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Pressemitteilungen des Landesverfassungsgerichts
LVG 30/22
Verkündung einer Entscheidung in dem Verfahren LVG 30/22 (Organstreitverfahren, Parlamentarisches Kontrollgremium)
13.12.2023, Dessau-Roßlau – 008/2023
- Landesverfassungsgericht
Mit heute verkündetem Urteil in dem Verfahren LVG 30/22 hat das Landesverfassungsgericht den Antrag der AfD-Fraktion des Landtags von Sachsen-Anhalt gegen die Zusammensetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zurückgewiesen.
Die Gesetzesänderung, mit der das Parlamentarische Kontrollgremium von fünf auf vier Mitglieder verkleinert wurde (darunter mindestens ein Vertreter der Opposition), verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten als Oppositionsfraktion und insbesondere nicht in ihrem Recht auf Chancengleichheit.
Dabei hat das Landesverfassungsgericht klargestellt, dass die Mitwirkung in parlamentarischen Ausschüssen und Gremien (auch Kontrollgremien) grundsätzlich „spiegelbildlich“ zu erfolgen habe. Das bedeutet, dass das vom Parlament gebildete Gremium grundsätzlich ein verkleinertes Abbild des Parlaments darstellen muss. Dabei ist folglich auch eine möglichst getreue Abbildung der Stärke der im Parlament vertretenen Fraktionen erforderlich.
Allerdings kann eine Abweichung von diesem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit – wie im vorliegenden Fall – durch kollidierende Verfassungsrechtspositionen gerechtfertigt sein.
Das Parlamentarische Gremium zur Kontrolle des Verfassungsschutzes ist nicht unmittelbar durch die Landesverfassung geregelt. Bei dessen Besetzung können, so das Landesverfassungsgericht, Gründe des Geheimschutzes eine andere gesetzliche Gestaltung rechtfertigen. Der Gesetzgeber durfte zur Sicherung des Vertrauens- und Geheimschutzes bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes durch den Landtag und damit zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments selbst ein derart kleines Gremium vorgeben. Denn es muss im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes und der Einrichtung der parlamentarischen Kontrollgremien sichergestellt werden, dass von der vertraulichen Behandlung der mitgeteilten Informationen ausgegangen und sich hierauf verlassen werden kann. Nur so kann eine möglichst weitgehende und umfassende Unterrichtung des Gremiums erwartet werden und ist eine solche zu rechtfertigen. Damit darf die geringe Mitgliederzahl, die durch Mehrheitswahl bestimmt wird, auch dazu führen, dass nicht alle Oppositionsfraktionen (und auch nicht zwingend die größte Oppositionsfraktion) vertreten sind.
Soweit sich die Antragstellerin gegen die Wahl der Gremiumsmitglieder gewandt hat, in deren Ergebnis kein Vertreter der Antragstellerin im Parlamentarischen Kontrollgremium vertreten ist, hat das Landesverfassungsgericht den Antrag bereits als unzulässig angesehen, da Rechtsfehler bei der Durchführung des Wahlakts nicht einmal behauptet wurden.
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Hintergrund:
Den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit erläutert das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil wie folgt:
„Sofern das Parlament seine Aufgaben nicht insgesamt unter Einbeziehung aller Abgeordneten wahrnimmt, sondern diese auf ein Gremium überträgt, fordert der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, dass das vom Parlament gebildete Gremium ein verkleinertes Abbild des Plenums darstellt und dieses in seiner politischen Gewichtung widerspiegelt. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit als Ausformung der in Art. 48 Abs. 2 LVerf geregelten Chancengleichheit der Opposition fordert somit eine möglichst getreue Abbildung der Stärke der im Plenum vertretenen Fraktionen (…).“
„Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, den das Bundesverfassungsgericht aus der Freiheit und Gleichheit des Mandats herleitet und zunächst für Fachausschüsse entwickelt hat, gilt für jede Tätigkeit des Parlaments als Organ der Gesetzgebung und der Kontrolle der Regierung. An allen Prozessen der Willensbildung des Parlaments sind alle Abgeordneten gleichermaßen mitzuwirken berufen.“
„Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz als Ausformung des Grundsatzes der Chancengleichheit der Oppositionsfraktionen im Sinne von Art. 48 Abs. 2 LVerf findet jedoch nicht uneingeschränkt Anwendung und ist nicht abwägungsfest, sondern kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang begrenzt werden, zu denen insbesondere die Funktionsfähigkeit des Parlaments gehört (…). Daher können Gründe des Geheimschutzes eine Abweichung vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit rechtfertigen (…).“
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