollen, zu einer Einheitsge¬meinde zusammen geschlossen werden.
{RN:9}
Zu Unrecht sehen die Beschwerdeführerinnen einen Abwägungsfehler darin, dass der Gesetzgeber eine alternative Zuordnung zur Verbandsgemeinde Wethautal nicht hinreichend geprüft habe. Der Gesetzgeber hat diese Alternative in Erwägung gezogen und ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass einer solchen Zuordnung verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG kam nach Ablauf der freiwilligen Phase am 30.06.2009 nur noch eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu einer Einheitsgemeinde in Betracht. Eine gesetzliche Zuordnung zu einer Verbandgemeinde sieht das Gesetz nach § 2 Abs. 8 GemNeuglGrG nur für solche Gemeinden vor, bei denen sich innerhalb der bestehenden Verwaltungsgemein¬schaft drei Viertel der Mitgliedsgemeinden und zwei Drittel der Einwohner für die Bildung einer Verbandsgemeinde ausgesprochen haben. Dieses trifft auf die Beschwerdeführerinnen nicht zu, da in ihrer Verwaltungsgemeinschaft ein dementsprechender Beschluss nicht ge¬fasst worden ist und sie zudem einer Verbandsgemeinde zugeordnet werden wollen, mit der sie zuvor keine Verwaltungsgemeinschaft gebildet haben. Die gesetzliche Zuordnung zu ei¬ner solchen Verbandsgemeinde ist nach dem GemNeuglGrG jedoch nicht vorgesehen. Eine Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Verbandsgemeinde Wethautal wäre deshalb systemwidrig gewesen.
Soweit die Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang einwenden, auch nach dem Ablauf des 30.06.2009 müsse ein freiwilliger Zusammenschluss zur Verbandsgemeinde möglich sein, kann dies letztlich dahinstehen. Der Gesetzgeber war zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht gehalten, einen möglichen freiwilligen Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen mit der Verbandsgemeinde Wethautal abzuwarten. Er konnte in zulässiger Weise sein gesetzgeberisches Ermessen dahingehend ausüben, die Beschwerdeführerinnen, die bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheits- oder Verbandsgemeinde vorgelegt hatten, mit anderen Gemeinden ihrer Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zusammen zu fassen.
{RN:10}
Bei dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber zulässigerweise in seine Überlegungen eingestellt, dass die umliegenden Gemeinden auch ohne die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen die Mindestsolleinwohnerzahlen erreichen und damit als leistungsfähig gelten. Innerhalb der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land wird dagegen nur durch die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern annähernd die Mindestsolleinwohnerzahl einer Einheitsgemeinde von 10.000 Einwohnern erreicht. Der Gesetzgeber konnte sich in dieser Konstellation in zulässiger Weise dafür entscheiden, dem Ziel der vorrangigen Bildung von Einheitsgemeinden innerhalb derselben Verwaltungsge¬meinschaft (§ 2 Abs. 3 GemNeuglGrG) den Vorrang gegenüber anderweitigen denkbaren Zuordnungen (Zuordnung zur Stadt Weißenfels oder dem Abwarten einer freiwilligen Gebiet¬sänderungsvereinbarung mit der Verbandsgemeinde Wethautal) zu geben.
Unabhängig von diesen Gründen haben die Beschwerdeführerinnen mit ihrem Vortrag auch nicht dargelegt, dass der Gesetzgeber durch die von ihm getroffene Neugliederungsent¬scheidung einen ihm zuzubilligenden Prognose-und Beurteilungsspielraum überschritten hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Einschätzung des Gesetzgebers, der Zusammenschluss der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur Einheitsgemeinde Stadt Teuchern würde zur besseren Entwicklung des Gesamtraumes beitragen, jeder Tatsachengrundlage entbehren und offensichtlich sachwidrig wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Beschwerdeführerinnen stellen der von ihr für fehlerhaft gehaltenen Entscheidung des Ge¬setzgebers ihre eigenen Prognosen und Beurteilungen gegenüber und halten insgesamt ein anderes Ergebnis als das vom Gesetzgeber beschlossene für besser geeignet. Hiermit ver¬kennen sie jedoch den dem Gesetzgeber zustehenden Beurteilungsspielraum, den auch das Landesverfassungsgericht zu berücksichtigen hat. Insoweit konnte der Gesetzgeber der von den Beschwerdeführerinnen empfundenen Trennung durch die BAB 9, den bestehenden schulischen Verflechtungen mit der Mitgliedsgemeinde Schönburg der Verbandsgemeinde Wethautal und der historischen und landsmannschaftlichen Verbundenheit mit den Gemeinden der Verbandsgemeinde Wethautal geringere Bedeutung zumessen, als den seit 2005 sich in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land herausgebildeten und bereits bestehenden Verbindungen. Zudem hatten auch die Beschwerdeführerinnen in der freiwilligen Phase zunächst versucht, eine Verbandsgemeinde mit den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zu bilden. Ferner konnte der Gesetzgeber auch berücksichtigen, dass die ehemalige Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land von leistungsfähigen Gemeinden umgeben war. Eine grenzüberschreitende bzw. die frühere Verwaltungsgemeinschaft auflösende Zuordnung der Mitgliedsgemeinden war daher nicht notwendig. Soweit die Beschwerdeführerinnen meinen, die BAB 9 schaffe eine Barriere, die dem Zusammenschluss entgegenstehe, messen sie diesem Aspekt lediglich größeres Gewicht bei. Dies macht aber die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung nicht offensichtlich fehlerhaft.
{RN:11}
Der Gesetzgeber hat sich zudem durch die Zusammenfassung der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Teuchern als für die von ihm als effizienteste und auch unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation als am geeignetsten eingeschätzte Organisationsform, der Einheitsgemeinde, entschieden. Dieses ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der grundsätzliche Vorrang der Einheitsgemeinde entspricht dem Leitbild des GemNeuglGrG und ist vom Verfassungsgericht bereits als verfassungskonform bestätigt worden (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 37 des Internetauftritts).
{RN:12}
Auch der Einwand der Beschwerdeführerinnen, durch die Neugliederung werde das Ziel der Schaffung einer leistungsfähigen Einheitsgemeinde nicht erreicht, da bereits jetzt aufgrund der schlechten Haushaltslage der Einheitsgemeinde Stadt Teuchern abzusehen sei, dass diese nicht leistungsfähig sei, ist nicht begründet. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, für jede einzelne Neugliederungsmaßnahme gesondert zu ermitteln, ob in diesem konkreten Fall die Leistungsfähigkeit durch den Zusammenschluss zu einer Einheitsgemeinde oder Ver¬bandsgemeinde erreicht wird und ob im konkreten Einzelfall der Zusammenschluss zu einer Steigerung der Effizienz führt. Insoweit steht ihm ein durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungs-und Prognosespielraum zu, der durch die Entscheidung gewahrt ist. Die Forderung nach der Erstellung einer umfassenden Schaden-Nutzen-Bilanz ist nicht gerechtfertigt (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.). Der Gesetzgeber ist bei einer kommunalen Neugliederung nicht verpflichtet, eine wissenschaftliche Untersuchung des Einzelfalls in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass solche Untersuchungen wissenschaftlich profund erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchge¬führt werden können, liegt es in seinem Gestaltungsermessen, inwieweit er in seine verfas¬sungs-und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer quantitativen Betrachtungsweise weitgehend entziehen (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 38 des Internetauftritts m. w. N.).
{RN:13}
Der Gesetzgeber war im Übrigen bei seiner Entscheidung nicht gehalten, die bisherige Fi¬nanzkraft der Beschwerdeführerinnen und der übrigen Gemeinden der ehemaligen Verwal¬tungsgemeinschaft Vier Berge – Teuchener Land als alleinigen und zwingenden Gesichts¬punkt für die Beurteilung des Gemeinwohls heranzuziehen. Die Finanzlage einer Gemeinde ist naturgemäß nicht von Dauer sondern veränderlich. Insoweit konnte der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung in zulässiger Weise davon ausgehen, dass die Eingliederung der Be¬schwerdeführerinnen in die Einheitsgemeinde Stadt Teuchern zur Stärkung von deren Ver¬waltungs- und Leistungskraft führen wird.
{RN:14}
Die angefochtene Regelung des § 4 GemNeuglG ist auch nicht unverhältnismäßig im oben dargelegten Sinne. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Auflösung der Beschwerdeführerinnen und deren Zusammenfassung zur neu gebildeten Einheitsgemeinde Stadt Teuchern als zur Erreichung der Reformziele des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG geeignet anzusehen, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insoweit ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die ihm zuzubilligenden Prognose- und Beurteilungsspielräume überschritten hat. Die Beschwerdeführerinnen haben im Übrigen durch ihren diesbezüglichen Vortrag auch nicht dargelegt, dass die Aufteilung der Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Vier Berge – Teucherner Land zur Einheitsgemeinde Hohenmölsen und zur Verbandsgemeinde Wethautal das mildere Mittel wäre, für das sich der Gesetzgeber zwingend hätte entscheiden müssen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist es nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung, ob der Gesetzgeber eine andere Neugliederungsentscheidung hätte treffen können und ob eine andere Lösung besser, zweckmäßiger oder schonender gewesen wäre (LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 25 ff. des Internetauftritts).
{RN:15}
Die Abwägungsentscheidung ist frei von willkürlichen Erwägungen im Sinne des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzgeber hat durch die getroffene Neugliederungsentscheidung nicht das Gebot der Systemgerechtigkeit verletzt, da sich die getroffene Entscheidung an das selbst gewählte System hält.
{RN:16}
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Da die Kommunalverfassungs¬beschwerden in vollem Umfang erfolglos geblieben sind, scheidet eine Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerinnen aus. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG, gleichwohl die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerinnen anzuordnen, sind nicht ersichtlich.