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Urteil des Gerichtes

Entscheidungsvorblatt

Aktenzeichen: LVG 36/10 Entscheidungsart: Urteil Entscheidung vom: 15.01.2013
Verfahrensart Kommunalverfassungsbeschwerde
entscheidungserhebliche Vorschriften
Schlagworte
Stichworte Urteil
Leitsatz Ohne
Fundstellen -
Sonstiges -
Zitiervorschlag VerfGSA, Urteil vom 15.01.2013 - LVG 36/10 -,
www.verfassungsgericht-sachsen-anhalt.de

Urteil

in dem Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren

LVG 36/10

15.01.2013

{T:w e g e n}

des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis
und
des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform,

{T:Tenor}
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

{T:T a t b e s t a n d}

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ihre Auflösung und Eingemeindung in die Mit-gliedsgemeinde Stadt Nebra (Unstrut) der Verbandsgemeinde Unstruttal zum 01.09.2010 durch § 1 und 5 S. 2 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sach-sen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis – GemNeuglG BLK – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 413) sowie gegen Art. 1 § 7 Abs. 1 S. 3 des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemein-degebietsreform – Gesetz zur Ausführung der Gemeindegebietsreform (GebRefAusfG) – vom 08.07.2010 (GVBl. S. 406). § 1 GemNeuglG BLK regelt die Auflösung und Zuordnung der Beschwerdeführerin. § 5 S. 2 GemNeuglG BLK bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttre-tens der gesetzlichen Neugliederung.

§ 7 Abs. 1 GebRefAusfG lautet wie folgt:

„Fassen Gemeinden vor ihrer Auflösung einen Beschluss nach § 86 Abs. 1a der Gemeindeordnung, bilden die bisherigen Gemeinderäte der einzuge-meindenden oder an der Gemeindeneubildung beteiligten Gemeinden für den Rest der Wahlperiode die Ortschaftsräte. Für den ehrenamtlichen Bürger-meister der aufzulösenden Gemeinden gilt § 58 Abs. 1b der Gemeindeord-nung. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden.“

Die Gemarkung der Beschwerdeführerin bildet einen Teil der nördlichen Grenze des Land-kreises Burgenlandkreis zum benachbarten Landkreis Saalekreis. Daneben hat die Be-schwerdeführerin Gemarkungsgrenzen zu der südwestlich von ihr gelegenen Stadt Nebra (Unstrut) und im Südosten zu der ehemaligen Gemeinde Karsdorf.

Die Beschwerdeführerin war ursprünglich selbständige Mitgliedsgemeinde der am 01.07.1994 gegründeten Verwaltungsgemeinschaft Mittlere Unstrut, der daneben die Ge-meinden Karsdorf und Wangen sowie die Stadt Nebra (Unstrut) angehörten. Zum 01.01.2005 wurde aus den insgesamt 19 Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungs-gemeinschaften Mittlere Unstrut, Freyburger Land und Laucha die Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal gebildet. Im Rahmen der durch das Erste Begleitgesetz zur Gemeindegebietsre-form in Sachsen-Anhalt vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40) eröffneten Phase für freiwillige Ge-meindeneugliederungen schlossen sämtliche Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwal-tungsgemeinschaft Unstruttal bis auf die Beschwerdeführerin mit der vormals der Verwal-tungsgemeinschaft Saaletal zugehörigen Gemeinde Goseck eine Vereinbarung zur Bildung einer Verbandsgemeinde Unstruttal mit Wirkung zum 01.01.2010. Am 25.06.2009 genehmig-te das Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt diesen Zusammenschluss.

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch die angegriffenen Gesetzesregelungen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt.

Zum einen sei die Bürgeranhörung zu der beabsichtigten Neugliederung nicht ordnungsge-mäß nach Maßgabe der einschlägigen kommunalwahlrechtlichen Vorschriften durchgeführt worden. Die Anhörungsfrage und die zugehörigen Antwortmöglichkeiten seien nicht vom Gemeinderat beschlossen, sondern in einem Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 09.09.2009 festgelegt worden. Zudem seien Gegenstand der Bürger-anhörung lediglich die Alternativen einer Eingemeindung der Beschwerdeführerin in die Stadt Nebra (Unstrut) oder in die Gemeinde Karsdorf, beides Mitgliedsgemeinden der Verbands-gemeinde Unstruttal, gewesen. Dagegen seien ihre Bürger nicht dazu angehört worden, ob sie überhaupt für eine Auflösung der Beschwerdeführerin und deren Eingemeindung in eine andere Gemeinde seien. Damit habe der Gesetzgeber das Meinungsbild der Bürger nicht umfassend ermittelt. Außerdem sei nicht jedem Wahlberechtigten gesondert ein Wahlbe-nachrichtigungsschein übersandt worden. Vielmehr habe die damalige Verwaltungsgemein-schaft Unstruttal Wahlbenachrichtigungsscheine für ganze Familien lediglich in einem Brief-umschlag versandt, der nur an ein Familienmitglied adressiert gewesen sei, selbst wenn sämtliche in einem Mehrfamilienhaus wohnenden Familienmitglieder über einen eigenen Briefkasten verfügt hätten. Ferner sei die Bürgeranhörung in einer privaten Gaststätte durch-geführt worden, die von mehreren anhörungsberechtigten Bürgern, insbesondere dem Bür-germeister, aufgrund eines privaten Hausverbotes nicht habe betreten werden dürfen. Diese erheblichen formalen Fehler hätten sich auf das Ergebnis der Bürgeranhörung ausgewirkt. Dies zeige sich an der geringen Bürgerbeteiligung von 17,6 %. Demgegenüber habe die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl im Juni 2009 70 % betragen.

Zum anderen verstoße die mit der angegriffenen Neugliederungsentscheidung verbundene Auflösung ihrer Gemeindeorgane vor Ablauf der Wahlperiode gegen das Demokratieprinzip und die Wahlrechtsgrundsätze. Eine Neuwahl der Gemeindeorgane der aufnehmenden Ge-meinde sei nicht vorgesehen und werde erst im Jahr 2014 stattfinden. Bis zur Neuwahl sei der Gemeinderat der sie – die Beschwerdeführerin – aufnehmenden Stadt Nebra (Unstrut) nur von den Einwohnern der aufnehmenden, nicht aber der aufgelösten Gemeinde legiti-miert. Die von den Einwohnern der aufgelösten Gemeinde bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2009 abgegebenen Stimmen hätten lediglich zu einer Gemeinderatsbildung für den Zeitraum von ca. einem Jahr geführt. Hierdurch würden die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit einer Wahl verletzt. Zwar sehe § 9 Abs. 4 Satz 2 GebRefAusfG vor, dass der Gemeinderat der aufzulösenden Gemeinde ein oder mehrere Personen wähle, die dem Ge-meinderat der aufnehmenden Gemeinde bis zur nächsten allgemeinen Neuwahl angehörten. Dies ändere aber nichts daran, dass die übrigen Gemeinderatsmitglieder der aufnehmenden Gemeinde nicht von den Einwohnern der aufgelösten Gemeinde demokratisch legitimiert seien. Zudem seien auch die vom Gemeinderat der aufgelösten Gemeinde in den Gemein-derat der aufnehmenden Gemeinde entsandten Personen nicht unmittelbar demokratisch legitimiert, da die Entsendung nicht auf der Grundlage einer unmittelbaren Wahl erfolge.

Der Verzicht auf eine Neuwahl der Organe der aufnehmenden Gemeinde sei auch nicht mit der Erwägung des Gesetzgebers zu rechtfertigen, dass bei gesetzlichen Zuordnungen zu einer Verbandsgemeinde höchstens ein Drittel der Einwohnerschaft der neuen Gemeinde für eine Übergangsphase von einer Mehrheit dominiert werde. Bei Kommunalwahlen werde be-reits die 5-%-Sperrklausel mangels zwingender Gründe als nicht mehr gerechtfertigt ange-sehen. Hiervon ausgehend könne der Ausschluss von 33,3 % der wahlberechtigten Bevölke-rung von der Wahl eines Gemeinderates erst recht nicht gerechtfertigt werden.

Der Gesetzgeber könne sich auch nicht darauf berufen, dass das LVerfG im Urteil vom 21.04.2009 (LVG 12/08) das Prinzip der doppelten Mehrheit unbeanstandet gelassen habe. Das LVerfG habe einen Eingriff in das aktive bzw. passive Wahlrecht gerade nicht geprüft, da das Prinzip der doppelten Mehrheit nicht die Auflösung der Gemeindeorgane und damit die Wahlrechtsgrundsätze betreffe, sondern lediglich die Schaffung einer neuen Organisati-onsstruktur im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform.

Sofern der Gesetzgeber sich darauf berufe, den zuzuordnenden Gemeinden stehe mit Blick auf die Wahlrechtsgrundsätze kein stärkerer Vertrauensschutz als den sich leitbildgerecht verhaltenden Gemeinden zu, da ihnen die Folgen ihres nicht leitbildgerechten Verhaltens von vornherein bekannt gewesen seien, verkenne er, dass die Entscheidung der Gemein-den, sich nicht freiwillig anderen Gemeinden zuzuordnen, politischer Natur sei. Diese Ent-scheidung könne nicht Anknüpfungspunkt für einen Eingriff in das Wahlrecht der Einwohner dieser Gemeinden sein.

Der Verzicht auf eine Neuwahl lasse sich in Anbetracht des Verfassungsrangs der Wahl-rechtsgleichheit auch nicht damit rechtfertigen, dass die Arbeit der erst im Jahr 2009 gewähl-ten Gemeindeorgane der aufnehmenden Gemeinde durch eine kurzzeitig danach erfolgende Neuwahl erschwert würde und den Einwohnern der Gemeinde eine solche Wahl nicht zu vermitteln sei. Eine Neuwahl nach Vergrößerung des Gemeindegebietes sei bereits zur Si-cherung des Charakters einer Wahl als Integrationsvorgang geboten. Dies gelte umso mehr, wenn die Wahlperiode – wie hier – noch vier Jahre nach der Zwangseingemeindung andaue-re. Im Übrigen liege es allein im Verantwortungsbereich des Gesetzgebers, die Bevölkerung über die Konsequenzen der Gebietsreform und die Notwendigkeit der Durchführung einer Neuwahl aufzuklären. Dies hätte ohne Weiteres dadurch geschehen können, dass die Zwangseingemeindungen zeitlich kurz vor der Kommunalwahl 2009 oder kurz vor der nächs-ten Kommunalwahl im Jahr 2014 vorgenommen worden wären bzw. würden. Hiervon aus-gehend sei sie – die Beschwerdeführerin – auch durch § 5 S. 2 GemNeuglG BLK, der den Zeitpunkt ihrer Auflösung und Eingemeindung regele, in ihrem kommunalen Selbstverwal-tungsrecht verletzt.

Selbst bei Vorliegen zwingender Gründe für den Verzicht auf eine Neuwahl liege ein Verfas-sungsverstoß vor. Die im Rahmen der Kommunalwahl 2009 in den aufgelösten Gemeinden abgegebenen Wählerstimmen hätten zumindest mit einem geringeren Gewicht bis zur nächsten Kommunalwahl Geltung beanspruchen können, indem für diese Gemeinden der Übergang des ehrenamtlichen Bürgermeisters sowie des Gemeinderates als Ortsbürger-meister/Ortsvorsteher und Ortschaftsrat der aufnehmenden Gemeinde mit bestimmten Betei-ligungs- und Mitentscheidungsrechten ermöglicht worden wäre. Diese Möglichkeit bestehe nach dem Leitbild der Gemeindegebietsreform, welches in § 7 Abs. 1 S. 3 GebRefAusfG gesetzlich konkretisiert werde, nur für in eine Einheitsgemeinde eingegliederte Gemeinden. Für Gemeinden, die – wie sie, die Beschwerdeführerin – einer Mitgliedsgemeinde einer Ver-bandsgemeinde zugeordnet würden, sei dies nicht vorgesehen.

Außerdem habe der Gesetzgeber den für die angegriffene Neugliederungsmaßnahme er-heblichen Sachverhalt unzutreffend und unvollständig ermittelt.

Bereits die Bestimmung der abstrakt-generellen Leitlinien der Gemeindegebietsreform in Gestalt der Festlegung einer Mindesteinwohnerzahl von 1.000 für Mitgliedsgemeinden einer Verbandsgemeinde beruhe auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung und sachwidri-gen Erwägungen. Es fehle an einer fachlichen Grundlage für die dem gesetzgeberischen Leitbild zugrunde gelegte Annahme, Mitgliedsgemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern seien nicht in der Lage, die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises entsprechend der ge-setzlichen Anforderungen zu erfüllen. Die einzig und allein anhand der Einwohnerzahl erfolg-te Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Gemeinde entspreche nicht dem Stand der Ver-waltungswissenschaften. Die vom Gesetzgeber vermutete Verminderung der Leistungsfä-higkeit einer Gemeinde mit einer Mindesteinwohnerzahl unterhalb von 1.000 könne von vie-len anderen Faktoren abhängig sein, die nicht ermittelt worden seien.

Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung der Mindesteinwohnerzahl für Mitgliedsgemein-den von Verbandsgemeinden zudem andere Gemeinwohlbelange als das Erreichen einer rationelleren und ökonomischeren Leistungsverwaltung unberücksichtigt gelassen. Neben einer deutlich geringeren Wahlbeteiligung in Gemeinden mit 1.000 oder mehr Einwohnern führe die Zwangseingemeindung einwohnerschwächerer Gemeinden zwangsläufig zu einer deutlichen Verringerung der mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung bezweckten Ermöglichung und Stärkung einer bürgerschaftlichen Mitwirkung, die grundsätzlich stärker zu gewichten sei als ökonomische Erwägungen. Die Motivation zur bürgerschaftlichen Mitwir-kung nehme wegen der geringeren lokalen Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten ab, wenn die Geschicke des Ortes von einem kilometerweit entfernt liegenden wesentlich größe-ren Nachbarort geleitet würden.

Schließlich habe der Gesetzgeber nicht hinreichend die Frage geklärt, inwieweit die gesetz-lich geregelte Aufgabenverteilung zwischen einer Verbandsgemeinde und ihren Mitglieds-gemeinden dazu führe, dass zukünftig auch Mitgliedsgemeinden mit weniger als 1.000 Ein-wohnern in der Lage seien, ihre Aufgaben des eigenen Wirkungskreises anforderungsge-recht zu erfüllen.

Bereits diese Ermittlungsdefizite bei der Festlegung der abstrakt-generellen Leitlinien der Gemeindegebietsreform hätten die Fehlerhaftigkeit der Sachverhaltsermittlung für die kon-kret in Rede stehende Neugliederungsentscheidung des Gesetzgebers zur Folge. Hinzu kä-men weitere Defizite in der Ermittlung des die konkrete Neugliederung betreffenden Sach-verhalts: So habe der Gesetzgeber allein die Unterschreitung der Mindesteinwohnerzahl von 1.000 zum Anlass genommen, sie – die Beschwerdeführerin – in die Stadt Nebra (Unstrut) einzugemeinden, ohne die einzelnen Vor- und Nachteile der angegriffenen Neugliederungs-maßnahme zu ermitteln. Die vorgenannte Mindesteinwohnerzahl sei aber lediglich eine Soll-vorgabe, die Abweichungen auch bei erheblichen Unterschreitungen zulasse. Der Gesetz-geber habe daher in ihrem Fall ermitteln müssen, ob sie auch mit weniger als 1.000 Einwoh-nern in der Lage sei, die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben als selbständige Mitglieds-gemeinde einer Verbandsgemeinde anforderungsgerecht zu erfüllen. Maßgeblich für die Be-urteilung der Leistungsfähigkeit einer Mitgliedsgemeinde einer Verbandsgemeinde seien deren besondere Einbettung in die Verbandsgemeinde und die damit zusammenhängende Verlagerung von besonders kosten- und verwaltungsintensiven Ausgaben auf die Verbands-gemeinde, ihre räumliche Größe, Topografie und Siedlungsstruktur sowie vorhandene Struk-turen und Ressourcen. Hiervon ausgehend habe der Gesetzgeber insbesondere ermitteln müssen, welche gemeindlichen Einrichtungen in der Gemeinde betrieben würden oder ge-genwärtig nicht vorhanden und auch zukünftig nicht erforderlich seien, welche Einrichtungen zukünftig aufgrund gesetzlicher Zuweisung durch die Verbandsgemeinde in eigener Verant-wortung betrieben würden, welche Einrichtungen im Gemeindegebiet verblieben und ob die-se zukünftig langfristig entsprechend den gesetzlichen Anforderungen betrieben werden könnten. An derartigen Feststellungen fehle es jedoch.

Mangels vollständiger Ermittlung des für die angegriffene Neugliederungsentscheidung er-heblichen Sachverhalts sei auch die Abwägungsentscheidung fehlerhaft. Weder dem ge-setzgeberischen Leitbild noch den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass ihre Zwangszuordnung erforderlich sei, um ihre Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft langfristig zu sichern. Insbesondere fehle es an einer differenzierten auf den konkreten Einzelfall bezogenen Gewichtung der mit der Gemeindegebietsreform verfolg-ten Zwecke mit Blick auf die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen der Verbandsgemein-de und ihr – der Beschwerdeführerin – als deren Mitgliedsgemeinde. Der Gesetzgeber sei vielmehr unzutreffend davon ausgegangen, dass eine Gemeinde bereits deshalb aufgelöst und einer anderen Mitgliedsgemeinde der Verbandsgemeinde zugeordnet werden müsse, wenn sie die Mindesteinwohnerzahl von 1.000 deutlich unterschreite. Dadurch sei unberück-sichtigt geblieben, dass sie – die Beschwerdeführerin – keine eigene Schule betreibe und dies auch nicht beabsichtige, da die Schulbetreuung durch das Angebot in Nebra, Freyburg oder Bad Bibra sichergestellt sei. Der größte die eigene Aufgabenerfüllung betreffende Pos-ten im Gemeindehaushalt seien in den letzten Jahren die Personalkosten der gemeindeei-genen Kindertagesstätte gewesen. Diese sei zwischenzeitlich in eine dauerhafte private Trä-gerschaft überführt worden. Außerdem sei ein Großteil der kostenintensiven Ausgaben, wie z. B. des Brandschutzes, der Unterhaltung von Kindertagesstätten, der Flächennutzungspla-nung, Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung sowie die Baulast für andere Stra-ßen als innerörtliche Gemeindestraßen, ohnehin der Verbandsgemeinde übertragen. Vor diesem Hintergrund falle der vom Gesetzgeber angenommene Vorteil der Neugliederungs-maßnahme im Hinblick auf die Gewährleistung der zukünftigen Leistungsfähigkeit nicht be-sonders ins Gewicht.

Zudem seien die mit der angegriffenen Neugliederung verbundenen Nachteile nicht ord-nungsgemäß gewichtet worden. Dies betreffe insbesondere die Schwächung der bürger-schaftlichen Mitwirkung. Außerdem sei der durch die Neugliederungsentscheidung hervorge-rufene Nachteil in Form eines erheblichen Eingriffs in die Wahlrechtsgrundsätze und das Demokratieprinzip nur unzureichend gewichtet worden. Dieser Eingriff sei als absolute Ab-wägungsschranke zu berücksichtigen. Keine Berücksichtigung hätten zudem die weiteren Nachteile gefunden, die durch die angegriffene Neugliederungsentscheidung hervorgerufen werden könnten. Dies betreffe insbesondere städtebauliche Planungen, die sie nach ihrer Auflösung nicht mehr weiterverfolgen könne. Weiterhin habe der Gesetzgeber im Rahmen der Abwägungsentscheidung die verfassungsrechtliche Grundentscheidung, dass der bür-gerschaftlichen Mitwirkung grundsätzlich Vorrang vor dem Erfordernis einer wirtschaftlichen und effektiven Leistungsverwaltung der Kommunen einzuräumen sei, nicht angemessen be-rücksichtigt.

Schließlich sei die angegriffene Neugliederungsmaßnahme unverhältnismäßig. Mit Blick auf den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung hätte der gesetzgeberische Zweck der Reform ebenso dadurch erreicht werden können, dass sie – die Beschwerdeführerin – der Ver-bandsgemeinde Unstruttal als selbständige Mitgliedsgemeinde zugeordnet worden wäre. Zudem würden die für ihre Auflösung sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls nicht er-kennbar die für ihren Fortbestand als selbständige Gemeinde sprechenden Gründe überwie-gen.


Die Beschwerdeführerin beantragt,

die §§ 1 und 5 S. 2 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Burgenlandkreis sowie Art. 1 § 7 Abs. 1 S. 3 des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform für nichtig, hilfsweise für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 3, Art. 87 Abs. 1 bis 3 und Art. 90 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt zu erklären.

Die Landesregierung trägt in ihrer Stellungnahme vor, die kommunale Verfassungsbe-schwerde sei teilweise unzulässig. Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen § 5 S. 2 GemNeuglG BLK wende, fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da diese Gesetzesbe-stimmung lediglich das Inkrafttreten der §§ 1 und 2 GemNeuglG BLK regele. Die Verfas-sungsbeschwerde erübrige sich insoweit, wenn § 1 GemNeuglGrG, den die Beschwerdefüh-rerin hauptsächlich angreife, für verfassungswidrig erklärt würde. Von § 2 GemNeuglGrG werde die Beschwerdeführerin hingegen nicht berührt. Im Hinblick auf § 7 Abs. 1 S. 3
GebRefAusfG habe die Beschwerdeführerin nicht hinreichend dargelegt, inwieweit sie durch diese Bestimmung in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt werde. Die vorgenannte Rege-lung stelle im Einklang mit § 13 des Verbandsgemeindegesetzes (VerbGemG) und § 86 Abs. 1 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GO LSA) nur klar, dass Mitgliedsge-meinden von Verbandsgemeinden die Ortschaftsverfassung auch weiterhin nicht einführen könnten. Die Auflösung der Gemeindeorgane sei demgegenüber nicht Gegenstand dieser Regelung, sondern eine notwendige Folge der Auflösung der Gemeinde selbst. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung des staatsbürgerlichen Rechts auf Gleichbehandlung im aktiven und passiven Wahlrecht rüge, fehle ihr die Be-schwerdebefugnis.

Den formellen Bedenken der Beschwerdeführerin an der Verfassungsmäßigkeit des in Rede stehenden Neugliederungsgesetzes tritt die Landesregierung mit der Begründung entgegen, es stehe im Ermessen des Gesetzgebers, auf welche Art und Weise er die Anhörung der betroffenen Gemeinde vornehme. Diesbezüglich habe weder der Gemeinderat der Be-schwerdeführerin beteiligt noch die Bürgeranhörung in gemeindeeigenen Räumen durchge-führt werden müssen. Die Beschwerdeführerin sei nicht für die Durchführung der Bürgeran-hörung zuständig gewesen. Bei Gebietsänderungen gegen den Willen von Gemeinden, die Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft seien, werde die Bürgeranhörung von der Verwal-tungsgemeinschaft in eigener Verantwortung und aufgrund eigener Zuständigkeit im übertra-genen Wirkungskreis durchgeführt. Es sei auch nicht angebracht, die von einer zwangswei-sen Gebietsänderung betroffene Gemeinde die hierfür erforderlichen vorbereitenden Verfah-renshandlungen selbst durchführen zu lassen.

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin habe die Verwaltungsgemeinschaft Un-struttal an jeden Wahlberechtigten gesondert einen Wahlbenachrichtigungsschein versandt. Die Wahlbenachrichtigungsscheine seien einzeln in Briefumschläge gesteckt worden. Die Umschläge seien mittels einer Frankiermaschine bedruckt und anschließend auf den Post-weg gebracht worden. Ungeachtet dessen sei in der Bekanntmachung der Bürgeranhörung auf die Möglichkeiten der Einsichtnahme in das Abstimmungsverzeichnis sowie eines An-trags auf Berichtigung des Wählerverzeichnisses hingewiesen worden, falls ein wahlberech-tigter Bürger dort hätte nicht aufgeführt worden sein sollen. Es seien aber weder eine geson-derte Einsichtnahme noch die Berichtigung des Wählerverzeichnisses beantragt worden.

Die Bürgeranhörung sei in einer privaten Gaststätte im Gemeindegebiet der Beschwerdefüh-rerin durchgeführt worden, da die Beschwerdeführerin nicht bereit gewesen sei, eigene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Die Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal sei auch berechtigt gewesen, eine private Räumlichkeit zum Ort der Durchführung der Bürgeranhö-rung zu bestimmen. Der Bürgermeister der Beschwerdeführerin habe diese Gaststätte auch betreten dürfen.

Die Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Stadt Nebra (Unstrut) sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber habe sowohl die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin, z. B. ihre Lage und Zugehörigkeit zur Verwaltungsgemeinschaft Un-struttal, ihre finanziellen Verhältnisse und Einwohnerzahlen, als auch die der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal zugrunde gelegt. Diese Informationen seien von der Landesregierung erhoben und in der Begründung des Gesetzesentwurfes dargestellt wor-den. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber eigene Sachverhaltsermittlungen durchgeführt. Sowohl der Bürgermeister der Beschwerdeführerin als auch die aufnehmende Stadt Nebra (Unstrut) seien vom Ausschuss für Inneres zu der beabsichtigten Neugliederung mündlich angehört worden. Soweit die Beschwerdeführerin die Sachverhaltsermittlung des Gesetzge-bers unter dem Gesichtspunkt rüge, dieser habe bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit lediglich auf die Einwohnerzahl abgestellt, zielten ihre Einwendungen letztlich auf die Ge-meindegebietsreform als solche und die gesetzgeberischen Leitbilder und Leitlinien zur Durchführung der Reform, die das Landesverfassungsgericht bereits als verfassungsgemäß angesehen habe.

Auch die Abwägung des Gesetzgebers sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin habe zum maßgeblichen Stichtag mit 603 Einwohnern die nach dem Leitbild des Ersten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform für Mitgliedsgemeinden ei-ner Verbandsgemeinde erforderliche Regelmindesteinwohnerzahl von 1.000 Einwohnern deutlich unterschritten. Die Beschwerdeführerin könne daher nicht als leistungsfähig ange-sehen werden. Es seien auch keine Gründe gegeben, aufgrund derer die erhebliche Unter-schreitung dieser Mindesteinwohnerzahl ausnahmsweise hätte unbeachtlich sein sollen. Mit ihrem Einwand, die angegriffene Neugliederungsentscheidung sei unverhältnismäßig, setze die Beschwerdeführerin sich lediglich an die Stelle des Gesetzgebers und lege aus ihrer Sicht dar, welche bessere Entscheidung der Gesetzgeber hätte treffen können. Insoweit sei aber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Neugliederungsentscheidungen einen Beurteilungs- und Prognosespielraum habe. Die angegriffene Neugliederungsentscheidung des Gesetzgebers entbehre weder jeder Tatsachengrundlage noch sei sie offensichtlich sachwidrig.

Die Auflösung und Zwangszuordnung der Beschwerdeführerin verstoße auch nicht gegen das Demokratieprinzip. Die Beschwerdeführerin habe von der in § 9 GebRefAusfG vorgese-henen Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem sie unter dem 02.08.2010 einen Beschluss zur Entsendung ihres bisherigen Bürgermeisters in den Stadtrat der Stadt Nebra (Unstrut) sowie in den Verbandsgemeinderat Unstruttal gefasst habe. Ihr Bürgermeister könne damit die In-teressen der Bürger der Beschwerdeführerin sowohl in der Stadt Nebra (Unstrut) als auch in der Verbandsgemeinde Unstruttal wahren und deren spezifische Interessen in die kommu-nalpolitischen Entscheidungsprozesse der Mitgliedsgemeinde und der Verbandsgemeinde einbringen. Ferner verletze der Verzicht auf die Anordnung einer Neuwahl nach der Zwangs-zuordnung nicht das Demokratieprinzip. Die Repräsentation und Mitwirkung der eingemein-deten Bevölkerung werde für einen begrenzten Übergangszeitraum durch die Entsendungs-lösung sichergestellt.

Der Landtag hat sich zu dem Verfahren nicht geäußert.

Das Gericht hat durch Vernehmung der verschiedener Beweis darüber erhoben, ob die Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal die Wahlbenachrichtungsscheine für die am 29.11.2009 durchgeführte Bürgeranhörung an jeden Adressaten gesondert versandt hat.

{T:Entscheidungsgründe}

Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig und – soweit sie zulässig ist – un-begründet.
{RN:1}
Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde berufen (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994
– LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227, [245 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LVerfGE 2, 273, [289 f.]; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 4/94 –, LVerfGE 2, 323, [334 f.]). Soweit – wie hier von der Beschwerdeführerin – eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet wird, handelt es sich um eine kommunale Verfassungs-beschwerde im Sinne des Art. 75 Nr. 7 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt
– LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600) und der §§ 2 Nr. 8, 51 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht – LVerfGG – vom 23.08.1993 (GVBl. S. 441), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.11.2009 (GVBl. S. 525). Diese Bestimmungen berechtigen Kommunen (Gemeinden und Landkreise), gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Gesetz das Landesverfassungsgericht anzurufen.
{RN:2}
Die Zulässigkeit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt voraus, dass die Beschwerdeführerin selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist (BVerfG, Beschl. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808/82 u.a. –, BVerfGE 71, 25 [34 ff.]; Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97 –,
BVerfGE 107, 1 [8]; Magen, in Umbach/Clemens/Dollinger [Hrsg.], Bundesverfassungsge-richtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 91, RdNr. 18). Dies ist nur im Hinblick auf die von der Be-schwerdeführerin angegriffenen Regelungen der §§ 1 und 5 S. 2 GemNeuglG BLK der Fall.
{RN:3}
§ 1 GemNeuglG BLK greift gegenwärtig in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdefüh-rerin ein, ohne dass es eines weiteren angreifbaren Umsetzungsaktes bedarf. Die Be-schwerdeführerin wird durch diese Gesetzesregelung unmittelbar in ihrem Bestand aufgelöst.
§ 5 S. 2 GemNeuglG BLK regelt zwar allein den Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 1 Gem-NeuglG BLK und würde seine Regelungswirkung gegenüber der Beschwerdeführerin verlie-ren, wenn § 1 GemNeuglG BLK für nichtig erklärt würde. Eine gesonderte Nichtigerklärung dieser gesetzlichen Bestimmung wäre daher entbehrlich, wenn die kommunale Verfas-sungsbeschwerde Erfolg hätte, soweit sie § 1 GemNeuglG BLK zum Gegenstand hat. Aller-dings richtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar nicht nur gegen ihre Auflösung als sol-che, sondern auch gegen den Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Rede stehenden gesetzli-chen Neugliederungsentscheidung. Die Beschwerdeführerin wendet diesbezüglich ein, die Zuordnung habe – wenn überhaupt – erst kurz vor der nächsten Kommunalwahl im Jahr 2014 vollzogen werden dürfen, da andernfalls der Gemeinderat der sie aufnehmenden Stadt Nebra (Unstrut) nicht hinreichend demokratisch legitimiert sei. Damit macht sie eine selb-ständige, gegenwärtige und unmittelbare Beschwer durch § 5 S. 2 GemNeuglG BLK geltend.
{RN:4}
Demgegenüber ist die Beschwerdeführerin durch § 7 Abs. 1 S. 3 GebRefAusfG nicht in ei-genen Rechten betroffen. Die vorgenannte Regelung hat nur klarstellende Bedeutung und entfaltet gegenüber der Beschwerdeführerin daher keine selbständige rechtliche Beschwer. Bereits aus § 86 Abs. 1 S. 1 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt – GO LSA – in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.09.2009 (GVBl. S. 383 f.), im hier maßgebli-chen Zeitpunkt zuletzt geändert durch das Gesetz zur Anpassung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens vom 13.04.2010 (GVBl. S. 190), und aus § 13 des Ge-setzes über die Verbandsgemeinde in Sachsen-Anhalt (Verbandsgemeindegesetz) – Verb-GemG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), im hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238), ergibt sich, dass Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden die Ortschaftsverfassung nicht einführen können. Hintergrund hierfür ist, dass die Mitglieds-gemeinden einer Verbandsgemeinde selbständig fortbestehen und weiterhin mit eigenen Organen ausgestattet sind, welche Einfluss auf die Willensbildung in der Verbandsgemeinde nehmen (vgl. § 4 Abs. 2 VerbGemG). Aufgrund dieses grundlegenden strukturellen Unter-schiedes zu Einheitsgemeinden bedarf es bei Verbandsgemeinden nicht der Einführung der Ortschaftsverfassung für die einzelnen Mitgliedsgemeinden. Außerdem soll das Entstehen einer Mehrstufigkeit der Ortsebene (Ortschaft – Gemeinde – Verbandsgemeinde) vermieden werden, um die kommunalpolitische und administrative Arbeit in einer Verbandsgemeinde im Interesse der Wahrung ihrer Handlungsfähigkeit nicht mit einer weiteren dritten Stufe zu er-schweren (vgl. Gesetzesbegründung, LT-Drucks 5/902, S. 81 f.).
{RN:5}
Gemäß § 51 Abs. 2 LVerfGG finden außerdem die Vorschriften der §§ 48 bis 50 auf kommu-nale Verfassungsbeschwerden entsprechende Anwendung. Die sich daraus ergebenden formellen Anforderungen sind eingehalten; insbesondere ist die Jahresfrist des § 48
LVerfGG gewahrt.

Soweit die kommunale Verfassungsbeschwerde zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Die §§ 1 und 5 S. 2 GemNeuglG BLK sind mit Art. 2 Abs. 3, Art. 87 und Art. 90 LVerf vereinbar.
{RN:6}
Die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 2 Abs. 3, Art. 87 LVerf steht Veränderungen des Gebietsbestandes einzelner Gemeinden nicht entgegen. Sie gewährleistet zwingend nur den Bestand von Gemeinden überhaupt, d.h. institutionell, nicht aber den Fortbestand jeder ein-zelnen, historisch gewachsenen Gemeinde (Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl. 2010, § 96, RdNr. 49, 54). Auflösungen von Gemeinden, Gemeindezusammen-schlüsse, Eingemeindungen und sonstige Gebietsänderungen von Gemeinden beeinträchti-gen den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Selbstverwaltung grundsätzlich nicht. Zum Inhalt des verfassungsrechtlich gewährleisteten Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltung gehört jedoch, dass Bestands- und Gebietsänderungen von Gemeinden nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach Anhörung der betroffenen Gebietskörper-schaften zulässig sind (BVerfG, Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107] zu dem mit Art. 2 Abs. 3, Art. 87 LVerf inhaltsgleichen Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, a.a.O., § 96, RdNr. 115 f.).
{RN:7}
Bei strukturellen Neugliederungen ist dem Gesetzgeber ein politischer Gestaltungsspielraum eingeräumt, der nach ständiger Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts nur eine eingeschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle des von einer betroffenen Gemeinde im Wege der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffenen Neugliederungsgesetzes zulässt (Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, a.a.O., § 96, RdNr. 117). Gegen-
stand der verfassungsgerichtlichen Prüfung ist danach nicht, ob es andere und bessere Al-ternativen zu der streitgegenständlichen Neugliederung gegeben hat. Das Landesverfas-sungsgericht überprüft die getroffene Maßnahme vielmehr lediglich darauf, ob der Gesetz-geber den für seine Regelung maßgeblichen Sachverhalt zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob er die im konkreten Fall angesprochenen Gemeinwohlgründe sowie die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt hat. Auf der Grundlage eines in dieser Weise ermittelten Sachverhalts und der Gegenüberstellung der daraus folgenden verschiedenen – oft gegenläufigen – Belange ist der Gesetzgeber befugt, sich letztlich für die Bevorzugung eines Belangs (oder mehrerer Belange) und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung aller anderen betroffenen Ge-sichtspunkte zu entscheiden. Soweit Ziele, Wertungen und Prognosen des Gesetzgebers in Rede stehen, hat das Landesverfassungsgericht darauf zu achten, ob diese offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder ob sie den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ord-nung widersprechen (zum Ganzen: LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, http://www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de, RdNr. 19 ff. des Internetauftritts; Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LKV 1995, 75 [79 f.]; Urt. v. 25.06.2007 – LVG 8/06 –, RdNr. 75 des Internetauftritts; ebenso BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51] zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG).
{RN:8}
Das Landesverfassungsgericht hat auch zu prüfen, ob die angegriffene gesetzgeberische Neugliederungsmaßnahme den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt und frei von willkürli-chen Erwägungen ist. Allerdings kommt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur in seiner durch legislatorische Beurteilungs- und Prognosespielräume relativierten Geltungskraft zur Anwendung (Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Staatsorganisationsrecht, 2003, S. 186 ff.). Hat der Gesetzgeber sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurtei-lung des erreichbaren Materials orientiert, so ist seine Prognose im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit der Maßnahme, aber auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne – abgesehen von Fällen evident fehlsamer Einschätzung – als inhaltlich vertretbar anzusehen (zum Ganzen LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 23 ff. des Inter-netauftritts m.w.N.).
{RN:9}
Der Gesetzgeber hat dem verfassungsrechtlich bestehenden Anhörungsgebot Genüge getan.
Nach Art. 90 S. 2 LVerf setzt eine Gebietsänderung von Gemeinden eine Anhörung der betroffenen Gemeinden und deren Einwohner voraus, zu der das Nähere ein Gesetz regelt (vgl. dazu LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 11 ff. des Internetauftritts; LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, RdNr. 248 des Internetauftritts). Die dieser Vorga-be folgenden einfachgesetzlichen Regelungen sind insoweit Teil der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie und können im Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht als verletzt gerügt werden (vgl. LVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – LVG 36/10 –, http://www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de; Urt. v. 31.08.2011 – LVG 43/10 –, RdNr. 10 des Internetauftritts m.w.N.). Entsprechende Regelungen finden sich in § 17 Abs. 2 GO LSA so-wie in § 55 des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt – KWG LSA – in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.02.2004 (GVBl. S. 92), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Gemeindegebietsreform vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40). Nach § 17 Abs. 2 S. 3 GO LSA müssen bei Änderungen der Gemeindegrenzen durch Gesetz gegen den Wil-len der beteiligten Gemeinden neben den betroffenen Gemeinden auch die Bürger gehört werden, die in dem unmittelbar betroffenen Gebiet wohnen. Gemäß § 55 S. 2 KWG LSA fin-den auf die Durchführung der Anhörung der Bürger bei Gebietsänderungen nach der GO LSA die Bestimmungen für die Wahl des Bürgermeisters und des Landrates mit Ausnahme der §§ 50 bis 53 KWG LSA entsprechende Anwendung. Weitere Anforderungen an die Durchführung der Bürgeranhörung ergeben sich aus der auf der Grundlage des § 68 Abs. 1 KWG LSA erlassenen Kommunalwahlordnung für das Land Sachsen-Anhalt – KWO LSA – vom 24.02.1994 (GVBl. S. 338), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.02.2009 (GVBl. S. 54), vgl. § 1 S. 2 KWO LSA.
{RN:10}
Für die ordnungsgemäße Anhörung der Einwohner ist ein Verfahren erforderlich, das wirk-sam genug ist, um dem Zweck der Bürgeranhörung zu entsprechen. Zweck der Anhörung ist es, dem Gesetzgeber ein authentisches Meinungsbild der Einwohner zur geplanten Gebiets-änderung zu verschaffen. Hierfür muss sichergestellt sein, dass die Äußerungsberechtigten vor der Anhörung in zumutbarer Weise tatsächlich Kenntnis von dem Neugliederungsvorha-ben erhalten können. Die Information der Äußerungsberechtigten muss dabei so rechtzeitig erfolgen, dass eine sachgerechte Meinungsbildung möglich ist (vgl. ThürVerfGH, Urt. v. 01.03.2001, – VerfGH 20/00 –, RdNr. 78 m.w.N. – juris; vgl. zur notwendigen Information von Kommunen bei Anhörungen: LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 2/93 –, LVerfGE 2, 227 [255] m.w.N.). Hierbei müssen die Einwohner der von der Gebietsänderung betroffenen Gemeinde in der Lage sein, alle Argumente sorgfältig abwägen zu können, die für und gegen die ge-plante Neugliederungsmaßnahme sprechen. Um sich eine fundierte Meinung bilden zu kön-nen, müssen die betroffenen Einwohner dabei zwar nicht von allen Einzelheiten, zumindest aber vom wesentlichen Inhalt des Gebietsänderungsvorhabens und seiner Begründung Kenntnis erlangen können (vgl. für die Information von Kommunen bei Anhörungen: BVerfG, Beschl. v. 17.01.1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [203]; Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/90 –, BVerfGE 86, 90 [107 f.]; StGH BW, Urt. v. 14.02.1975 – Gesch.Reg. Nr. 11/74 –, ESVGH 25, 1 [26]; VerfGH NW, Urt. v. 24.04.1970 – VGH 13/69 –, OVGE 26, 270 [274 f]).
{RN:11}
Dies zugrunde gelegt begegnet es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nicht deren Gemeinderat, sondern das Minis-terium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt die im Rahmen der am 29.11.2009 durchge-führten Bürgeranhörung zur Abstimmung gestellten Fragen „Sind sie dafür, dass die ge-meinde Reinsdorf in die Mitgliedsgemeinde Stadt Nebra (Unstrut) der künftigen Verbands-gemeinde Unstruttal eingemeindet wird?“ und „Sind sie dafür, dass die Gemeinde Reinsdorf in die Mitgliedsgemeinde Karsdorf der künftigen Verbandsgemeinde Unstruttal eingemeindet wird?“ formuliert hat. Die Regelung des § 55 S. 1 KWG LSA, wonach die Durchführung der Anhörung der Bürger bei Gebietsänderungen nach der GO LSA der Gemeinde obliegt, wird für den – hier gegebenen – Fall einer Gebietsänderung durch Gesetz gegen den Willen der betreffenden Gemeinde durch § 17 Abs. 2 S. 4 GO LSA überlagert (vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 18.12.2009 – 4 M 337/09 – juris). Nach § 17 Abs. 2 S. 4 GO LSA obliegt die Durchführung der Bürgeranhörung den Gemeinden als Aufgabe des übertragenen Wir-kungskreises. Bei verwaltungsgemeinschaftsangehörigen Gemeinden – wie der Beschwer-deführerin im Zeitpunkt der Bürgeranhörung – geht diese Zuständigkeit auf die Verwaltungs-gemeinschaft über. Dies folgt aus § 77 Abs. 6 S. 1 GO LSA, wonach die Verwaltungsge-meinschaft die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden erfüllt, soweit nicht Bundesrecht oder Landesrecht entgegenstehen. Nach § 77 Abs. 7 S. 1 GO LSA nimmt die Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und die ihr zur Erfüllung übertragenen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises im eigenen Na-men wahr. Diese Zuständigkeitsübertragung ist umfassend zu verstehen, d.h. sie betrifft die Durchführung der Anhörung insgesamt. Dies lässt zum einen der Wortlaut des § 17 Abs. 2 S. 4 GO LSA erkennen. Zum anderen wäre die Herauslösung einzelner vorbereitender Verfah-renshandlungen wie der Formulierung der Anhörungsfrage nach § 55 S. 7 KWG LSA nicht mit dem Sinn und Zweck einer Übertragung von Aufgaben der Gemeinden auf die Verwal-tungsgemeinschaft vereinbar.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Bürgeranhörung unselbständiger Teil des Rechtssetzungsverfahrens ist, welches eine gesetzliche Neugliederung zum Gegenstand hat. Anhörungsverpflichteter ist demgemäß der Gesetzgeber. Dessen Pflicht, vor Erlass des Gesetzes die von einer zwangsweisen Zuordnung ihrer Gemeinde betroffenen Bürger anzu-hören, ist in Art. 90 S. 2 LVerf statuiert. Hinsichtlich des Anhörungsverfahrens muss der Ge-setzgeber keine besonderen Förmlichkeiten wahren, sondern kann es nach seinem Ermes-sen gestalten. Er kann die Anhörung deshalb selbst durchführen, auf die Anhörungen der Landesregierung zurückgreifen, diese mit der Anhörung beauftragen und sich das Ergebnis vortragen lassen (vgl. LVerfG, Urt. v. 31.05.1995 – LVG 2/93 – a. a. O.). Hiervon ausgehend ist es rechtlich nicht zu erinnern, dass der Gesetzgeber im vorliegenden Fall zum einen die Durchführung der Bürgeranhörung der Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal übertragen hat. Hierdurch hat er sich nicht seiner Eigenschaft als Anhörungsverpflichteter begeben. Zum anderen begegnet es in Anwendung der vorstehend dargestellten rechtlichen Grundsätze auch keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber das Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt, welches gegenüber der die Anhörung durchführenden Verwaltungsgemein-schaft mit fachaufsichtsrechtlichen Weisungsbefugnissen ausgestattet ist, mit der Formulie-rung der Anhörungsfrage betraut hat.
{RN:12}
Unterliegt das Anhörungsverfahren keinen besonderen Förmlichkeiten, ist es in ver-fassungsrechtlicher Hinsicht auch nicht zu beanstanden, dass die Bürgeranhörung in einer im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin gelegenen privaten Gaststätte durchgeführt worden ist. Insoweit darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gemeinderat der Be-schwerdeführerin die Durchführung der Bürgeranhörung in gemeindeeigenen Räumlichkei-ten mit Beschluss vom 19.10.2009 abgelehnt hat. Ohne Erfolg wendet die Beschwerdeführe-rin zudem ein, ihr Bürgermeister sei an der Teilnahme an der Bürgeranhörung gehindert ge-wesen, da für ihn ein privates Hausverbot für die privaten Räumlichkeiten bestanden habe, in denen die Bürgeranhörung durchgeführt worden sei. Es ist weder substantiiert von der Be-schwerdeführerin vorgetragen noch sind sonstige Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Inhaberin der Gaststätte, für welche nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ein priva-tes Hausverbot bestanden haben soll, dem Bürgermeister auch das Betreten der Gaststätte zum Zweck der Abstimmung über die zur Anhörung gestellten Fragen ausdrücklich verboten hat. Dessen ungeachtet waren die Gaststättenräume für die Dauer der Bürgeranhörung ei-nem öffentlichen Zweck gewidmet. Dadurch hat die Gaststätteninhaberin bewusst eine zeit-weise Einschränkung ihres privaten Hausrechts hingenommen, welches sie zur Aussprache von Zutrittsverboten berechtigt. Bei verständiger Würdigung ist damit ein unter Umständen für einzelne Gemeindebürger bestehendes privates Hausverbot, wenn nicht ausdrücklich, so jedenfalls – auch für den Betroffenen erkennbar – stillschweigend, zumindest für die Zeit der Erfüllung des öffentlichen Zwecks der Bürgeranhörung zur beabsichtigten Zwangszuordnung aufgehoben worden. Zudem wurde auch nicht dargelegt, dass irgendein Abstimmungsbe-rechtigter konkret daran gehindert wurde, die Gaststätte zum Zweck der Teilnahme an der Abstimmung zu betreten. Überdies ist auch nicht ersichtlich, dass der Bürgermeister der Beschwerdeführerin gehindert gewesen wäre, an der Abstimmung jedenfalls mittels Brief-wahl teilzunehmen.
{RN:13}
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat bei der Bürgeranhörung auch die über § 55 S. 2 KWG LSA i. V. m. § 1 S. 2 KWO LSA auf gesetzliche Neugliederungen an-wendbare Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 1 S. 1 KWO LSA hinreichend Beachtung ge-funden. Danach ist jeder Wahlberechtigte, der in das Wählerverzeichnis eingetragen ist, vor der Wahl zu benachrichtigen. Sinn und Zweck der Anwendung dieser Vorschrift ist es sicher-zustellen, dass sämtliche wahlberechtigte Einwohner der Gemeinde in zuverlässiger Weise Kenntnis von der bevorstehenden Anhörung erlangen. Dadurch sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, ein möglichst repräsentatives Meinungsbild der Einwohner der betroffenen Gemeinden zu dem beabsichtigten Gesetzesvorhaben gewinnen zu können. Dabei sieht § 16 Abs. 1 KWO LSA nach seinem Wortlaut („benachrichtigt die Gemeinde“) zwingend eine Benachrichtigung der Wahlberechtigten vor, in der nicht nur über Zeitpunkt und Ort der Wahl oder – wie hier – Bürgeranhörung informiert, sondern auf eine Reihe von Modalitäten der Abstimmung, darunter die Möglichkeit einer Briefwahl, hingewiesen wird (vgl. § 16 Abs. 1 S. 2 und 3 KWO LSA). Dieser Zweck wird nicht in gleicher Weise dadurch er-reicht, dass die Bürger nach dem Vorbringen der Landesregierung in der Bekanntmachung der Bürgeranhörung auf die Möglichkeiten der Einsichtnahme in das Abstimmungsverzeich-nis sowie eines Antrags auf Berichtigung des Wählerverzeichnisses, falls sie dort nicht auf-geführt sein sollten, hingewiesen worden sind. Allerdings verlangt § 16 Abs. 1 KWO LSA nicht, dass die Wahlbenachrichtigungen jeden wahlberechtigten Bürger in einem gesondert an ihn adressierten Briefumschlag erreichen. Dem dargestellten Sinn und Zweck der Rege-lung ist dann Genüge getan, wenn eine Wahlbenachrichtigung in den Machtbereich jedes wahlberechtigten Bürgers gelangt. Dies ist regelmäßig mit dem Einwurf des Wahlbenachrich-tigungsscheins in den von dem Betreffenden zum Empfang von Schriftstücken und Postsen-dungen bestimmten Briefkasten der Fall. Hierfür ist ohne Belang, ob der auf den Namen des jeweiligen Wahlberechtigten ausgestellte Wahlbenachrichtigungsschein diesen in einem nur an ihn adressierten Briefumschlag erreicht. Vielmehr ist es unschädlich, wenn die Wahlbe-nachrichtigungsscheine für mehrere gemeinsam in einem Haushalt lebende Personen in einem einzigen, nur an eine dieser Personen adressierten Umschlag übersandt werden. Ent-scheidend ist allein, dass sämtliche Wahlberechtigte, für welche der Briefumschlag Wahlbe-nachrichtigungsscheine enthält, in dem Haushalt leben bzw. dort gemeldet sind, zu dem der Briefkasten gehört, in den der Briefumschlag eingelegt worden ist. Es macht für die Frage der Sicherstellung des rechtzeitigen Zugangs der Wahlbenachrichtigungsscheine keinen Unterschied, ob diese für sämtliche in einem Haushalt lebenden Personen einzeln oder zu-sammen in einem Umschlag in den zum Haushalt bzw. zur jeweiligen Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt werden. In beiden Fällen hat die Wahlbenachrichtigung den Machtbe-reich des Wahlberechtigten erreicht und ist dem Einflussbereich des Anhörungsverpflichteten entzogen, ob die Wahlbenachrichtigungsscheine von demjenigen, der dem Briefkasten die Post entnimmt, tatsächlich den einzelnen im gemeinsamen Haushalt lebenden wahlberech-tigten Personen übergeben werden.
{RN:14}
Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen § 16 Abs. 1 KWO LSA im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts zwar fest, dass zumindest in einzelnen Fällen Wahlbenachrichtigungsscheine für mehrere Bürger der Beschwerdeführerin gemeinsam in einem, nur an einen der Empfänger adressier-ten Briefumschlag versandt worden sind. Dies haben die Zeuginnen Marlies Bartsch, Elke Mausolf, Dagmar Neuber und Evelyn Neuber sowie die Zeugen Heiko Mausolf und Wolfgang Neuber übereinstimmend ausgesagt, wobei kein Anlass besteht, an der Richtigkeit ihrer An-gaben zu zweifeln. Auch die Zeugin Marika Maaß, Mitarbeiterin der Verbandsgemeinde Unstruttal, konnte nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Wahlbenachrichtigungsscheine in verschiedenen Fällen wie vorstehend dargestellt versandt worden sind. Die vorgenannten Zeugen haben aber übereinstimmend kundgetan, dass sie jeweils einen Wahlbenachrichti-gungsschein bekommen haben, der in den zu ihrem Haushalt gehörenden Briefkasten gelegt worden ist. Sie haben keine Aussagen dazu getroffen, dass Wahlbenachrichtigungsscheine für verschiedene Personen auch dann gemeinsam in einem Briefumschlag versandt worden sind, wenn die betreffenden Personen nicht in einem Haushalt leben und dementsprechend auch verschiedene Briefkästen zum Empfang von Briefsendungen bereitstellen. Derartiges hat die Beschwerdeführerin auch weder hinreichend substantiiert dargetan noch hierfür Be-weis, etwa durch die Benennung weiterer Zeugen, angeboten. Damit liegen insgesamt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Wahlbenachrichtigungen nicht in den Machtbereich der jewei-ligen Adressaten gelangt sind.
{RN:15}
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war es auch nicht verfassungsrechtlich geboten, deren Bürger nicht nur über die Zuordnungsalternativen, sondern zuvor darüber abstimmen zu lassen, ob sie überhaupt mit einer Auflösung und Eingemeindung der Beschwerdeführerin in eine andere Gemeinde einverstanden sind. Die Bürger hätten ihre ablehnende Haltung gegenüber der vom Gesetzgeber beabsichtigten Zwangszuordnungen dadurch hinreichend zum Ausdruck bringen können, dass sie beide zur Abstimmung gestell-te Alternativen ablehnen. Insoweit bedurfte es keiner gesonderten Fragestellung.
{RN:16}
Dass die Anhörungen der Beschwerdeführerin und ihrer Einwohner zu der im Streit stehenden Neugliederung unter weiteren Verfahrensfehlern leiden, hat weder die Beschwerdeführerin vorgetragen noch sind sonstige Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Das Ministerium des Innern hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 09.09.2009 den Referentenentwurf übersandt, welcher die dem Neugliederungsvorhaben zugrunde liegenden Erwägungen im Einzelnen wiedergibt. Die Beschwerdeführerin hat die ihr eingeräumte Gelegenheit, bis zum 01.12.2009 zu der beabsichtigten Neugliederung Stellung zu nehmen, nicht wahrge-nommen. Zudem hat der Ausschuss für Inneres des Landtags den betroffenen Gemeinden am 06. und 07.05.2010 nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Auflösung der Beschwerdeführerin und ihre Eingemeindung in die Stadt Nebra (Unstrut) sind auch in materieller Hinsicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
{RN:17}
Die der angegriffenen Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen sind umfassend in der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 5/2405, S. 24-36) dargestellt. Der Gesetzgeber hat insbe-sondere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und den wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin und der Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal getroffen.
Ohne Erfolg wendet die Beschwerdeführerin diesbezüglich ein, der Gesetzgeber sei bereits bei der Bestimmung der abstrakt-generellen Leitlinien für die Gemeindegebietsreform von unzutreffenden Annahmen ausgegangen und habe nicht hinreichend die fachlichen Grundla-gen für seine Einschätzung ermittelt, dass Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern nicht als selbständig leistungsfähige Mitgliedsgemeinde einer Verbandsgemeinde angese-hen werden könnten. Mit diesem Einwand stellt die Beschwerdeführerin die gesetzgeberi-schen Grundannahmen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Mitgliedsgemeinden in Ver-bandsgemeinden und damit das im Gesetz über die Grundsätze der Neugliederung der Ge-meinden im Land Sachsen-Anhalt – GemNeuglGrG – vom 14.02.2008 (GVBl. S. 40), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.05.2009 (GVBl. S. 238, 255), normierte Leitbild künftiger Gemeindestrukturen grundsätzlich in Frage. Nach § 2 Abs. 7 S. 3 GemNeuglGrG sollen Mit-gliedsgemeinden einer Verbandsgemeinde im Zeitpunkt des Entstehens der Verbandsge-meinde mindestens 1.000 Einwohner haben; hiervon kann im Einzelfall geringfügig abgewi-chen werden. Eine Berücksichtigung von im Kern das GemNeuglGrG betreffenden Einwen-dungen im Rahmen eines Verfahrens, welches – wie hier – ein konkretes Neugliederungs-gesetz zum Gegenstand hat, kommt aber nicht in Betracht. Andernfalls würde die in § 51 Abs. 2 i.V.m. § 48 LVerfGG bestimmte Jahresfrist zur Erhebung einer Verfassungsbe-schwerde gegen ein Gesetz umgangen. Diese Frist ist zwischenzeitlich verstrichen. Nach den vorgenannten Bestimmungen kommt es für den Fristbeginn auf das Inkrafttreten des zur Überprüfung gestellten Landesgesetzes an. Das GemNeuglGrG ist gemäß Art. 8 Abs. 1 des Ersten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform vom 14.02.2008 (GVBl. S. 49) am 21.02.2008 und damit mehr als ein Jahr vor Erhebung der kommunalen Verfassungsbe-schwerde der Beschwerdeführerin in Kraft getreten. Abgesehen davon hat das Landesver-fassungsgericht die den Rahmen des Reformprozesses bildenden Regelungen des Gem-NeuglGrG zur Verwirklichung der Ziele der landesweiten Gemeindegebietsreform verfas-sungsrechtlich nicht beanstandet, weil sie auf tragfähige Gemeinwohlgesichtspunkte gestützt sind und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entsprechen (vgl. aus-führlich zum Ganzen: LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 14 ff. des Internetauf-tritts).
{RN:18}
Die Beschwerdeführerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Gesetz-geber habe es versäumt zu ermitteln, ob sie über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfü-ge, um als eigenständige Mitgliedsgemeinde der Verbandsgemeinde fortzubestehen. Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass sich aus einer geringen Einwohnerzahl typisierend Rückschlüsse auf die verminderte Leistungsfähigkeit der Gemeinden ergeben, begegnet keinen rechtlichen Beanstandungen (vgl. LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 - LVG 12/08 -, Rdnr. 46 des Internetauftritts). Hiervon ausgehend ist der Gesetzgeber in Ansehung der entwickelten Leitbilder nicht verpflichtet, in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob die betreffende Gemeinde nicht doch im Falle ihrer Eigenständigkeit leistungsfähig wäre. Etwas anderes mag gelten, wenn die Mindesteinwohnerzahl für Mitgliedsgemeinden einer Verbandsgemeinde (1.000 Einwohner) geringfügig unterschritten ist. Die Beschwerdeführerin unterschreitet die Min-desteinwohnerzahl des § 2 Abs. 7 S. 3 GemNeuglGrG aber mit 603 Einwohnern in einem so erheblichen Maße, dass gemessen an dem gesetzgeberischen Leitbild ihre Eigenständigkeit auch nicht ausnahmsweise in Erwägung zu ziehen war.
{RN:19}
Die angegriffene Zuordnung der Beschwerdeführerin beruht auch auf tragfähigen Gründen des Gemeinwohls. Sie ist Bestandteil der landesweiten Gemeindegebietsreform zur Schaffung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen im Land Sachsen-Anhalt (vgl. Ge-setzesbegründung, LT-Drs. 5/2405, S. 5), für welche der Gesetzgeber im GemNeuglGrG ein Leitbild und einzelne Leitlinien aufgestellt hat. Das Landesverfassungsgericht hat diese den Rahmen des Reformprozesses bildenden Regelungen zur Verwirklichung der Ziele der lan-desweiten Gemeindegebietsreform verfassungsrechtlich nicht beanstandet, weil sie auf trag-fähige Gemeinwohlgesichtspunkte gestützt sind und den Gemeinwohlanforderungen der Art. 2 Abs. 3, 87 LVerf entsprechen (vgl. LVerfG, Urt. v. 21.04.2009 – LVG 12/08 –, RdNr. 14 ff. des Internetauftritts). Die Zielvorstellungen des GemNeuglGrG und die dort normierten Krite-rien für deren Umsetzung erlangen auch Bedeutung für die verfassungsrechtliche Beurtei-lung der streitgegenständlichen konkreten Neugliederungsmaßnahme. Denn hat der Ge-setzgeber – wie hier mit dem GemNeuglGrG – ein Leitbild und einzelne Kriterien für eine das Land insgesamt umfassende Neuordnung festgelegt, ist er – will er nicht gegen das Willkür-verbot verstoßen – an die von ihm selbst gefundenen Maßstäbe gebunden (LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 – LVG 1/94 –, LKV 1995, 75 [79] m.w.N.; Urt. v. 10.05.2011 – LVG 24/10 –, RdNr. 8 des Internetauftritts).
{RN:20}
Ausgehend davon ist auch die von der Beschwerdeführerin angegriffene Zuordnungsent-scheidung als am Gemeinwohl orientiert anzusehen. Die §§ 1 und 5 S. 2 GemNeuglG BLK stehen im Einklang mit dem vom Gesetzgeber zur Schaffung leistungsfähiger Gemeinde-strukturen aufgestellten Leitbild sowie den Leitlinien des GemNeuglGrG. Die Beschwerde-führerin hatte zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag (31.12.2005) lediglich 603 Einwohner. Damit war sie – wie bereits dargestellt – nicht selbständig als leis-tungsfähige Mitgliedsgemeinde der Verbandsgemeinde Unstruttal anzusehen. Sie war als einzige der Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Unstruttal nicht an der Vereinbarung über die Bildung der Verbandsgemeinde Unstruttal beteiligt. Nach § 2 Abs. 8 S. 2 GemNeuglGrG war sie daher durch Gesetz zuzuordnen, wobei mangels Erreichens der Mindesteinwohnerzahl von 1.000 nur eine Zuordnung zu einer Mitgliedsgemeinde der Ver-bandsgemeinde Unstruttal in Betracht gekommen ist.
{RN:21}
Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, durch ihre Auflösung und Einge-meindung in die Stadt Nebra (Unstrut) würden das Demokratieprinzip und der Grundsatz der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl verletzt. Nach Art. 89 S. 1 LVerf muss das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wah-len hervorgegangen ist. Die existierende Gemeindevertretung der die Beschwerdeführerin aufnehmenden Stadt Nebra (Unstrut) entspricht diesen Anforderungen. Zwar ist der Stadtrat der Stadt Nebra (Unstrut) mangels Anordnung einer Neuwahl nach der erfolgten gesetzlichen Zuordnung der Beschwerdeführerin nicht von sämtlichen Bürgern gewählt worden. Eine Repräsentation der Einwohner der aufgelösten Gemeinden im Gemeinderat der aufnehmen-den Gemeinde wird aber dadurch herbeigeführt, dass dieser Gemeinderat nach § 9 Abs. 1 S. 1 GebRefAusfG im Verhältnis zur Einwohnerzahl der eingemeindeten Gemeinde, mindes-tens jedoch um ein Gemeinderatsmitglied – und zwar aus der Mitte der entweder in einen Ortschaftsrat überführten oder aufgelösten Gemeindevertretung (vgl. § 9 Abs. 4 GemRe-fAusfG) – erweitert wird. Diese Entsenderegelung ist verfassungsrechtlich nicht zu bean-standen (vgl. LVerfG, Urt. v. 20.01.2011 – LVG 22/10 –, RdNr. 8 f. des Internetauftritts).
{RN:22}
Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der für und gegen die Auflösung und Zuordnung der Beschwerdeführerin sprechenden Belange lässt ebenfalls keine verfassungs-rechtlich zu beanstandenden Fehler erkennen. Der Gesetzgeber hat sämtliche in Betracht kommenden Möglichkeiten einer leitbildgerechten Zuordnung der Beschwerdeführerin erwo-gen und die Gründe für die von ihm getroffene Entscheidung ausführlich dargelegt. Dabei hat er aus sachgerechten Gründen der Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Stadt Nebra (Unstrut) den Vorrang vor einer ebenfalls in Betracht gezogenen möglichen Eingemeindung in die Gemeinde Karsdorf, ebenfalls Mitgliedsgemeinde der Verbandsgemeinde Unstruttal, eingeräumt. Er hat dies mit der engeren räumlichen Verbindung zwischen der Beschwerde-führerin und der Stadt Nebra (Unstrut) sowie bestehenden Verflechtungsbeziehungen im schulischen Bereich und einer dadurch bewirkten Stärkung der Stadt Nebra (Unstrut) als Grundzentrum mit der Teilfunktion eines Mittelzentrums begründet. Diesen Erwägungen ist die Beschwerdeführerin auch nicht im Einzelnen entgegen getreten. Insbesondere bestan-den aufgrund der räumlichen Lage der Beschwerdeführerin keine anderweitigen Zuord-nungsmöglichkeiten. Der Gesetzgeber hat auch in seine Erwägungen einbezogen, dass sich die Bürger der Beschwerdeführerin in einer während der Freiwilligkeitsphase durchgeführten Anhörung mehrheitlich für eine Eingemeindung in die Stadt Nebra (Unstrut) und gegen eine Eingemeindung in die Gemeinde Karsdorf ausgesprochen haben, während die Abstimmung im Rahmen der Bürgeranhörung zu dem gesetzlichen Neugliederungsvorhaben mit einem knappen Ergebnis umgekehrt ausgefallen ist.
{RN:23}
Ohne Erfolg wendet die Beschwerdeführerin insoweit ein, der Gesetzgeber habe nicht sämt-liche Vor- und Nachteile der angegriffenen Neugliederung in die Abwägung eingestellt. Dies gilt zum einen vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin zu dem Gesetzes¬entwurf keine Stellungnahme abgegeben und damit auch keine konkreten Einwendungen gegen die beabsichtigte Neugliederung erhoben hat, mit denen der Gesetzgeber sich im Rahmen sei-ner Abwägung hätte auseinandersetzen müssen. Zum anderen sieht die Lan¬desverfassung für Gesetze eine formelle Begründungspflicht nicht vor. Die Verfassungsbe¬stimmungen über das Gesetzgebungsverfahren in den Art. 77 ff. LVerf verlangen noch nicht einmal, dass der Gesetzesbeschluss Auskunft über die Motive für ein Gesetz gibt. Vielmehr genügt, dass ein Beschluss im Ergebnis von der erforderlichen Mehrheit im Plenum getragen ist (vgl. Art. 51 Abs. 1 LVerf; vgl. hierzu bereits LVerfG, Urt. v. 31.05.1994 - LVG 1/94 -, a. a. O.; Urt. v. 25.06.2007 - LVG 8/06 -, RdNr. 68 des Internetauftritts). Hiervon ausgehend ist der Gesetz-geber erst recht nicht gehalten, sämtliche für und gegen eine von ihm in den Blick genom-mene Neugliederungsentscheidung sprechenden Gesichtspunkte in der Begründung des entsprechenden Gesetzesentwurfes darzustellen. Nach dem eingeschränkten verfas¬sungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab ist für die materielle Verfassungsmäßigkeit eines Ge¬meindeneugliederungsgesetzes letztlich ent¬scheidend, ob der Gesetzgeber einen zutreffen-den Sachverhalt zugrunde gelegt hat und das Abwägungsergebnis auf sachgerechten und vertretbaren Erwägungen beruht. Dies ist hier der Fall. Die insoweit angestellten Erwägun-gen des Gesetzgebers sind zumindest nicht offensichtlich fehlerhaft.
{RN:24}
Beruht die angegriffene Entscheidung des Gesetzgebers nach alledem auf einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung und Abwägung, ist der hiermit verbundene Ein-griff in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin auch nicht unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit seiner hier – wie dargelegt – nur eingeschränkt zur Anwendung gelangenden Geltungskraft. Ob eine Zuordnung zur Gemeinde Karsdorf zweckmäßiger gewesen wäre, ist für die Frage der Verfassungsmäßigkeit des angegriffenen Neugliederungsgesetzes angesichts des insoweit bestehenden Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers ohne Bedeutung.
{RN:25}
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 32 Abs. 1 LVerfGG. Das Verfahren bleibt in vollem Umfang erfolglos. Gründe im Sinne des § 32 Abs. 3 LVerfGG, gleichwohl die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerin anzuordnen, sind nicht ersichtlich.


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Das Gericht

Der Sitz des Landesverfassungsgerichts ist Dessau-Roßlau.